Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit vertragen sich

Green-IT - ein lohnender Beitrag

14.05.2008 von Diego Wyllie
Green-IT gilt als einer der Top-Trends in der ITK-Branche und wird derzeit heiß diskutiert. Die heute verfügbaren Lösungsansätze zeigen, dass sich Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit vertragen.

Green-IT ist in aller Munde. Google liefert bei Eingabe des Hype-Begriffs fast 3,5 Millionen Suchergebnisse. Quantität ist aber bekanntermaßen nicht gleich Qualität und wo Green-IT steht muss nicht unbedingt von wirklich umweltschonenden IT-Lösungen die Rede sein. Denn das Top-Thema der ITK-Branche wird zunehmend von reinen Marketing-Sprüchen überlagert. Auf einmal soll alles grün sein. Hersteller werben hier und da mit grünen Labels, echte Inhalte sucht man leider oft vergeblich. Ein klares Beispiel für den Spagat zwischen Anspruch und Realität bei dieser Thematik war zweifellos die diesjährige CeBIT. Die ökologische Nutzung von IT sollte der Messeschwerpunkt sein. Im Vorfeld der Veranstaltung haben Anbieter viel versprochen, in Hannover zeigten aber nur die wenigsten von ihnen tatsächlich etwas Neues zum Thema - die Erwartungen der Besucher wurden bei Weitem nicht erfüllt.

Nicht ohne Grund kann also der eine oder andere IT-Manager das Gefühl bekommen, Green-IT könnte langsam aber sicher vom Hype- zum Nervthema verkommen. Die meisten Unternehmensberatungen und Marktforscher sind sich jedoch einig: "Echte" Green-IT wird weiterhin ein Thema bleiben und eine immer bedeutendere Rolle bei der strategischen Ausrichtung der Unternehmens-IT spielen. Laut einer Studie der Experton Group wird der Markt für umweltfreundliche IT-Lösungen bis zum Jahr 2010 mit durchschnittlich 66 Prozent wachsen. Einen wichtigen Grund für diese starke Entwicklung sehen Experten vor allem darin, dass Green-IT nicht länger bloß als reine moralische Pflicht für den CIO betrachtet wird und dass Kostenfaktoren verstärkt in den Vordergrund rücken. Hauptsächlich die rasant steigenden Energiekosten - aber auch Wartungs- und Betriebskosten rund um IT-Systeme - liefern die nötige Treibkraft für eine ökologische IT und werden zunehmend zum Beweggrund für die Einführung einer grünen IT-Strategie.

Viele Unternehmen sind bereits tatsächlich dabei, ihre IT durch entsprechende Investitionen etwa in Virtualisierungslösungen für Server, Storage und Netze oder über entsprechende Hardware und Klimatechnik umweltfreundlicher zu gestalten. Konkrete Maßnahmen wie die Konsolidierung und Virtualisierung der Datenspeicher stehen aber derzeit noch höher im Kurs als eine langfristige, unternehmensweite Strategie zu Green-IT, besagt eine Umfrage von NetApp in Deutschland. Als Trendsetter zeigten sich demnach große Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern. Bereits knapp 80 Prozent haben ihre Storage-Landschaft konsolidiert beziehungsweise virtualisiert. In Firmen mit 1000 bis 3000 Mitarbeitern war dies nur bei gut 40 Prozent der Fall. Aus der erwähnten Studie der Experton Group geht zudem hervor, dass selbst im Mittelstand ein Drittel der Firmen Geld ausgeben würde, um den von ihnen verursachten C02-Ausstoß zu reduzieren. Letztendlich wird die große Mehrheit der Unternehmen Green-IT jedoch nur dann umsetzen, wenn es sich für sie lohnt, sprich: Wenn sie Green-IT in bares Geld umwandeln können.

