Entwicklung Projektmarkt

Freiberufler profitieren von Bauboom

13.09.2017 von Thomas S. Müller
Im laufenden Jahr kann der Projektmarkt unter anderem dank der Automobil- und Baubranche weiter ein starkes Wachstum aufweisen. Während Freiberufler davon profitieren, steigt für Unternehmen der Rekrutierungsaufwand.

Der Projektmarkt für IT- und Engineering-Experten zeigte sich in den vergangenen Monaten deutlich auf Wachstumskurs. So konnten fast ausnahmslos alle Branchen zulegen, besonders hervorzuheben sind die Automobilwirtschaft und die Baubranche. Dies bestätigt der SOLCOM-Marktbarometer, dessen Index im zweiten Quartal 2017 im Vergleich zum Referenzquartal um 1,29 Punkte zugelegt hat.

Der Boom in der Immobilienwirtschaft bedeutet auch eine größere Nachfrage nach IT-Experten.
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Der Boom in der Immobilienwirtschaft macht sich also auf dem Projektmarkt bemerkbar. Entsprechend hoch ist die Nachfrage bei allen Qualifikationen, die in diesem Umfeld tätig sind, beispielsweise Bauleitung. Im Automotive-Bereich liegt der Such-Schwerpunkt ebenfalls bei der Projektleitung, hinzu kommen Software-Experten und Spezialisten im Bereich CATIA.

Experten händeringend gesucht

Doch nicht nur in diesen Branchen macht es der hohe Bedarf den Unternehmen schwer, die passenden Experten zu finden. Aufgrund der hohen Nachfrage in vielen unterschiedlichen Bereichen steigt für Unternehmen der Rekrutierungsaufwand immer weiter. Akuter Mangel herrscht branchenübergreifend ebenfalls bei den Themen Java – wie schon im vergangenen Jahr – und Entwicklung von Steuerungssystemen im Bereich SPS.

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Bei den Anfragen seitens der Unternehmen konnten zudem im Jahresverlauf die Bereiche Softwareentwicklung, Projektleitung im Anlagenbau und Konstruktion im Maschinenbau zulegen. Keine Veränderung bei der hohen Nachfrage gab es auch für den Bereich IT-Sicherheit. Hier wurden vor allem Experten im Bereich Safety Management verstärkt gesucht. Weniger gefragt waren dagegen Beratung im ERP-Bereich, Projektleitung im Prozessmanagement (wie oben genannt) und Projektleitung E-Commerce. Ein weiteres wichtiges Thema für Unternehmen bleibt weiterhin die Rechtssicherheit. Dies bestätigt auch die Lünendonk-Marktsegmentstudie 2017 „Der Markt für Rekrutierung, Vermittlung und Steuerung von IT-Freelancern in Deutschland“. Gerade große Unternehmen haben ihre Richtlinien seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze zum 1. April 2017 verschärft und damit den Rekrutierungsaufwand weiter erhöht. Die Zunahme an Komplexität und Aufwand bei den Projekten hat der Nachfrage jedoch bislang keinen Dämpfer verpasst.

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Freiberufler profitieren bei Stundensätzen

Davon profitieren im Umkehrschluss die Freiberufler. Laut Solcom Projektmarktbarometer sind die Stundensätze qualifikationsübergreifend im Laufe des Jahres - und besonders in den letzten Monaten – in weiten Bereichen angestiegen. In erster Linie konnte, trotz eines Rückgangs in den letzten Monaten, Projektleitung im Bereich Prozessmanagement die höchsten Sätze erzielen, gefolgt von Softwareentwicklung und Beratung im SAP-Bereich. Es ist daher wenig verwunderlich, dass aufgrund der hohen Auslastung und der steigenden Stundensätze Freiberufler, laut Solocom Marktstudie „Ausblick auf den Projektmarkt“ weiterhin optimistisch auf das laufende Jahr blicken.

