Ohne Telefonlagen ist die Fixed Mobile Convergence unmöglich. Das gilt für beide Einsatzfälle, den Eigenbetrieb wie für extern bezogene Services. Die Telefonanlagen sind notwendig, um zusätzlich zu den Daten auch Sprache und Video zu integrieren. Diese Integration gestaltet sich schon im Festnetz schwierig. Komplizierter und kostspieliger wird es für die Anwender, wenn die mobilen Mitarbeiter an der Konvergenz partizipieren sollen.
Fixed Mobile Convergence müsste streng genommen wie die konvergente Kommunikation innerhalb der lokalen Netzwerke ablaufen. Alle drei Kommunikationsformen - Sprache, Daten, Video - werden über ein Datennetz abgewickelt. IP-fähige Telefonanlagen integrieren die flusskritischen Ströme wie Echtzeit-Sprache und -Video. Für ihre schnelle, verzögerungsfreie Zustellung steht im Ethernet-LAN und an den Desktops reichlich Bandbreite zur Verfügung.
Im mobilen Weitverkehrsbereich sehen die Voraussetzungen schlechter aus. "Die Bandbreiten bewegen sich im Vergleich zum LAN im Promillebereich. Die Netze der Mobilfunkbetreiber inklusive ihrer Telefonanlagen sind proprietär und verschlossen", beschreibt Mathias Hein, freier ITK-Berater in Neuburg an der Donau, die aktuelle Lage. Für den Übergang zu anderen Providern sind Gateways erforderlich, die Protokolle und Leistungsmerkmale umsetzen. "Weil das öffentliche Internet nicht als Transportmedium taugt, um Sprache, Videos und Daten in Echtzeit zu übertragen, wickeln die Provider jede Kommunikationsform über separate, Quality-of-Service-fähige Netze ab", ergänzt Hein. Diese geteilte Kommunikationsstruktur, die streng genommen nichts mit Fixed Mobile Convergence zu tun habe, sei für Geschäftskunden kostspielig und mache sie abhängig vom gewählten Provider.
Es mangelt an mobiler Bandbreite
"Mobile Kommunikation ist heute weder in hoher Bandbreite noch kostengünstig verfügbar", bestätigt Michael Kleist, Director Enduser Computing, Area Central, bei Novell. Doch leistungsstarke und günstige Netze sind notwendig, um alle Kommunikationsformen integrieren zu können. Davon ist die Branche jedoch weit entfernt. Derzeit müssen Anwender ihre Kommunikation über bandbreitenschwache, teure und restriktive Netze abwickeln, deren Kapazitäten sie sich mit anderen Nutzern teilen müssen. Angesichts dieser Ausgangssituation besinnen sich viele Unternehmen - vorbei an den in- und outhouse installierten Telefonanlagen - auf das technisch und finanziell Machbare.
Ein Beispiel dafür ist das Beratungs- und IT-Dienstleistungshaus Logica. Es hat sich schon früh auf die Nutzung von Apples iPhone festgelegt. "Mit dieser Konsolidierungsstrategie führen wir die Vielfalt an Mobilfunkbetreibern, Verträgen, Schnittstellen und Protokollen auf ein erträgliches Maß zurück", nennt Jan Kokott, Head of Mobile Devices bei Logica, den Grund. Zudem beschränkt sich der Dienstleister fürs Erste auf die reine Datenkommunikation. "Um unsere mobilen Mitarbeiter effizienter und effektiver einsetzen zu können, konzentrieren wir uns auf die Nutzung von E-Mails sowie auf PIM-, Kontakt- und Kalenderdaten mit einem Global-Enterprise-Katalog als Datendrehscheibe", erklärt der Logica-Manager. Vor dem Start der Migration wurde intern unter den Beratern der Bedarf recherchiert und analysiert. Dabei zeigte sich, dass sie keine Verwendung für eine umfangreiche Unified-Communications-Installation mit vielen Funktionen und Sprach- und Video-Integration haben. Als Vorteil erwies sich zudem der niedrige Installations- und Integrationsbedarf der gewählten Lösung. Logica musste lediglich ein zusätzliches Gateway, das zwischen der Microsoft-basierenden PC-Welt und den iPhones vermittelt, in die vorhandene Infrastruktur einbinden. Die Smartphones greifen nun direkt über Apps auf die Enterprise-Server zu. Um etwa PIM-Daten und E-Mails empfangen zu können, nutzen die Apps Microsofts Synchronisierungs-Tool Active Sync.
