Unter dem Begriff "Teaming" entwickelte Amy Edmondson das theoretische Gerüst für einen neuen Ansatz der Zusammenarbeit, nach dem sich Projektteams je nach Zielsetzung in wechselnder Zusammensetzung einer Aufgabe widmen. Dazu analysierte die Professorin für Leadership und Management an der Harvard Business School die Aufgaben und Anforderungen an Mitarbeiter in einer Wirtschaft, die auf schnelle und ständige Veränderungen setzt.
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Ihr Ergebnis: Eingespielte Teams garantieren nicht unbedingt den erfolgreichen Abschluss eines Projekts, denn oft übersteigen die Anforderungen ihren Erfahrungsschatz und ihr Wissen. Projekt-Manager greifen in solchen Situationen auf das Know-how von Mitarbeitern aus anderen Abteilungen oder von Externen zurück, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Gelungene Beispiele für diese Arbeitsweise liefert Edmondson in einem umfangreichen Beitrag in der Juni-Ausgabe des Magazins "Harvard Business Manager". Als Beispiel wird der Bau des Schwimmzentrums "Water Cube" anlässlich der Olympischen Spiele 2008 in Peking genannt: Ein interdisziplinär zusammengesetztes Team war nur für dieses eine Projekt zusammengestellt worden. In der Baubranche wird diese Form der Zusammenarbeit längst praktiziert, denn an Wettbewerben für größere Vorhaben nehmen oftmals Teams aus Architekten- und Ingenieurbüros teil, die nur für diese Aufgabe eine Zusammenarbeit vereinbaren. Diese Arbeitsweise erobert nun auch den Arbeitsalltag in der IT-Welt. Als gelungenes Beispiel führt die Professorin den Mobilfunkhersteller Motorola an. Im Jahr 2003 entwickelte ein 20-köpfiges Projektteam aus Ingenieuren und Experten aus unterschiedlichen Abteilungen in Rekordzeit das überaus erfolgreiche Handy "Razr".
Teaming braucht Toleranz
Doch diese interdisziplinäre Arbeitsweise birgt auch Risiken, wie die Wissenschaftlerin ausführt.Während der Projektleiter eines erfahrenen Teams um die Stärken und Schwächen seiner Mitarbeiter weiß und gelernt hat, damit umzugehen, erfordert Teaming gerade in der Zusammenarbeit mehr Flexibilität sowie Toleranz von jedem Einzelnen.
Denn wenn Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen zusammenkommen, prallen mitunter Welten aufeinander. Unterschiedliche Arbeitsstile, sprachliche Hürden sowie Loyalitäten zu den eigenen Vorgesetzten können für Spannungen sorgen und die Arbeit erschweren. Ein Projektleiter neuer Prägung sollte also keine Angst vor unübersichtlichen Situationen haben, denn diese gilt es zu managen.
Die Harvard-Professorin Edmondson entwickelte anhand gelungener Beispiele Strategien, an denen sich Projektleiter orientieren können. Eine davon zielt darauf ab, den Umfang einer Aufgabe möglichst genau zu definieren, zu klassifizieren und die Grenzen abzustecken. Während eines Vorhabens lassen sich, anders als in der klassischen Projektarbeit, nicht alle Schritte in klar abgegrenzte Phasen unterteilen, die nach einer vorher festgelegten Reihenfolge nacheinander abgearbeitet werden. Vieles wird parallel entwickelt, und anschließend sind diese Puzzleteile zu einem Ganzen zusammenzufügen.
Die Kunst besteht darin, dass ein Projektleiter nicht immer alle Teammitglieder in jeden Arbeitsschritt einbindet, sondern ergebnisorientiert arbeitet. Das spart Zeit, verlangt aber von der Führungskraft einen Blick fürs Ganze. Dabei schaffen klare Strukturen den nötigen Überblick. Den Teammitgliedern helfen beispielsweise im Intranet hinterlegte Listen mit Namen, Aufgaben und Kurzbiografien jedes am Projekt Beteiligten, um sich schnell einen Überblick zu verschaffen und bei Bedarf den Kollegen zu finden, der einem weiterhelfen kann.
Überhaupt spielt Vertrauen eine wichtige Rolle. Nur wenn sich die Teammitglieder, die sich oftmals nicht persönlich kennen und an verschiedenen Standorten arbeiten, gegenseitig vertrauen, kann die Zusammenarbeit gelingen. Herrschen Unsicherheit, Missgunst oder Angst vor, steuern große Projekte auf ernsthafte Probleme zu. Außerdem plädiert die Professorin für eine offene Arbeitsatmosphäre, in der Teammitglieder ihre Fehler eingestehen können. Teamleiter benötigen deshalb Erfahrung und Fingerspitzengefühl, um solche Schwierigkeiten früh zu erkennen und gegenzusteuern.