Selbstständig oder Zeitarbeit? Was Freiberufler beachten müssen
Selbstständig oder Zeitarbeit? Was Freiberufler beachten müssen.
Seit April 2017 können sich Auftraggeber nicht mehr vor juristischen Folgen in Sachen Scheinselbstständigkeit schützen, indem sie Selbstständige über eine Vermittlungsagentur buchen. Unternehmen versuchen deshalb verstärkt, Freelancern eine Beauftragung in Zeitarbeit anbieten. Vor einen Wechsel in die Festanstellung sollten Freiberufler jedoch folgende Punkte bedenken.
Weisungsrecht vergegenwärtigen
Als Zeitarbeiter unterliegt der dann "Nicht-Mehr-Selbstständige" dem Weisungsrecht des Arbeitgebers auf Zeit. Dessen Anordnungen ist Folge zu leisten. Er muss sich zum Beispiel Urlaub genehmigen lassen und auch sonstigen Regeln folgen.
Gehalt kalkulieren
Gehaltsforderungen müssen gut überlegt sein. Berücksichtigt werden sollte, dass bei einem Angestellten Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung fällig werden. Außerdem sind Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaube sowie Feiertage zu berücksichtigen. Der Auftraggeber zahlt somit einen Aufschlag von 90 bis 110 Prozent auf das Gehalt des Zeitarbeiters. Da der Zeitarbeiter damit deutlich mehr verdient als vergleichbare Angestellte, dürfte das Auftragsverhältnis nach neun Monaten beendet werden, weil ansonsten die Equal-Pay-Regelung greift.
Verträge kündigen
Versicherungsverträge, die für die Selbstständigkeit abgeschlossen wurden, müssen gekündigt werden. Kündigungsfristen sind einzuhalten. Fällt das Gehalt unter die Beitragsbemessungsgrenze, muss sich der Zeitarbeiter in der gesetzlichen Krankenkasse versichern. Die private Krankenversicherung kann er kündigen, womit die Altersrückstellung allerdings hinfällig wäre. Sie kann aber auch auf eine kostenpflichtige Anwartschaft umgestellt werden.
Steuerliche Faktoren bedenken
Steuerlich werden Selbstständige und Angestellte unterschiedlich behandelt. Für Zeitarbeiter entfällt der Abzug der Vorsteuer, und es können nicht mehr alle Kosten steuerlich geltend gemacht werden. Abschreibungen, die das Einkommen reduzieren, entfallen.
Altersvorsorge planen
Die meisten Selbstständigen haben eine private Altersvorsorge. Diese lässt sich in der Regel nicht von heute auf morgen aussetzen. Die Kosten laufen also weiter, während gleichzeitig in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt wird. Diese Doppelbelastung muss unbedingt beachtet und eingeplant werden.
Flexibilität sichern
Selbstständige können ihre Arbeitszeit und ihren Arbeitsort zumindest theoretisch selbst bestimmen. Selbstständige können ihre Arbeitszeit und ihren Arbeitsort zumindest theoretisch selbst bestimmen. Als Angestellter ist das nicht mehr möglich.
Vertragsverhandlungen gut vorbereiten
Es empfiehlt sich, vor der Vertragsunterzeichnung die verschiedenen Konsequenzen zu prüfen. Damit stehen die Chancen am besten, die eigenen Vorstellungen realisieren zu können. Handeln Sie flexible Arbeitszeiten sowie die Möglichkeit, im Home Office zu arbeiten, aus. Dabei sollten Selbstständige und Auftraggeber die Zusammenarbeit so gestalten, dass sie der Deutschen Rentenversicherung keine Argumente für Scheinselbstständigkeit liefern.
Zusammenarbeit neu gestalten
Sprechen Sie mit dem Auftraggeber über die Konsequenzen, die Sie als Zeitarbeitnehmer treffen würden. Prüfen Sie dabei die Kriterien für eine Scheinselbstständigkeit genau und gestalten Sie die Zusammenarbeit gegebenfalls neu.

Fazit und Ausblick

Der Projektmarkt und die Auslastung von Freiberuflern bewegen sich im Jahresverlauf auf hohem Niveau. Zudem gibt es bisher keinerlei Anzeichen, dass sich dieses Wachstum abschwächen wird. Die gute Lage der Unternehmen sowie die digitale Transformation garantieren weiterhin beste Marktchancen.