Google und Salesforce.com nehmen Microsoft aufs Korn

21.05.2007 von Martin Bayer
Suchmaschinenanbieter Google und Software-as-a-Service-Spezialist (SaaS) Salesforce.com planen eine strategische Allianz. Sollte der Pakt gelingen, dürfte Microsoft stärker unter Druck geraten.

Die Verantwortlichen von Google und Salesforce.com beraten derzeit, wie eine mögliche Allianz beider Unternehmen aussehen könnte. Das berichtet das "Wall Street Journal" (WSJ) in seiner heutigen Ausgabe unter Berufung auf interne Kreise. Derzeit würden beide Seiten die Details der möglichen Partnerschaft aushandeln. Bislang wollte keines der beteiligten Unternehmen die Gerüchte kommentieren. Insider rechnen jedoch damit, dass der Pakt der beiden Newcomer im Softwaremarkt schon in den nächsten Wochen unter Dach und Fach sein könnte.

Wie eine mögliche Kooperation zwischen Google und Salesforce.com aussehen könnte, darüber kann derzeit allerdings nur spekuliert werden. Dem Bericht zufolge könnten beispielsweise Googles Web-Dienste wie E-Mail und Instant-Messaging in die On-Demand-Plattform von Salesforce.com eingeklinkt werden. Dort bietet der Software-as-a-Service-Spezialist seine eigenen Customer-Relationship-Management-Lösungen (CRM) an und offeriert Partnern eine Plattform, um deren Business-Software wie beispielsweise Enterprise-Resource-Planning-Applikationen (ERP) im Mietmodell via Web zu vertreiben. Mit Googles Collaboration-Tool ließen sich die Business-Applikationen von Salesforce aufwerten, mutmaßen Insider. Wie und zu welchem Preis diese Pakete vermarktet werden könnten, darüber sickerte bislang noch nichts an die Öffentlichkeit.

Die Allianz mit Salesforce.com würde gut in die aktuelle Google-Strategie passen. Erst vor wenigen Tagen hatte CEO Eric Schmidt den nächsten Schritt in der Evolution des Unternehmens angekündigt. Neben der Internet-Suche und dem Anzeigengeschäft sollen künftig Anwendungen die dritte starke Säule im Geschäft des Online-Konzerns werden. Beobachter werteten Schmidts Aussagen als direkte Kampfansage an Microsoft.

Die Google-Verantwortlichen bauen seit einigen Jahren ihr Softwareportfolio beharrlich aus. Zu E-Mail- und Kalender-Tools kam zuletzt mit "Google Apps" ein Office-Paket mit Textverarbeitung und Tabellenkalkulation. Mittlerweile ist auch ein Präsentations-Tool geplant, das die Anwender online nutzen können. Mit diesen Applikationen verschärft sich mehr und mehr die Konkurrenz Googles mit Microsoft und dessen Office-Paketen. Neben einer kostenlosen Standard-Edition offeriert die Online-Company seit Februar dieses Jahres auch eine kostenpflichtige Premium-Ausgabe der Google-Apps an. Für 50 Dollar je Nutzer und Jahr erhalten die Anwenderunternehmen dabei zusätzliche Services rund um die genutzten Office-Applikationen.

Darüber hinaus kündigte das Management erst vor wenigen Tagen eine Partner-Edition von Google Apps an. Damit sollen Softwarehäuser die Online-Tools in ihre Produkte integrieren können. Die Partner Edition ist sowohl in einer kostenlosen Ausführung als auch in einer gebührenpflichtigen Variante mit Telefonsupport und erweiterten Branding- und Werbemöglichkeiten zu haben.

Während es Google mit den kostenfreien Diensten in erster Linie darum geht, die Reichweite der eigenen Online-Plattform zu erweitern und damit das Anzeigengeschäft auszubauen, handelt es sich bei den gebührenpflichtigen Angeboten um einen Einstieg in das SaaS-Geschäft. Letzteres ist die Spezialität von On-Demand-Pionier Salesforce.com, der die Softwarebranche in den zurückliegenden Jahren kräftig durcheinander aufgeschreckt hatte. Längst reicht das Angebot über die klassischen CRM-Anwendungen im SaaS-Modell hinaus, mit denen Salesforce.com vor einigen Jahren begonnen hatte. Zudem bietet auch der Softwarevermieter inzwischen eine Online-Plattform, auf der Partner eigene Lösungen entwickeln und bereitstellen können. Über einen Online-Marktplatz können interessierte Nutzer das On-Demand-Angebot sichten und die passenden Mietapplikationen ordern.

