Drucken ist teuer, lästig und fehleranfällig. Allein deshalb könnte die Vorfreude groß sein auf einen Arbeitsplatz, der ganz ohne Drucken auskommt. Sollte sich die IT also weiterhin darum kümmern, das Drucken zu optimieren oder stattdessen lieber darauf hoffen, dass Druckfunktionen demnächst nicht mehr benötigt werden?
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Diese Frage stellt sich insbesondere schon deshalb, weil das Drucken nicht einfacher geworden ist: Neue Endgeräte, immer mehr mobile Mitarbeiter und die Virtualisierung von Desktops stellen die IT vor immer neue Herausforderungen. Jetzt einfach eine Studie zu zitieren, die schon vor zwanzig Jahren prognostizierte, dass wir bald das papierlose Büro haben werden, was sich bekanntlich nicht bewahrheitet hat, greift zu kurz. Aktuell befinden wir uns definitiv in einer Phase des Umbruchs. Gleich mehrere Trends werden, soviel ist sicher, das Drucken verändern.
Digitalisierung von Prozessen
Die zwingende Notwendigkeit, etwas zu drucken, nimmt immer weiter ab. War der PDF-Boardingpass bei Flugreisen zum Anfang noch eine Revolution, wird er durch den Barcode auf dem Smartphone obsolet. Und man wartet sehnsüchtig auf den Moment, dass auch der Koffersticker einfach auf das Smartphone gepusht wird. Selbst das Finanzamt verzichtet auf Belege, und ein Kontoauszug auf Papier wirkt wie ein Relikt aus der Vergangenheit.
Lohnabrechnungen und selbst Versicherungspolicen wandern in die Cloud. Dieser Trend wird sich noch beschleunigen und führt ganz klar zu einer Reduktion der notwendigen Papierdokumente. Aber nicht nur der Privatsektor schafft das Drucken ab. 2020 sollen alle Dokumente in Rahmen des eGoverments digitalisiert sein.
Digitalisierung nach regulatorischen Vorgaben
Dank einiger Initiativen, auch der EU, werden immer mehr Informationen digital erfasst. Unter anderem auch, um den schnelleren Austausch zu ermöglichen. Die unleserliche Diagnose des Facharztes, die beim Hausarzt zum Informationsverlust führte, wird damit in naher Zukunft abgeschafft. Dadurch verschwinden sicherlich eine ganze Menge papiergebundener Prozesse. Viele davon basieren aber aktuell noch auf handschriftlichen Dokumenten, sollten diese wegfallen, wird dann weniger gedruckt.
Gedrucktes Papier, die unterschätzte UX Experience
Aber verschwindet mit der abnehmenden Notwendigkeit etwas zu drucken, wirklich das Drucken? Verlagert es sich nicht nur? Oder macht hier die IT gerade die Rechnung ohne den Wirt? Meine These: Drucken ist das am meisten unterschätzte User Interface.
Das Beispiel des Boarding Passes: Der eigentliche Zielkunde scheint hier sehr resistent zu sein. Die Zettelhalter in einer Check-In Schlange stellen immer noch klar die Mehrheit. Und ja: Alle diese Zettelhalter haben ein Smartphone, können damit umgehen und sind nicht einmal über 50. Der gedruckte Boardingpass gibt ihnen Sicherheit. In der Hand halten, Abheften, etwas "schwarz auf weiß" haben, gibt dem Anwender - immer noch - Sicherheit. Boardingpässe nur noch für Smartphones anzubieten, wäre hier sicherlich keine weise Entscheidung.
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Und so werden auch in der Cloud abgelegte Lohnabrechnungen, Versicherungspolicen und mehr vom Anwender zuhause noch häufig ausgedruckt. Was wirklich gespart wird, ist der Postweg. Unternehmen sollten hier aber im Auge behalten, dass Kunden gedruckte Informationen durchaus als wertiger erachten und dies in ihre Entscheidungsprozesse einfließen lassen. So sollten die eingesparten Prozesskosten auch immer mit eventuell höheren durchsetzbaren Preisen der Produkte ins Verhältnis gesetzt werden.
