Gute Quartalszahlen

HP - die große Nebelkerzen-Show der Meg Whitman

24.02.2014 von Steve Janata
Die Quartalszahlen von HP werden von der Börse gut aufgenommen und auch die CEO Meg Whitman sieht HP auf einem guten Kurs - völlig zu Unrecht, die Ergebnisse sind nichts anderes als eine Bankrotterklärung des Top-Managements.
HP-CEO Meg Whitman
Foto: HP Deutschland

Die gezielte Desinformation ist eine der wichtigsten Waffen im Krieg - und an den Finanzmärkten. Solange man den Blick der Finanzanalysten auf das (un-)Wesentliche lenken kann, hat man als CEO gute Karten, damit durchzukommen. Das Werfen von Nebelkerzen ist also durchaus legitim, wenn auch nicht dauerhaft zielführend. Es könnte vor allem den eigenen Blick mit vernebeln.

HP kämpft schon seit Jahren mit dem Unbill der Märkte. Die Firma hat es geschafft, nahezu jeden Trend der IT-Branche verlässlich zu verschlafen. Seien es Smartphones, Tablets oder der Umbau weg von der Abhängigkeit vom Hardware-Geschäft.

Die Quittung folgt nun seit gefühlt Dutzenden Quartalen. Der Umsatz schrumpft stetig und HP muss nach und nach Personal abbauen, um überhaupt Gewinne zu erwirtschaften.

Und dennoch lässt Meg Whitman sich jetzt feiern (siehe Hewlett-Packard überrascht mit steigenden PC-Verkäufen). Die zweijährige Arbeit am Turnaround würde die Basis für eine aufregende Zukunft bilden, so Whitman. Aufregend wird die Zukunft für HP auf jeden Fall, davon ist auszugehen.

Von Turnaround keine Spur

HPsQuartalszahlen sind auf den ersten Blick gar nicht so schlimm, wie vielleicht mancher befürchtet hatte, allerdings nur auf den ersten Blick. Der Umsatz liegt mit rund 28 Milliarden Dollar ungefähr auf dem Niveau des entsprechenden Vorjahresquartals und nur leicht unterhalb des letzten. Diesen Umsatz zu erzielen hat allerdings weiter Gewinn gekostet, und das trotz der rigiden Sparpolitik. So ist der operative Gewinn um rund zehn Prozent gesunken, wenn man die Sparte "Corporate Investments" herausrechnet sogar um fast 20 Prozent. All das wäre aber alleine kein Beinbruch, sondern tatsächlich ein eher normaler Verlauf bei einer Sanierung - und HP ist ein Sanierungsfall.

Nein, was wirklich erschreckt, ist dass es HP nicht mal ansatzweise gelingt, in den wichtigen Zukunftsbereichen Fuß zu fassen.

Beispiel Software: Dort liegt der Umsatz im letzten Quartal bei mageren 916 Millionen Dollar (minus vier Prozent), was übrigens nicht viel mehr ist als der Umsatz, den HP mit der Sparte Financial Services macht. Vielleicht sollte HP sein Heil im Bankenbereich suchen?

Nur das Private-Cloud Geschäft dürfte wachsen

Innerhalb der Software-Sparte konnte einzig der Bereich SaaS um magere sechs Prozent zulegen. Die allgemeinen Marktzahlen von Crisp Research weisen für diesen Bereich jedoch ein Wachstum von fast 50 Prozent aus. Die Lücke, die HP gegenüber dem Wettbewerb zu schließen hat, wird also immer größer wird.

Ein ähnliches Bild zeigt sich im Bereich "Enterprise Services". Dort war der Umsatz um sieben Prozent rückläufig. Innerhalb dieser Sparte werden auch die "Enterprise Cloud Services for SAP Applications" geführt, das nächste eigentliche Wachstumsfeld von HP.