Salesforce.com: Das klassische Softwaregeschäft ist tot

Mit diesem Miet-Portfolio verschärfte Salesforce.com den Wettbewerb mit etablierten Softwaregrößen wie Microsoft und SAP. Salesforce-CEO Marc Benioff goss zusätzlich immer wieder Öl ins Feuer, indem er verkündete, das alte Softwaremodell mit Lizenzverkäufen und Wartungserlösen sei im Grunde tot. Der Erfolg scheint ihm Recht zu geben. Zwar tut sich der On-Demand-Anbieter nach wie vor schwer, einzelne Märkte wie beispielsweise Deutschland von den Vorzügen seines Modells zu überzeugen. Insgesamt läuft das Geschäft aber reibungslos. Im Ende April abgeschlossenen ersten Quartal des Geschäftsjahres 2008 verbuchte der Softwareanbieter Einnahmen in Höhe von rund 162 Millionen Dollar, 55 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Nachdem im Vorjahr noch ein Verlust von 229.000 Dollar angefallen war, stand nun ein Plus von 730.000 Dollar zu Buche. Die Zahl der Kunden erhöhte sich im Jahresvergleich um etwa 45 Prozent auf über 32.000.

Vor diesem Hintergrund dürfte die Stoßrichtung des geplanten Bündnisses zwischen Google und Salesforce.com klar sein: Es geht um das lukrative Softwaregeschäft mit Unternehmenskunden. Auch Analysten hatten in den vergangenen Wochen immer wieder darüber spekuliert, Suchmaschinenanbieter wie Google oder Yahoo könnten möglicherweise versuchen, On-Demand-Betreiber wie Salesforce.com zu übernehmen, um ihr Firmengeschäft zu stärken. Eine Kooperation zwischen Google und Salesforce.com könnte daher auf den ersten Blick einiges im Markt für Unternehmenssoftware bewegen.

Allerdings bleibt die Frage offen, wie eine solche Zusammenarbeit aussehen könnte. Beide Anbieter betreiben eigene Plattformen und es ist nicht davon auszugehen, dass eine der beiden Firmen davon abrückt. Daher dürften im Falle einer Kooperation die Plattformen beider Anbieter enger miteinander verknüpft werden. Dergestalt vielleicht, dass Kunden beispielsweise via Google auf den On-Demand-Marktplatz von Salesforce.com zugreifen können und umgekehrt.

Der Druck auf Microsoft wächst

Klar ist aber in jeden Fall, dass der Druck auf Softwarehersteller wie Microsoft und SAP wächst. Angesichts des zunehmenden Erfolgs der On-Demand-Angebote sahen sich diese gezwungen, zu reagieren und ebenfalls Software zur Miete anzubieten. Microsoft offeriert beispielsweise seine CRM- und ERP-Produkte auch als On-Demand-Varianten und arbeitet mit "Live" an Online-Diensten für seine Windows- und Office-Familien. SAP startete vergleichsweise spät mit CRM-on-Demand, will aber Anfang 2008 mit einem neuen Mittelstandsprodukt zur Miete seine On-Demand-Strategie ausbauen. Allerdings tun sich die etablierten Hersteller mit Mietprogrammen schwer, da sie auf die höheren Gewinnmargen aus dem klassischen Lizenzgeschäft nicht verzichten möchten.

Microsoft wird durch Google gleich von zwei Fronten in die Zange genommen. Seit Jahren versucht der Softwarekonzern, im Suchmaschinen- und Online-Anzeigen-Geschäft Boden auf die Internet-Company gut zu machen. Bislang mit wenig Erfolg. Beide Kontrahenten erweitern stetig ihren Online-Kosmos – Google zuletzt mit dem Kauf von Doubleclick und Microsoft mit einem Übernahmeangebot an aQantive. Allerdings scheint Google dem großen Konkurrenten immer einen Schritt voraus. So war angeblich auch Microsoft an dem Kauf von Doubleclick interessiert.

Noch geben sich die Konzernverantwortlichen in Microsofts Zentrale in Redmond unbeeindruckt vom Schulterschluss beider Kontrahenten. Chief Technology Officer David Vaskewitch verwies kürzlich in einem Gespräch mit der COMPUTERWOCHE-Schwesterpublikation Computerworld darauf, dass auch das SaaS-Modell Grenzen habe. Gerade wenn es darum gehe, die Software individuell an die Anforderungen von Unternehmen anzupassen, hätten On-Premise- beziehungsweise gehostete Softwarelösungen auch künftig Vorteile. Microsoft könne seinen Kunden alle Varianten bieten: von der klassischen Lizenzware über Hosting-Angebote bis hin zu reiner Mietsoftware, die im On-Demand-Modus angeboten wird.