Datenzentrale Baden-Württemberg vereinheitlicht Dialoganwendungen:

Generator und Dialogsteuerung als Team

07.07.1989

Der Anwendungsstau wächst weiter. Mit Hilfe neuer Lösungsansätze, die dem Anwender die schnell voranschreitende Computertechnologie in fast unüberschaubarer bietet, versucht man die Situation zu bewältigen. Dem "Wildwuchs" in der EDV ist damit verständlicherweise Tür und Tor geöffnet.

Gangbare Lösungswege aus Dilemma der "Insellösungen" müssen dementsprechend nicht im Detail, sondern in einem straffen Gesamtkonzept der Software-Entwicklungs-Infrastruktur gesucht werden.

Die Datenzentrale Baden-Württemberg versteht sich als das Softwarehaus der Kommunen und als Beratungs- und Serviceeinrichtung für die Landesverwaltung mit einem umfassenden Dienstleistungsangebot in allen Bereichen der Informationsverarbeitung. Auf der Grundlage ihres gesetzlichen Auftrages erweitert und vertieft sie ihr Dienstleistungsangebot für die Entwicklung landeseinheitlicher DV-Verfahren ebenso wie für die Beratung und Schulung. Sie muß dabei das gesamte EDV-Spektrum von der individuellen Datenverarbeitung über Bürokommunikation, den öffentlichen und privaten Netzen, Datenbanken und Softwarewerkzeugen bis zu Hardwarefragen verschiedener Benutzergruppen und entsprechenden Systemlösungen abdecken - und zwar jederzeit aktuell und flächendeckend in den 1111 Gemeinden, Städten und Landkreisen Baden-Württembergs. Das Ausmaß unserer Tätigkeiten wächst zudem wegen der unterschiedlichen Bedürfnisse und DV-Umgebungen unserer Kunden.

Im Jahr 1985 stand die Datenzentrale Baden-Württemberg vor der Aufgabe, die bisherigen Stapelanwendungen - mit dem Hintergrund einer höheren Transparenz der Daten sowie einem effizienteren DV-Einsatz - durch Dialogverfahren abzulösen. Gleichzeitig galt es, Erfahrungen, die man im Betrieb der Stapelanwendungen gewonnen hatte, entsprechend zu berücksichtigen. Im wesentlichen wollte man künftig durch vorgegebene Standards die Entstehung sogenannter Insellösungen vermeiden und gleichzeitig die einzuführenden Dialoganwendungen unter einer einheitlichen Benutzeroberfläche betreiben.

Zur einheitlichen Programmerstellung hatte sich der Programmgenerator der Delta Software Technologie AG bewährt. Programmbaustein- und Makrotechnik ermöglichten es, Standards und Routinearbeiten in Makros auszulagern und an die richtige Stelle - durch einen einfachen Makroaufruf - in den Cobol-Sourcecode der Programme einzubinden. So konnte man der Forderung nach kleineren, schnell geschriebenen und einheitlichen Programmen nachkommen. Gleichzeitig bildet Cobol sozusagen die "sichere Seite der Softwareerstellung" - hatte man sich doch auf einen weltweiten Standard abgestützt.

Einheitliche Oberflächen auf Großrechner-Basis

Was natürlich fehlte, war ein System, das Dialogprogramme miteinander zu einem in sich geschlossenen System verband und anwendungsübergreifende Standarddialoge für den Ablauf bereitstellte. Es sollte zusätzlich die modulare Dialogentwicklung und einfache Einbindung in den Transaktionsmonitor CICS gewährleisten. Auf der Anwenderseite bestand zudem die Forderung einer einheitlichen Benutzeroberfläche für das zu realisierende Gesamtsystem.

Mit dem Softwarewerkzeug Ossy der Aperia Software GmbH & Co KG Bad Nauheim, fand die Datenzentrale Baden-Württemberg ein Dialogsteuersystem mit einer Dialogprogrammschnittstelle, welche die Anforderungen erfüllte und zusätzlich mit Delta kompatibel war.

Dem Anwender wie dem Entwickler bietet das System einen immer gleichartigen Dialogablauf und eine standardisierte Oberfläche einschließlich Hilfefunktionen - lauter Funktionen, die nicht programmiert werden müssen. Darüber hin übernimmt das System die CICS-Funktion des Receive, des Send- und im Fehlerfalle auch des Rollback. Dadurch wurde erreicht, daß auch der Anwendungsprogrammierer ohne CICS-Kenntnisse Dialoge entwerfen und die zugehörigen Programme selbständig erstellen kann.

Dialogsteuerung ohne CICS-Know-how

Die Umstellung der landeseinheitlichen DV-Verfahren wurde 1985 begonnen und planmäßig 1987 abgeschlossen. Das neue Angebot haben die Kommunen sehr positiv aufgenommen. An Dialogverfahren stehen heute eine breite Anwendungspalette vom Finanz- und Einwohnerwesen über Krankenhausverwaltung bis zur Anlagenwartung und Verbrauchsabrechnungen zur Verfügung.

Mit der stetig voranschreitenden Dialogisierung stieg die Zahl der Endanwender, welche in acht regionalen Rechenzentren Baden-Württembergs mit den landeseinheitlichen Dialogverfahren arbeiten, auf knapp zehntausend. In enger Zusammenarbeit mit dem Hersteller wurde - durch laufendes Tuning - erreicht, daß Ossy-Dialoge gegenüber ähnlichen Cobol-Command-Level-Programmen bei der Leistung nicht schlechter abschneiden.

Die Endanwender sind nicht nur schnell zu bedienen, sie sind auch in die neue Dialoganwendung einzuführen und müssen danach problemlos damit umgehen können, Aufgrund der einheitlichen Benutzeroberfläche aller Dialogverfahren ergibt sich eine erhebliche Einsparung bei der Dialogschulung. Im laufenden Betrieb werden darüber hinaus Bedienungsfehler dank der einfachen Benutzerführung weitgehend vermieden, was wiederum einen Einsparungseffekt mit sich bringt.

Was den Entwicklungsaufwand betrifft, können wir rückblickend sagen: "Ohne ein Dialogsteuerungssystem hätten wir die von den Anwendern geforderte schnelle Dialogisierung der Verfahren in nur drei Jahren nicht geschafft. Wir hätten entweder unsere Mitarbeiter intensiv in CICS schulen oder ein Dialogsteuersystem selbst entwerfen und realisieren müssen. Diese Vorlaufzeit haben wir gespart. Für die Programmierung der Dialoge rechnen wir mit einem Zeitgewinn um Faktor zwei im Vergleich mit reiner CICS Cobol-Command-Level-Entwicklung."

Die sorgfältige Auswahl und Vorbereitung unserer Dialogentwicklungswerkzeuge hat uns heute aus Performance-, Software-Engineering-, Anwendungs- und ergonomischer Sicht ausgereifte und akzeptierte Dialoganwendungssysteme gebracht. Ziel der Datenzentrale ist es, neue Verfahren für Midrage- und Arbeitsplatzrechner mit den beschriebenen Entwicklungs-Tools zu realisieren.