Misserfolge schnell vergessen
Entscheidend für den Erfolg ist deshalb die Führungskraft. Noch mehr als in herkömmlichen Projekten kommt es darauf an, Zeitpläne zu erstellen und Aufgaben zu priorisieren, so dass Teilergebnisse, die oft Grundlage für die weitere Arbeit sind, pünktlich geliefert werden. Sind die Ziele des Projektleiters klar und gemeinsame Werte definiert, können die einzelnen Mitarbeiter effektiver zusammenarbeiten, so die Erfahrung von Edmondson.
Doch selbst mit einer exzellenten Vorbereitung bleiben Fehler und Rückschläge nicht aus. Die Professorin ermutigt deshalb die Protagonisten, möglichst schnell aus Misserfolgen zu lernen. Das Gleiche gilt auch für persönliche Konflikte in bunt zusammengewürfelten Teams. Oft reiche die Aufforderung des Projektleiters an seine Mitarbeiter, sich in die Gedankenwelt der Kollegen hineinzuversetzen, um das Konfliktpotenzial zu verringern, ermuntert die Wissenschaftlerin. Ihr Fazit fällt optimistisch aus: Teaming erfordert vor allem Mut zur Lücke, Neugier und die Bereitschaft, ständig dazuzulernen. Gelingt dieser Spagat, engagiert sich jedes Teammitglied mehr, und die Arbeit macht allen Spaß - auch zum Vorteil des Auftraggebers.
Das ideale Innovationsteam
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Um ein Innovationsklima zu schaffen, bedarf es eines Teams mit unterschiedlichen Persönlichkeiten. Das glauben Ella Miron-Spektor, Miriam Erez und Eitan Naveh vom Technion - Israel Institute of Technology in Haifa nachweisen zu können. Auch wenn es wie eine Binsenweisheit klingt: Stimmt die Mischung, wird sich der Erfolg einstellen. Die Wissenschaftler untersuchten 41 Innovationsteams und errechneten daraus konkrete Prozentzahlen für die ideale Teamzusammensetzung.
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20 bis 30 Prozent Kreative sollten in einem Innovationsteam sitzen. Von ihnen kommen die Ideen. Meistens kümmern sich diese Mitglieder nicht um Normen und Regeln, außerdem treten sie oft ziemlich angriffslustig auf. Deshalb sollten nicht mehr Kreative einem Team angehören, da es sonst Probleme mit der Umsetzung geben könnte.
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Zehn bis 20 Prozent Konformisten in einem Team sind ideal. Sie übernehmen unterschiedliche Aufgaben: Zum einen unterstützen sie die Kreativen in ihrer Arbeit und fördern die Zusammenarbeit. Gleichzeitig wirken sie ausgleichend und stärken das Selbstvertrauen innerhalb des Teams.
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Zehn Prozent Detailfreaks sollten ebenfalls dazugehören. Sie kümmern sich um das Kleingedruckte, übernehmen unbeliebte Aufgaben wie die Budgetkontrolle und achten auf die Einhaltung der Terminpläne. Allerdings scheuen sie oft Risiken. Ihr Anteil sollte die Zehn-Prozent-Marke nicht übersteigen, damit Kreative nicht ausgebremst werden.
Den Wissenschaftlern ist natürlich klar, dass sich Menschen nicht immer so einfach in klare, kognitive Raster einsortieren lassen. "Gut die Hälfte der Menschen verfügt über eine Mischung unterschiedlicher Denkmuster", schreiben sie in ihrem Aufsatz im Magazin "Harvard Business Manager". Deshalb empfehlen sie, knapp die Hälfte der Positionen an Mitarbeiter zu vergeben, die flexibel sind und keinem festgelegten Denkmuster folgen.
Verhaltensregeln für die Projektarbeit
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Offen kommunizieren: Dazu gehört, authentisch miteinander umzugehen, Fehler einzugestehen, Probleme anzusprechen und Ideen zu erklären.
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Flexibel bleiben: Mit Unvorhergesehenem rechnen und offen für Neues sein.
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Nachdenken: Konsequent und regelmäßig beobachten, diskutieren und über Ablauf und Ergebnisse des Projekts reflektieren.
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Aufmerksam sein: Gut zuhören, um Meinungen anderer zu berücksichtigen.
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Zusammenführen: Verschiedene Meinungen, Blickwinkel und Fakten in die eigene Arbeit integrieren. Quelle: Amy Edmondson