Man muss also konstatieren, dass es HP nicht geschafft hat die Wende zum besseren einzuleiten. Die jetzigen Zahlen zeigen die totale Abhängigkeit vom Hardware-Geschäft. Wie groß in diesem Bereich aber die Verwerfungen derzeit sind, haben gerade erst die Geschäftszahlen von IBM und Cisco gezeigt (siehe IBM-Zahlen enthüllen die Wahrheit über den Cloud-Markt beziehungsweise Cisco - das nächste prominente Opfer der Cloud)

Allerdings muss man HP natürlich zugute halten, dass das Cloud-Geschäft zu großen Teilen aus dem Bau von Private-Clouds besteht und da ist HP gut aufgestellt und macht mit Sicherheit auch signifikante Umsätze. Vielleicht sollte man diese einmal getrennt ausweisen.

Hoffnung für die Zukunft?

Angesichts dieser Tatsachen muss man sich ernsthaft Sorgen um die mittelfristige Zukunft des Konzerns machen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Investoren bald die Notbremse ziehen und HP aufspalten. Für die Druckersparte gibt es sicherlich zahlreiche Interessenten aus Fernost.

Es gibt aber natürlich auch Assets bei HP, die die Firma selber einsetzen könnte, um endlich zurück auf die Erfolgsspur zu kommen. Der Bau von Private Clouds in Europa boomt, und in diesem Geschäft hat HP eigentlich besten Voraussetzungen, davon zu profitieren (siehe etwa Zehn Private-Cloud-Lösungen im Vergleich). Auch verfügt HP über einen weltweiten Data-Center-Footprint und somit über Möglichkeiten, großen Kunden hybride Cloud-Szenarien zu offerieren.

Und mit der Openstack basierten Public-Cloud hat HP auch hier ein wettbewerbsfähiges Angebot im Portfolio.

Zu guter Letzt hat HP immer noch das Vertrauen eines sehr breiten und diversifizierten Channels. Dieser könnte eine aktive Rolle, gerade beim Ausbau des Cloud-Geschäfts spielen.

Das alles nützt aber wenig, wenn man es nicht versteht, die eigenen Waffen richtig einzusetzen, und sich stattdessen überwiegend mit Kostensenkungen und Umstrukturierungen beschäftigt. Die Kunden, die Partner und deren Bedürfnisse - nicht die der Finanzmärkte - müssen endlich wieder in den Vordergrund rücken. Dann hat HP wieder eine Chance, in einem sich schnell wandelnden Markt zu reüssieren. (jha)

