Hamburger Hafen- und Lagerhaus AG

Hamburger Hafen- und Lagerhaus AG: Von Containern und Ozeanriesen

24.04.2001 von Holger Eriksdotter
Wenn Hunderte Container und ganze LKW-Ladungen im Bauch eines Seeschiffes verschwinden, kann der Außenstehende allenfalls ahnen, welche logistische Leistung dahinter steht. Nur mit genauen Kenntnissen der Abläufe und maßgeschneiderten Informationssystemen ist dieser gewaltige Güterumschlag möglich.

Das Tor zur Welt, wie die Hamburger ihren Hafen nennen, liegt mit einer Seegüter-Verladung von jährlich mehr als 81 Millionen Tonnen hinter Rotterdam auf Platz zwei der europäischen Seehäfen. Der größte Kai-Umschlagbetrieb der Elbmetropole, die Hamburger Hafen- und Lagerhaus AG (HHL), erwirtschaftet mit mehr als 1500 Mitarbeitern über die Hälfte des Handelsvolumens des Hafens.

Quelle: Elbe & Flut

Für die logistische Planung und Steuerung setzt die HHL weit gehend auf selbst entwickelte IT-Systeme, denn Standard-Applikationen sind wegen der besonderen Anforderungen des Umschlaggeschäfts und den unterschiedlichen Gegebenheiten von Hafenanlagen kaum verfügbar.

Derzeit beschäftigt das Unternehmen mehr als 80 Mitarbeiter im Bereich Datenverarbeitung. "Für Informatiker gibt es hier eine Vielzahl spannender Aufgaben informationstechnischer Herausforderungen”, erklärt Franz Wölfer, Diplommathematiker und Projekt-Manager im Bereich Container Informationssysteme. Für ihn sind logistische Probleme nicht nur mathematisch reizvoll, sondern besitzen auch eine große Praxisnähe. "Es ist schon eindrucksvoll, wenn eine 72 Meter hohe Containerbrücke in Betrieb genommen wird und die neu entwickelte Software den Koloss von mehr als 1000 Tonnen Stahl in Bewegung setzt."

Auch in puncto der Ausfallsicherheit sind die Anforderungen an Hard- und Software groß. "Wenn unser Abfertigungssystem ausfällt, gibt es sofort einen kilometerlangen LKW-Stau auf der A7", verdeutlicht Wölfer die Auswirkungen seiner IT-Systeme. Bei Abfertigungszeiten von durchschnittlich 30 Minuten steuern mehr als 2500 Brummis täglich den Burchardkai an, der auf fast drei Kilometern Kaimauerlänge Liegeplätze für zehn Schiffe bietet. Am größten Container-Terminal der HHL verfrachten hochbeinige Transportfahrzeuge, die Van Carriers, jährlich über zwei Millionen Container auf 4500 Ozeandampfer.

Das Steuer- und Positionierungssystem für Container, das mit Hilfe eines Navigationssatelliten, einem auf dem Betriebsgelände installierten DGPS-Sender und einem Laser-Positionierungssystem den Standort von Container auf wenige Zentimeter genau bestimmen kann, wurde von der HHL selbst entwickelt. Ohne zusätzliche Ressourcen, allein durch die intelligentere Logistik, erhöhte sich die Kapazität der vorhandenen Lagerfläche von 1,9 auf 2,6 Millionen Container. Gleichzeitig konnte mit einem Routen-Optimierungssystem die Fahrleistung der Van Carrier um etwa 50 000 Kilometer jährlich gesenkt werden.

Zur Zeit befindet sich ein weiteres Terminal im Hafenerweiterungsgebiet Altenwerder im Bau, das auch im IT-Bereich neue Herausforderungen bringt. Erstmals sollen hier führerlose Transportfahrzeuge (Automated Guided Vehicles) zum Einsatz kommen. Doch nicht nur für dieses Projekt sucht das Unternehmen Fachleute. Auch in anderen Berreichen ist IT-Know-how gefragt. Mit Zeitungsanzeigen, Inseraten in Online-Jobbörsen und über die regionalen Hochschulen umwirbt die HHL den begehrten IT-Nachwuchs. Dabei bietet das Unternehmen laut Personalfachmann Bernhard Grodecki besonders jungen Leute einen attraktiven und zukunftssicheren Arbeitsplatz.

