Gastkommentar

11.04.1997

Es ist an der Zeit, den Job des Chief Information Officer (CIO) neu zu definieren. Heute hat er in vielen Unternehmen einen kaum mehr überschaubaren Wust an Funktionen zu erfüllen, die sich teilweise auch noch widersprechen. Eine Dauerbelastung kann zum Beispiel der ewige Balanceakt zwischen geschäftlichen und technologischen Erwägungen sein, zu dem eine schizophrene Unternehmensphilosophie den Chefinformatiker zwingt.

Um die Probleme gewissermaßen auf der begrifflichen Ebene zu regeln, schufen manche Unternehmen zusätzlich den Titel des Chief Technology Officer (CTO); er sollte Empfehlungen für die technischen Strategien aussprechen. Ihm folgte bald der Chief Knowledge Officer (CKO), weil Wissen ein wichtiger Produktionsfaktor geworden ist.

Alle diese Rollen sollten natürlich optimal ausgefüllt werden. Doch oft trauten die Geschäftsleitungen dem amtierenden IT-Chef nichts zu, was über die Techniknutzung im engeren Sinn hinausreichte. Man ging also dazu über, den Posten des multifunktionalen CIO jemandem aus dem geschäftlichen Lager zu übertragen. Offenbar meinte man, das Verständnis der unternehmerischen Belange sei wichtiger als das der technischen Aspekte. Bedenkt man jedoch, wieviel sich auf dem Techniksektor tut, wird sofort verständlich, daß die Besetzung des CIO-Postens mit Nichttechnikern ebenfalls selten zu den gewünschten Ergebnissen führte.

Viel wichtiger als die korrekte Titelbezeichnung ist allerdings die richtige Definition für den Auftrag, unsere Unternehmen ins Informationszeitalter zu dirigieren. Und überhaupt müssen wir erst einmal die Art von Manager finden, die das kann. Vielleicht gibt es niemanden, der das alleine schafft, oder vielleicht brauchen wir einen ganz neuen Typ des CIO. Ich stelle mir einen "Wissenschaftlichen Staatsmann" vor, einen "Chief Reinvention Officer".