Das schreibe ich nicht, weil ich Papier selbst bevorzuge. Mich macht jeder Zettel nervös, und ich liebe es, eBooks zu lesen, aber ich bin in der Minderheit. Denn in den letzten Jahren ist der Umsatz mit Hardcovern stärker gestiegen als der von eBooks . Und Studien zeigen, dass das gedruckte Wort vom Anwender wesentlich besser aufgenommen und verstanden wird als die ausschließlich am Bildschirm gelesene Information. Betrachtet man wieviel Energie bei der Erstellung von Webseiten und Apps in die perfekte Benutzerführung investiert wird, dann erstaunt es schon, wie stiefmütterlich manchmal die Druckunterstützung ausfällt. Der sorgfältig zusammengestellte Text und die perfekt gestylte Corporate Identity verkommen teilweise zum Chaos, wenn die Information von der Website auf das Papier gebracht wird.
Digitalisierung kann zu verstärktem Drucken führen
Der Wunsch des Anwenders nach mehr gefühlter Sicherheit und nach einer besseren Lesbarkeit für ein besseres Verständnis ist dann auch der Grund dafür, warum die Digitalisierung von Papierprozessen manchmal gerade nicht zu weniger Ausdrucken führt, sondern zu mehr. Denn während vermutlich der Patient in der Vergangenheit selten nach einer Kopie der unleserlichen, handschriftlichen Diagnose fragte, wird dies, sobald die Information digital vorliegt, wesentlich häufiger der Fall sein.
Kennzeichnungspflicht erhöht Druckbedraf
Ein weiterer Trend ist die immer umfangreichere Kennzeichnungspflicht. Nie zuvor gab es so viele Vorgaben, wie Waren zu kennzeichnen sind. Herkunft, Inhaltsstoffe, Zertifizierungen und vieles mehr sind nicht mehr wegzudenkende Kennzeichnungen. Und dies wird weiterhin zunehmen. Schon längst reicht das gepixelte Label aus dem Nadel- oder Thermodrucker nicht mehr aus. Neueste Vorschriften bringen im wahrsten Sinne des Wortes Farbe in Spiel: Ampeln. So ist aktuell für das Wachstum von Label-Druckern kein Ende in Sicht.
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So sollten sich Unternehmen auf das Drucken in der Zukunft vorbereiten
Soviel ist klar: Drucken wird sich verändern. Viel wird vom Anwender abhängen. Unternehmen sollten analysieren, wo ihnen gedruckte Informationen Wettbewerbsvorteile verschaffen oder im direkten Kundenkontakt gefordert werden könnten. Die zunehmenden Kennzeichungspflichten könnten sogar zu einer Sonderkonjunktur des Druckens führen.
Unternehmen sollten beachten:
Drucken ist komplex. Drucken Mitarbeiter seltener, so verlieren sie die Routine und scheitern häufiger, sodass der Support aufwendiger wird.
Neue Endgeräte sollten von der bestehenden Druckinfrastruktur nicht ausgeschlossen sein.
Zukünftige eventuelle Kennzeichnungspflichten sollten geprüft und die notwendige Druckinfrastruktur, insbesondere Label Drucker vorausschauend geplant werden.
Inhalte, Webseiten etc. sollten so aufbereitet sein, dass sie sich leicht drucken lassen und auch in gedruckter Form der Corporate Identify entsprechen.
In der Kundenpräsentation sollte geprüft werden, ob gedruckte Informationen die Wertigkeit eines Angebotes positiv beeinflussen.
In der Mitarbeiterschulung sollte berücksichtig werden, dass gedruckte Lehrmaterialien die Vermittlung von Inhalten positiv beeinflussen können.
Neueste, auch cloudbasierte Druckmanagement-Lösungen bieten das Potenzial, den Aufwand des Druckmanagements erheblich zu reduzieren, die Benutzerführung stark zu vereinfachen oder sogar auf Druckserver ganz zu verzichten.
Die Notwendigkeit, privat einen Drucker zu besitzen, schwindet. Mitarbeiter werden deshalb vermehrt nachfragen, ob sie private Dokumente im Büro drucken dürfen. Auch hier können Cloud Lösungen helfen.
Grundsätzlich ist zu empfehlen, vor dem Hintergrund des zu erwartenden, veränderten Druckverhaltens eine Strategie für das jeweilige Unternehmen zu entwickeln. Auch der Arbeitsplatz der Zukunft wird um das Thema des Druckens vermutlich nicht herumkommen.
Schnelles, einfaches Drucken in komplexen, innovativen Umgebungen sicherzustellen, wird nicht einfacher, und Anwender, die seltener drucken, werden aufwändiger im Support. Es bleiben uns einige Herausforderungen erhalten, selbst dann, wenn das Druckvolumen nach Jahrzehnten der Stagnation tatsächlich einmal abnehmen sollte. (hal)