Die Story von Hewlett-Packard -
Die Story von Hewlett-Packard
Hewlett-Packard (HP) durchlebt seit drei, vier Jahren sehr stürmische Zeiten. Das liegt nicht nur an Verschiebungen auf dem Markt und starkem Wettbewerb, sondern auch an der Sprunghaftigkeit sowie Fehlentscheidungen im Topmanagement und in der Unternehmensstrategie. Allerdings hat der Konzern seit seiner Gründung bereits erfolgreich eine respektable Metamorphose durchgemacht.
1939: In der Garage fing alles an
In der mittlerweile wohl berühmtesten Garage der Welt findet Hewlett-Packard 1939 seinen Anfang. Damals gründen Bill Hewlett und David Packard ihr Unternehmen und schrauben neben ihren eigentlichen Jobs in der Garage gleich auf dem Grundstück in Palo Alto, auf dem sie wohnen, einen Tongenerator zusammen. Sie legen damit unbewusst den Grundstein für das Silicon Valley, die vielbeachtete Hightech-Region in Kalifornien.
Die Walt Disney Studios zählen zu den ersten Kunden ...
... und kaufen gleich acht Oszillatoren HP200B, um ein innovatives Tonsystem für den Film "Fantasia" zu entwickeln.
1957: Der Gang an die Börse mit Messtechnik
1951 erfindet HP mit dem 524A ein Hochgeschwindigkeits-Frequenzmessgerät. Damit ist technisch die Grundlage für das Analysegeschäft gelegt. Fünf Jahre später baut das Unternehmen sein erstes Oszilloskop. 1957 geht HP an die Börse. Eine Aktie kostet 16 Dollar. (In Frankfurt wurde die HP-Aktie am 30. April 2013 für knapp 15,50 Euro gehandelt.)
1959: Produktion in Deutschland
Die erste Produktion außerhalb der USA baut HP 1959 in Deutschland auf. Hier hat das amerikanische Unternehmen die meisten Kunden im europäischen Geschäft. Die Standortentscheidung für Baden-Württemberg ist angeblich eine Entscheidung gegen Bayern: In München soll ein Ministeriumsvertreter bei Gesprächen mit Bill Hewlett die bayerische Lebensart mit deftiger Brotzeit und Bier allzu sehr gelobt haben. Der Amerikaner war aber mehr an Produktivität als an Lebensgenuss interessiert und entschied sich deshalb für das als tüchtig und arbeitsam geltende Schwaben.
1962: Böblingen verantwortet das Softwaregeschäft
Der nächste Umzug steht im Jahr 1962 an: Über 150 Mitarbeiter ziehen in das HP-eigene Werk in der Herrenberger Straße, an der noch heute der Sitz der deutschen Tochter liegt. Im Jahr 1963 wächst die technologische Bedeutung der deutschen GmbH: Böblingen baut eine Entwicklungsabteilung auf.
1966: Marktpremiere des ersten HP-Computers
1967 zeigt HP Deutschland, dass das Unternehmen nicht nur technologisch an der Spitze stehen will und führt als internationaler Vorreiter flexible Arbeitszeiten ein. Stechuhren haben ausgedient, auch in der Produktion. In den USA führt HP ein solches Arbeitszeitmodell erst sechs Jahre später ein.
1972: Der Taschenrechner hält Einzug
Mit dem HP-35 bringt Hewlett-Packard 1972 den ersten wissenschaftlichen Taschenrechner der Welt auf den Markt, zwei Jahre später kommt der erste programmierbare Taschenrechner dazu, der HP 65.
1977: Miniaturisierung mit dem HP-01
n der Elektronik treibt HP die Miniaturisierung voran und bringt 1977 eine Art Personal Digital Assistant fürs Handgelenk heraus: Die HP-01 trägt sich wie eine Armbanduhr, zeigt aber nicht nur die Uhrzeit an, sondern dient auch als Taschenrechner und Kalender.
1980: Der erste Personal Computer HP 85
Im Jahr 1980 bringt HP seinen ersten Personal Computer auf den Markt, den HP 85. Mit kleinem Bildschirm und schmalem Druckwerk erinnert er noch stark an eine Schreibmaschine. Für die deutsche Tochtergesellschaft gewinnt das Softwaregeschäft an Bedeutung: Die GmbH übernimmt die Verantwortung für Entwicklung und Vermarktung von Anwendungssoftware im CAD/CAM-Bereich und behält sie auch bis zur Abspaltung des Geschäftsbereichs im Jahr 2000.
1988: Die fetten Druckerjahre kommen
Ab 1988 beliefert Hewlett Packard mit seinem Tintenstrahldrucker HP DeskJet den Massenmarkt, ab 1991 auch mit einem Farbdrucker, dem DeskJet HP 500C.
