Vorurteil bestätigt

Frauen sind in der Technologie unterrepräsentiert

08.03.2015 von Susanne Köppler
Das Vorurteil, dass technologische Berufe eine Männer-Domäne seien, ist nun bestätigt. Nach der Women in Technology Studie der Personalberatung Harvey Nash haben wir Gewissheit: Frauen sind in der Technologie unterrepräsentiert.

Für das Stimmungsbild zum Thema "Frauen in der Technologie", welches die Women in Technology Studie darstellen möchte, wurden über 500 Teilnehmer nach Ihrer Einschätzung der Position von Frauen in ihren Unternehmen der Technologiebranche befragt. Von de Befragten waren 55 Prozent Männer und 45 Prozent Frauen.

Männer-Domäne

Zunächst fragte die Women in Technology Studie der Personalberatung Harvey Nash nach dem Anteil der Frauen in den Unternehmen. Die Antworten sprechen eine uneinheitliche Sprache: 56 Prozent der Befragten gaben an, dass der Anteil der Frauen in ihren Teams unter 15 Prozent liegt. Bei über 40 Prozent der Teilnehmer ist gerade mal jeder zehnte Kollege weiblich. Allerdings gaben gut zehn Prozent der Teilnehmer an, dass der Frauenanteil in ihrem Unternehmen bei mehr als 50 Prozent liegt.

Frauen sind in der Männer-Domäne der Technologieunternehmen noch immer eine Seltenheit.
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Aufgrund dieser Unterrepräsentation verwundert es kaum, dass nahezu 70 Prozent der befragten Frauen und knapp 60 Prozent der befragten Männer übereinstimmend der Ansicht sind, dass mehr Frauen in der Technologiebranche wünschenswert wären.

Die Frauen wurden außerdem danach befragt, weshalb der Technologiesektor für sie weniger ansprechend ist, als für Männer. 64 Prozent sind der Ansicht, dass sich Frauen von dem großen Männeranteil abschrecken lassen. Außerdem sind knapp 60 Prozent der Ansicht, dass Frauen in diesen Berufen mehr leisten müssen, um erfolgreich zu sein.

Teamwork vs. Sichtbarkeit

Es wird häufig darüber diskutiert, ob es einen grundlegenden Unterschied zwischen dem Arbeitsverhalten und der Motivation von Männern und Frauen gibt. Die Studie gibt einen Überblick darüber, welche Einflussfaktoren die beiden Geschlechter für relevant halten, wenn es um eine erfolgreiche Karriere geht. Einig sind sich Männer und Frauen dabei, dass man ein guter Teamplayer sein muss und außerdem zur guten Stimmung im Team beitragen sollte.

Unterschiedlich schätzen Frauen und Männer den Faktor der Darstellung gegenüber wichtigen Personen im Unternehmen ein. Gut 57 Prozent der Frauen sind der Ansicht, dass man Vorgesetzten oder einflussreicheren Kollegen deutlich zeigen sollte, dass man seinen Job erfolgreich ausübt. Männer halten dieses Vorgehen für weniger ausschlaggebend für die erfolgreiche Karriere - 44 Prozent stimmten dieser Aussage zu.

Ein Vorurteil ist außerdem, dass Frauen ehrgeiziger sind als Männer. Zumindest in dieser Befragung halten gut 50 Prozent der Frauen als auch der Männer Ehrgeiz für ein wichtiges Kriterium für die Karriere.

(Quer)Einsteiger

Ein weiteres Ergebnis der Studie besagt, dass Männer eher direkt nach dem Studium in einem technologischen Beruf landen, Frauen dagegen zunächst in anderen Bereichen Kompetenzen erwerben. Während Dreiviertel der befragten Männer entweder direkt nach dem Studium zu ihrem jetzigen Beruf gekommen sind oder von Beginn an im Technologiesektor tätig waren, liegt der Anteil der Frauen bei 60 Prozent. Ein Anteil von 40 Prozent der befragten Frauen war also bereits in anderen Bereichen tätig, bevorzugt im Marketing, im Vertrieb oder im Operationsbereich - bei den Männern ist dies nur bei einem Viertel der Fall.

Frauen in Führungspositionen
Noch bilden sie eine Minderheit: Frauen in der IT haben in den meisten Firmen Exotenstatus, erst recht im Management.
Ralica Yancheva, Beraterin bei Conargus:
"Die Diskussionen und politischen Debatten zur Frauenquote haben viele Manager für das Thema sensibilisiert."
Inge Hanschke, Geschäftsführerin bei Iteratec:
"Frauen müssen wissen, was sie wollen und gelassen auf das Platzhirschgebaren reagieren."
Rebecca de Souza, Diversity Managerin bei General Electric (GE)
"Zu wenige Frauen in Führungspositionen sind überall in Europa ein Problem, doch besonders in Italien und Deutschland."
Patricia Rezic, verantwortlich für Controlling und Personal bei Projektron
"Das Durchschnittsalter unserer Mitarbeiter liegt bei 32 Jahren; viele haben Kinder."
Eva Faenger, Diversity-Managerin bei Hewlett-Packard:
"Besonders im Service und im Outsourcing-Geschäft gibt es Handlungsbedarf."
Claudia Kedor: Leiterin Marketing bei Projektron:
"Wir sprechen schon vor der Geburt des Kindes mit den Kollegen, wie sie sich den Wiedereinstieg vorstellen."
Edeltraud Leibrock, Vorstand IT bei der KfW Bank:
"Frauen tendieren öfters als Männer dazu, ihre Fähigkeiten kritisch zu bewerten."
Katrin Jenkins, Abteilungsleiterin Systemdesign und Customizing bei DB-Systel:
"Junge Mütter sind besonders engagiert, weil sie sich nichts nachsagen lassen wollen."
Claudia Payer, Projektleiterin Commerz Finanz:
"In über 20 Jahren habe ich mir fundiertes IT-Know-how angeeignet, das heute eine solide Grundlage bildet, um Projekte zu leiten."