Kokott macht sich keine Illusionen: "Solange sich die bereitzustellenden und zu integrierenden Funktionen in Grenzen halten, überzeugen diese Handhelds durch Einfachheit und Schnelligkeit. Auch der Installations- und Integrationsaufwand ist überschaubar. Das wird sich ändern, wenn deutlich mehr Funktionen ins Spiel kommen." Die Einführung von Unified-Communications-Merkmalen erfordert beispielsweise die Anschaffung neuer Telefonanlagen, die meistens proprietäre Protokolle verwenden. IP- und SIP (Session Initiation Protocol)-fähige Systeme, die eine lokale und konvergente Kommunikation ermöglichen, setzen sich innerhalb der LANs nur langsam durch.
Die aufwändige Anpassung der Betriebssysteme schreckt ab
"Die Provider sind hinsichtlich der Migration ihrer Telefonanlagen in Richtung IP und SIP den Anwenderunternehmen voraus", weiß ITK-Berater Hein. Er sieht deshalb Anwendungs-Suites wie Unified Communications (UC) künftig bei den Providern besser als beim Anwender aufgehoben. "Jedes UC-Modul muss eigenhändig und aufwendig an den Stack der eingesetzten mobilen Betriebssystems und sogar an jeder Betriebssystem-Version angepasst werden", schildert er die Sisyphus-Arbeit. Werde UC hingegen als Service eingekauft, sorge der Provider für die Einbindung von Sprache und Video, indem er Softphones für alle mobilen Geräte zur Verfügung stelle. Über diese Software, die üblicherweise in einem Browser laufe, greife der Mitarbeiter auf die Telefonie- und Videokonferenzfunktionen des Betreibers zu.
Bleibt die Arbeit, die mobilen Geräte der Mitarbeiter mit ihren reichhaltigen Funktionen so anzupassen, dass sie auf die zentralen Geschäftsdaten zugreifen und die unternehmenseigene Desktop-Umgebung nutzen können. In reinen Windows-basierenden Umgebungen, in denen sowohl die lokalen als auch die stationären Endgeräte Betriebssysteme von Microsoft verwenden, wäre eine gute Basis für die Integration von Telefonie, Video-Conferencing und Online-Collaboration geschaffen. Doch Windows Mobile konnte sich bislang selten für den Einsatz auf Handys und Smartphones empfehlen. Mit anteiligen 8,8 Prozent belegt die Microsoft-Lösung nur den vierten Platz im Markt für mobile Betriebssysteme, weit abgeschlagen hinter Symbian, RIMs Blackberry OS und Apples iPhone. Die Unterschiede zwischen den Betriebssystemen der lokalen und mobilen Endgeräte soll künftig Active Sync überbrücken. Allerdings kommt erschwerend hinzu, dass die Provider ohne Fixed Mobile Convergence den Umgang mit kritischen Datenströmen eigenwillig und restriktiv regeln.
IP- und Mobilfunknetze bleiben getrennt
Angesichts dieser Ausgangslage erwartet Jörg Fischer, Leiter für strategische Geschäftsentwicklung bei der Enterprise Business Group von Alcatel-Lucent in Deutschland, dass die meisten Anwender mit ihren Handys auch künftig vornehmlich telefonieren: "IP- und Mobilfunknetze wie GSM werden bis auf weiteres getrennte Welten bleiben." IP-basierende WLANs können die Lücke nicht schließen, weil sie noch nicht großflächig verfügbar sind. "Auch die selbsttätige Umschaltung von WLAN auf beispielsweise GSM über eine automatische Feldmessung klappt bisher nur im Labor", sagt Fischer. "Multifunktionsgeräte mit UC-Funktionen, die im Vergleich zu Smartphones etwas größere Displays haben, werden nur in solchen Unternehmen zum Einsatz gelangen, die für ihre interne Kommunikation auf ein konvergentes Netzwerk bauen können, und die zugleich mit ihrem Mobilfunkbetreiber vereinbart haben, dass sie die geforderten Kommunikationsleistungen und Service-Levels bekommen."
Wer eine flexible UC-Suite einführen will, sollte auf eine modulare Gestaltung achten, die die Einsatzfelder "Sprache", "Daten" und "Video" berücksichtigt. "Die UC-Plattform sollte vorkonfigurierte Schnittstellen zu allen wichtigen Applikationen und Datenbanken sowie zu unterschiedlichen PC-Bürokommunikationsumgebungen bieten, um auf jede zusätzliche Installation vorbereitet zu sein", rät Fischer. Wichtig sei zudem eine Lösung, die Web-Schnittstellen und -Formate wie XML, VXML, WDSL und Soap integriere. Für wegweisend hält Fischer die iPhone Apps. Sie sind ein gutes Beispiel für eine integrierte, multimediale und ortsunabhängige Kommunikation. (jha)