1993: Jörg Menno Harms prägt HP Deutschland
Im Jahr 1993 übernimmt Jörg Menno Harms den Vorsitz in der Geschäftsführung der HP GmbH. Bis heute ist er dem Unternehmen verbunden und hat den Vorsitz des Aufsichtsrats inne. Die ersten x86-Server von HP kommen unter dem Namen ProLiant auf den Markt.
1998: Jordana - der erste PDA
Mit dem HP Jornada PDA baut Hewlett-Packard 1998 seinen ersten echten Personal Digital Assistant.
2001: Fusion mit PC-Hersteller Compaq
Eine weitere Änderung äußert sich 2001 in der Gründung von HP Services. Der Computerhersteller will stärker auch mit Dienstleistungen Geld verdienen und bietet jetzt Consulting, Outsourcing, Support und Solution Deployment Services an. Das Internet und elektronische Dienstleistungen bilden den Kern der neuen HP-Strategie. Nach dem Abschluss der Übernahme von Compaq geht auch in Deutschland das neue Unternehmen HP am 3. Mai an den Start.
2004: Geschäftsfeld IT-Services wird ausgebaut
Das Unternehmen erweitert sein Angebot für Privatanwender um digitale Unterhaltungstechnik vom Fotodrucker bis zum Personal Media Drive. Im selben Jahr macht HP einen großen Schritt in Richtung Dienstleister und schließt zum 1. April 2004 die Akquisition von Triaton ab, dem von ThyssenKrupp ausgegründeten IT-Dienstleister des Stahlkonzerns.
2005: HP feuert Fiorina und holt Mark Hurd
Der Verwaltungsrat entlässt 2005 die Konzernchefin Carleton Fiorina. Ihr Compaq-Deal bleibt umstritten. Ihr Versuch, Konkurrenten wie Dell im unteren und IBM im oberen Leistungsbereich des IT-Geschäfts anzugreifen, gilt als wenig erfolgreich. Ihr Nachfolger wird Mark Hurd, Chef der NCR Corporation.
2008: EDS-Übernahme macht HP zum Servicegiganten
Mit dem Zukauf von einer ganzen Reihe an Unternehmen will HP sein Geschäft in den Bereichen Software und Services stärken. 2008 übernimmt HP schließlich für 13,9 Milliarden Dollar den IT-Dienstleister EDS, nach der Compaq-Übernahme der zweitgrößte Deal der Unternehmensgeschichte. EDS beschäftigte damals knapp 120.000 Mitarbeiter, die einen Umsatz von 21,3 Milliarden Dollar erwirtschafteten. HP wird damit im Dienstleistungsgeschäft zu einem absoluten Schwergewicht mit 210.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 38 Milliarden Dollar.
2009: HP kauft den Networking-Spezialisten 3Com
Seine Netzwerkkompetenz baut HP schließlich 2009 durch die Akquisition der 3Com Corporation aus. In Deutschland übernimmt zum 50-jährigen Bestehen der HP GmbH Volker Smid den Vorsitz in der Geschäftsführung. Er leitet bis heute die Deutschland-Tochter.
2011: eBay-Chefin Meg Whitman übernimmt das Ruder
Der Verwaltungsrat ist gegen Apotheker und holt eBay-Chefin Meg Whitman. Seit dem 22. September 2011 ist sie CEO von HP. Sie geht einen anderen Weg, sieht das Hardwaregeschäft als wichtiges Standbein. Mittlerweile hat sie HP einen harten Sparkurs verordnet. Die Geschäftszahlen für 2012 waren noch katastrophal: Bei einem Umsatz 120,4 Milliarden Dollar machte HP einen Verlust von 12,7 Milliarden Dollar.
2013: Das PC-Geschäft bricht ein
Unter Whitman will HP wieder in die technologische Offensive gehen. Neue Produkte rund um Cloud Computing, Big Data und Analytics sollen helfen, das Runder herumzureißen. Sie sollen das wegbrechende PC-Geschäft kompensieren helfen. HP ist zwar noch Marktführer, doch die PC-Verkäufe sind im ersten Quartal 2013 um fast 24 Prozent abgesackt.
2014: Die Aufspaltung kommt
Anfang Oktober 2014 nimmt der einstige Branchenprimus Anlauf für den finalen Befreiungsschlag: Bis November 2015 soll der Konzern durch einen Aktiensplitt aufgeteilt werden in HP Inc. als Anbieter von Personal Computern und Drucker sowie in Hewlett-Packard Enterprise (HPE) mit Unternehmenslösungen für Infrastruktur, Software und Services.
2015: Neues Enterprise-Logo
Im April stellt Hewlett-Packard Enterprise sein neues Logo vor.