Mehr Frauen in der Technologiebranche

68 Prozent der Frauen und jeder zweite Mann sind der Ansicht, dass es mehr Frauen in der Technologiebranche geben sollte. Dahingegen ist jeweils knapp jeder zehnte der Befragten der Ansicht, dass der aktuelle Frauenanteil in ihrem Unternehmen ausreichend ist und 30 Prozent der Männer und 20 Prozent der Frauen ist es nicht wichtig, ob sich der Frauenanteil verändert.

Gerade die Männer sehen große Vorteile in der Zusammenarbeit mit Frauen. So sind mehr als 80 Prozent der Ansicht, dass ein kreativeres und innovativeres Arbeitsumfeld durch mehr weibliche Mitarbeiter gefördert würde. 70 Prozent denkt, dass die Kommunikation von einem höheren Frauenanteil profitieren würde. Den Anstieg der technischen Kompetenz durch mehr weibliche Mitarbeiter erhoffen sich jedoch nur vierzehn Prozent.

Lichtblick - was wird getan?

Gut zehn Prozent der Befragten gab an, dass in ihrem Unternehmen der Frauenanteil bei über 50 Prozent liegt. In den Unternehmen von weiteren 13 Prozent gibt es bereits über 30 Prozent weibliche Mitarbeiter. Die heutige Arbeitswelt ist laut Florian Mann, Geschäftsführer von Kununu auf einem guten Weg. Besonders beim Thema Bezahlung gibt es allerdings noch erhebliche Unterschiede. Der Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen betrug laut der Gender Pay Gap Studie von Statista in den letzten Jahren gleichbleibend 22 Prozent des durchschnittlichen Bruttostunden-Verdienstes der Männer.

Dagegen will Manuela Schwesig vorgehen. Die Familienminister möchte ein Gesetz vorantreiben, welches es allen Angestellten ermöglichen soll, sich darüber zu informieren, was Kollegen im gleichen Tätigkeitsfeld verdienen. Diese Initiative soll die im Koalitionsvertrag fixierte Entgeltgleichheit vorantreiben.

Was Frauen von Unternehmen erwarten

Auch Unternehmen können ihren Beitrag leisten, denn der Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern rührt auch daher, dass gerade Mütter aufgrund der Kinder häufiger in Teilzeitjobs arbeiten, da noch nicht jedes Unternehmen die Möglichkeit des Home Office oder flexibler Arbeitszeiten in Vollzeitstellen bietet. An diesen Punkten können Unternehmen ansetzen und so die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen fördern.

Home Office mit Kindern
Home Office mit Kindern - so klappt es
Wer von zuhause aus arbeitet, muss lernen, sich zu organisieren. Das gilt insbesondere für mobile Worker mit Kindern.
Tipps von Kristine Kupferschmidt
Kristine Kupferschmidt aus Freiburg i. Br. ist seit sieben Jahren Mutter und arbeitet viel im Home Office. Sie ist Trainerin für Akquise, Kundenkommunikation und Selbstmanagement.
Tipp: Der Arbeitsplatz muss Arbeitsplatz bleiben
Kupferschmidt sagt: "Verteidigen sie ihren Arbeitsplatz mit Hauen und Stechen!" Weder sollte der Home Worker seine Unterlagen in der ganzen Wohnung verteilen, noch dürfen die Kinder Präsentationen "verschönern" oder im elterlichen Arbeitsbereich spielen.
Tipp: Mit Kindern Büro spielen
Kinder ahmen gerne nach, was Mama oder Papa tun. Ein altes Handy, eine Pappschachtel mit aufgemalter Tastatur und Bildschirm geben ein "Kinderbüro" ab, in dem der Nachwuchs spielen kann - allein.
Tipp: Kinder müssen lernen, sich allein zu beschäftigen
Kupferschmidts Erfahrung: "Unsere Kinder haben schon als Kleinkinder gelernt, was ein Zeigefinger vor dem Mund bedeutet, wenn Papa gerade telefoniert, und die Hand Richtung Tür nichts anderes heißt als ,Umdrehen - geht gerade nicht'!" Hat sich das Kind richtig verhalten, sollte es nach dem Telefonat gelobt werden. So versteht es, dass weggeschickt zu werden keine Ablehnung bedeutet.
Tipp: Telefonat unterbrechen, wenn das Baby schreit
Hat sich ein Kind verletzt oder ist es noch im Babyalter und schreit während eines Telefonats, nützt alles nichts: man muss das Gespräch unterbrechen, das Kind versorgen, und dann zurückrufen. Kupferschmidt: "Bedanken sie sich beim Kunden, aber entschuldigen sie sich nicht dafür, dass sie im Home Office sitzen und Kinder haben."
Tipp: nicht die Veränderung der Arbeitswelt unterschätzen
Kupferschmidt verfügt nach sieben Jahren Mutterschaft und Home Office über ein Netzwerk von Menschen in ähnlicher Situation. Dort hat sie sich umgehört. Erfahrung vieler: die Arbeitswelt hat sich verändert, und es gibt für arbeitende Mütter und Väter mehr Verständnis und Wohlwollen, als mancher geglaubt hat.