Dringender Handlungsbedarf

Laut dem Marktforschungsinstitut Gartner ist die ITK-Branche heute bereits für rund zwei Prozent des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes verantwortlich. Die CO2-Produktion der weltweiten IT-Infrastruktur entspreche mit circa 600 Millionen Tonnen dem CO2-Ausstoß von etwa 320 Millionen Kleinwagen. Zur Kompensation seien dabei rund 600 Milliarden Bäume erforderlich. Die CO2-Reduktion im IT-Bereich ist gerade deshalb so wichtig, weil Marktforscher einen stark steigenden Strombedarf durch IT-Infrastrukturen prognostizieren. Nimmt man das Jahr 2000 als Ausgangsbasis, so dürfte der CO2-Ausstoß durch den Betrieb von ITK-Anlagen bis zum Jahr 2020 um 212 Prozent steigen. Das geht aus der Studie "Von Green-IT zu Green Business" von A.T. Kearney hervor, in der die Unternehmensberatung auf den dringenden Handlungsbedarf für Green-IT hinweist.

In den folgenden Abschnitten werden in verschiedenen Maßnahmenbereichen Green-IT-Lösungen präsentiert, die speziell auf die Bedürfnisse mittelständischer Unternehmen zugeschnitten sind. Durch deren Einsatz kann der Mittelstand seinen Beitrag zum Umweltschutz leisten und gleichzeitig erhebliche Kosteneinsparungen erzielen.

Server- und Speichervirtualisierung

Eines der wichtigsten Themen in Zusammenhang mit der energieeffizienteren Gestaltung von ITK-Technologien ist die Virtualisierung von Servern und Speicherplatz. Darin findet man in erster Linie einen Weg, Hardware besser auszulasten und die Systemverwaltung zu vereinfachen. Auf diese Weise kann man die Anzahl der Server verkleinern und damit auch den Strombedarf reduzieren. Nach Einschätzung der Fachleute lassen sich durch die Virtualisierung von Servern 50 bis 80 Prozent Stromkosten einsparen. Weniger Server-Hardware bedeutet zudem gleichzeitig weniger Verwaltungsbedarf, was zu einer weiteren Reduzierung der Betriebskosten in der IT führt (siehe dazu "Virtualisierung spart Strom").

Für mittelständische Unternehmen gibt es ein breites Angebot an Virtualisierungslösungen. IBM bietet beispielsweise mit PowerVM ein Portfolio an sowohl Software- als auch Hardware-basierenden Virtualisierungstechniken für IBM-Systeme mit Power-Prozessoren für die Betriebssysteme Unix, Linux und i5/OS. Auch VMware stellt KMUs eine Reihe von Virtualisierungssystemen zur Verfügung. Mit "VMware Infrastructure 3" bietet die Firma zum Beispiel eine Komplettlösung, mit der sich Server, Speicher und Netze unternehmensweit virtualisieren lassen. Zudem wird mit dem "VMware Server" eine kostenlose Einstiegslösung angeboten, die laut Hersteller auf jeder beliebigen Server-Hardware installiert werden kann. Kostenfrei ist ebenfalls die quelloffene Software Xen, die an der Universität Cambridge entwickelt wurde. Die Applikation läuft direkt auf der Hardware, die für die darauf laufenden Systeme "paravirtualisiert" wird. Dabei kann eine besonders hohe Performance erzielt werden, da die Hardware nicht emuliert wird, sondern diese den Gastsystemen mit einem nur kleinen Overhead zur Verfügung gestellt wird.

Zentralisierte Desktops und Thin Clients

Neben der Virtualisierung von Servern und Speicherplatz spielt die Desktop-Virtualisierung in Sachen Green-IT ebenfalls eine wichtige Rolle. Diese Technik ermöglicht die Zentralisierung der individuellen Arbeitsplatzrechner im Rechenzentrum und stellt sich als ein weiterer wichtiger Trend in der IT-Branche heraus. Laut einer Studie des Frauenhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheit- und Energietechnik (Umsicht) belasten Desktop-PCs die Umwelt doppelt so stark wie funktional gleichwertige Thin-Clients, bei denen die Ausstattung auf die Ein- und Ausgabe beschränkt ist. (siehe dazu "Green-IT: Thin Clients schlagen PCs um Längen")