Quelle: Elbe & Flut

Neben einer 35-Stunden-Woche, einer branchenüblichen Bezahlung, fachlichen Weiterbildungsmöglichkeiten und einem Arbeitsplatz in der Hamburger Speicherstadt, die besonders bei den jungen Internet-Firmen als attraktiv gilt, hebt der Personaler die kollegiale Atmosphäre in dem traditionsreichen hanseatischen Bestrieb hervor. Diese Einschätzung kann Jörn Hauswald, 27 Jahre und seit November 2000 bei der HHL in der DV-Abteilung, bestätigen: "Nach dem Vorstellungsgespräch konnte ich noch mit den Kollegen reden. Ich hatte sofort das Gefühl, mit offenen Armen aufgenommen zu werden." Heute hat er zu vielen Kollegen ein fast freundschaftliches Verhältnis, man trifft sich auf betrieblichen Veranstaltungen und in der Freizeit.

Das war aber nicht der einzige Grund, warum der junge Wirtschaftsinformatiker beim Hamburger Hafenbetrieb anheuerte. Die Aufgabenstellung in seinem ersten Projekt - er arbeitet an der Programmierung und Implementation von EDI-Formaten und Schnittstellen - schien wie für ihn geschaffen. Denn Hauswald hatte sich im Studium mit exakt dieser Problematik auseinander gesetzt. Zudem reizten ihn die Vielfalt der Arbeitsgebiete und die Perspektive, mit spannenden Aufgaben, etwas dazulernen zu können.

”Die IT-Projekte bewegen sich normalerweise in einer Größenordnung von 25 bis 100 Aufwandstagen und werden von zwei- bis fünfköpfigen Projektteams abgewickelt", erklärt Projekt-Manager Wölfer. Überstunden kommen nach seinen Worten nur im Ausnahmefall und in heißen Projektendphasen vor und können entweder mit Freizeit abgegolten oder ausbezahlt werden. Etwa 80 Prozent der Projekte befassen sich mit reiner Anwendungsentwicklung.

Deshalb ist eine gewisse Begeisterung für das Programmieren unabdingbar. "Wir freuen uns natürlich auch, wenn der Bewerber schon Erfahrungen aus dem Bereich Transport, Logistik oder Hafentechnik mitbringt. Das ist aber nicht die Regel und auch keine Bedingung", erklärt Personalmann Grodecki. Absolventen des Studienganges Hafentechnik und Seeverkehr, der von einigen norddeutschen Fachhochschulen angeboten wird, gehören deshalb selbstverständlich zu seinen Wunschkandidaten, sind aber ausgesprochen rar. Bewerber ohne Branchenkenntnisse sind ebenso willkommen, wenn sie Teamgeist, Lernwille, Engagement und Begeisterungsfähigkeit mitbringen.

Auch der Studiengang ist für ihn erst in zweiter Linie wichtig: "Bei uns sind Mathematiker, Physiker, Diplom- und Wirtschaftsinformatiker, Elektro- und Wirtschaftsingenieure, Betriebswirtschaftler sowie umgeschulte Lehrer im IT-Bereich tätig." Der Bewerber sollte allerdings schon gründliche Kenntnisse von zwei bis drei Programmiersprachen mitbringen. Auch der Umgang mit Datenbanken - objektorientiert oder relational - sollte kein Neuland sein.

Wer schon die Programmiersprache MUMPS beherrscht, die bei der HHL in vielen Projekten für Steuerungsprogramme eingesetzt wird, sammelt zusätzliche Pluspunkte. Bei der Höhe des Einstiegsgehalt zählen praktische Kenntnisse und Erfahrungen. Für Hochschulabsolventen liegt die Spanne in der Regel zwischen 65 000 und 85 000 Mark. Auch mit Umschülern hat Personaler Grodecki kein Problem, wenn sie mit entsprechenden Qualifikationen aufwarten können. Zudem ist ein ausbaufähiges Englisch im internationalen Seeverkehr unabdingbare Voraussetzung.

Das war für Hauswald kein großes Problem, obwohl er sich nach zweiwöchiger Einweisung in die Programmiersprache MUMPS sofort mit den IT-Abteilungen der internationalen Kunden und Partner auf Englisch verständigen musste. Fürs Erste will er deshalb an seinem neuen Arbeitsplatz Projekt- und Programmiererfahrung sammeln. Für die Zukunft möchte er aber auf jeden Fall einige Zeit im Ausland arbeiten. Die Gelegenheit gibt es für ihn möglicherweise sogar innerhalb des Unternehmens.

Neben der Beratungstochter HPC, die schon in mehr als 50 Ländern Aufträge im Bereich Hafenplanung und Logistik übernommen hat, ist die HHL in Südamerika an mehreren Kai-Betrieben beteiligt.