Basierend auf der bereits erwähnten quelloffenen Xen-Software hat Xensource eine Desktop-Virtualisierungslösung entwickelt, die nach der Übernahme durch Citrix Systems in dessen Portfolio integriert wurde. In der Lösung "Citrix XenDesktop" bringt das Unternehmen laut eigenem Bekunden verschiedene Technologien zum Einsatz, die bekannte Herausforderungen bei der Virtualisierung wie schlechte Performance beim Zugriff über das Netz, aufwändige Pflege von Images oder hoher Speicherbedarf effizient adressieren. HP hat jüngst angekündigt, dass auf seinen Compaq-Thin-Clients die Lösung bereits vorinstalliert ist. Eine Desktop-Virtualisierungslösung bietet auch Sun Microsystems in Verbindung mit VMware: Sun Virtual Desktop Infrastructure. Das Unternehmen bewirbt seinen Thin-Client Sun Ray als wichtigen Schritt zur Energieeinsparung in Unternehmen. So benötige ein Sun-Ray-Client nur etwa vier Watt an Energie, gegenüber den bis zu 300 Watt für einen Desktop-PC.

Ferner bietet das weniger bekannte, israelische Unternehmen Qumranet mit "Solid ICE" (Independent Computing Environment) eine KVM-basierende (Kernel-based Virtual Machine) Lösung zur Virtualisierung von Windows- und Linux-Desktops. Die Desktops laufen unter zentraler Kontrolle in virtuellen Maschinen auf Linux-Servern; der Zugriff erfolgt von Thin Clients oder normalen PCs über das speziell entwickelte Protokoll Spice.

Videokonferenzen statt viel Reisen

Vielleicht die einfachste Art, einen kleinen Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen im eigenen Unternehmen zu leisten und gleichzeitig erhebliche Kosten einzusparen, besteht darin, Videokonferenzsysteme einzusetzen, um die Zahl von Geschäftsreisen zu senken. Mit Hilfe von kostengünstigen Collaboration-Lösungen wie zum Beispiel dem SaaS-System Projectplace.de können schon bis zu neun Personen an einer Videokonferenz teilnehmen und Informationen über den Bildschirm austauschen. Eine ähnliche Lösung stellt KMUs auch Vidsoft zur Verfügung. Der Anbieter Internet-basierender Kommunikationslösungen bietet Mehrpunktkonferenzen mit bis zu zehn Teilnehmern und verspricht Video in TV-Qualität ohne Verzögerungen.

Für anspruchsvolle Unternehmensanwender stellt der Anbieter von Videokonferenz- und Telepräsenz-Lösungen Polycom verschiedene Komplettsysteme bestehend aus Soft- und Hardware zur Verfügung, die je nach Modell für den Einsatz in kleinen bis sehr großen Konferenzräumen konzipiert sind. Das Telepresence-System "Polycom RealPresence Experience High Definition" in Verbindung mit Full-HD-Bildschirmen soll für ein neues Benutzererlebnis in Videokonferenzen stehen. Die Gesprächspartner erscheinen dabei lebensgroß und selbst feinste Nuancen in Sprache, Bild und Multimedia-Inhalten sind laut Hersteller erkennbar.

Resources as a Service

Eine weitere Möglichkeit für Unternehmen, die eigene IT umweltschonender zu gestalten, stellt das Green-IT-Outsourcing dar. In diesem Zusammenhang spricht man von der Auslagerung unternehmensinterner IT-Prozesse an energieeffiziente Dienstleister. Statt ein eigenes Rechenzentrum zu betreiben können Firmen beispielsweise die entsprechenden Ressourcen von einem Drittanbieter - oft zu einem monatlichen Festpreis - mieten. Angelehnt an das SaaS-Modell ist dabei von "Resources as a Service" die Rede. Indem sich mehrere Unternehmen die Leistung eines zentralen, besonders energieeffizienten Rechenzentrums teilen, kann Strom deutlich gespart und der ökologische Fußabdruck jedes einzelnen Unternehmens verbessert werden.

Die Berliner Strato AG beispielsweise bietet Server-Outsourcing-Lösungen, die speziell auf den Mittelstand zugeschnitten sind. Mit dem "Strato Windows Solution Server" können Geschäftskunden jederzeit und weltweit auf das Online-Büro zugreifen. Auch der Carrier Dns:Net stellt KMUs ein Rechenzentrum zum monatlichen Festpreis von rund 400 Euro netto zur Verfügung.

Wie viele private und öffentliche Organisationen fordern, wäre in diesem Kontext allerdings eine einheitliche Auszeichnung für besonders energieeffiziente Unternehmen wünschenswert, um mehr Transparenz zu gewährleisten.