Cloud Computing Trends 2017

IaaS bleibt der Wachstumsmotor für die Cloud

06.01.2017 von Wolfgang Herrmann
Für viele Markbeobachter war 2016 das Jahr, in dem Cloud Computing den Durchbruch in der klassischen Enterprise-IT geschafft hat. Das größte Wachstumspotenzial sehen sie im Segment Infrastructure as a Service (IaaS).

Für die drei "Hyperscaler" im Cloud-Geschäft, AWS, Microsoft und Google, war 2016 ein gutes Jahr. Die Umsätze wuchsen kräftig und immer mehr Unternehmen zeigten sich bereit, ganze Rechenzentren zu schließen und selbst geschäftskritische Workloads in die Cloud zu verlagern. Was wird 2017 bringen? Lesen Sie, was die großen Marktforscher für den IaaS-Markt prognostizieren.

Bis zum Jahr 2020 wird der Cloud-Markt weltweit ein Umsatzvolumen von 236 Milliarden Dollar erreichen, prognostiziert Forrester.
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Trend 1: Die Umsätze wachsen weiter

Forrester Research rechnet für den gesamten Cloud-Markt mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 22 Prozent. Die weltweit getätigten Umsätze sollen demnach 2017 auf 146 Milliarden Dollar steigen. 2015 lag der Wert noch bei 87 Milliarden Dollar, bis zum Jahr 2020 könnte der weltweite Cloud-Markt auf ein Volumen von 236 Milliarden Dollar wachsen. Das Segment Infrastruktur und Plattformen legt mit einer durchschnittlichen Rate von 35 Prozent noch schneller zu als der SaaS-Bereich und wird Forrester zufolge 2017 ein Umsatzvolumen von 32 Milliarden Dollar erreichen.

"Der Markt wächst schneller, als wir das noch 2014 erwartet hatten", kommentiert Forrester-Analyst Dave Bartoletti die Entwicklung. "Wir mussten unsere Prognosen nach oben korrigieren." Cloud-Konzepte verbreiteten sich in Unternehmen sogar rascher als einst Virtualisierungstechniken.

Trend 2: Die Cloud 2.0 erscheint am Horizont

Angesichts des massiven Wachstums sieht IDCs Chefanalyst Frank Gens bereits die "Cloud 2.0" am Horizont. Nach seiner Einschätzung bewegen sich Cloud-Szenarien weg vom Experimentierstadium und hin zu einem massenhaften Einsatz in Unternehmen. Bis 2018 würden 60 Prozent der Enterprise IT Workloads off-premises abgewickelt, prognostiziert er. 85 Prozent der Unternehmen verfolgten dabei eine Multi-Cloud-Strategie. Eine gute Nachricht hat Gens auch für die zahlreichen Channel-Unternehmen, die sich ein Stück vom Umsatzkuchen sichern wollen: Bis 2020 könnten die Cloud-Provider mehr als 70 Prozent ihrer Umsätze über Channel Partner beziehungsweise spezialisierte Broker generieren.

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Trend 3: Machine Learning und Künstliche Intelligenz

Wer den einen großen Trend sucht, der die Strategien der Cloud-Provider 2017 prägt, wird schnell fündig. Alle drei Cloud-Giganten stürzen sich auf die Themen Machine Learning und Künstliche Intelligenz (Artificial Intelligence, AI) und kündigten entsprechende Services oder gleich ganze Plattformen an. Google beispielsweise präsentierte mit TensorFlow eine Open-Source-basierte Machine-Learning-Platform, Microsoft stellte ebenfalls eine Cloud-basierte Plattform für Machine Learning vor. Amazon Web Services (AWS) kündigte auf seiner Konferenz re:Invent neue Machine-Learning-Services an. 2017 sind weitere Dienste dieser Art zu erwarten. Die zentrale Botschaft lautet in vielen Fällen: Auch für nicht spezialisierte Softwareentwickler wird es künftig einfacher, solche Technologien zu nutzen und in ihre Cloud-Anwendungen zu integrieren.

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Trend 4: Serverless Computing

Ein relativer neuer Trend, der 2015 aufkam und 2016 an Bedeutung gewann, heißt Serverless Computing. Dahinter steckt die Idee, Anwendungen zu entwickeln, ohne dabei die Provisionierung von Infrastruktur-Ressourcen zu berücksichtigen. Der Entwickler muss sich nicht mehr direkt mit den zur Ausführung benötigten Servern beschäftigen. Diese Aufgabe übernimmt der Cloud-Service eines Anbieters. Der Programmierer lädt einfach seinen Code hoch und der Cloud-Service erledigt die Administration der dafür erforderlichen Serverinfrastruktur inklusive der Server- und Betriebssystemwartung.

AWS hat dazu bereits 2015 seine Lambda-Platform vorgestellt; Microsoft zog mit Azure Functions nach. Seit kurzem ist auch der Serverless-Computing-Dienst OpenWhisk von IBM auf der Bluemix-Plattform des Anbieters verfügbar. Trotz solcher Angebote befindet sich Serverless Computing nach Einschätzung von Experten noch in einem frühen Stadium. Für 2017 seien weitere Dienste und mehr Einsatzszenarien, insbesondere im IoT-Umfeld, zu erwarten.

Trend 5: Container

Während Serverless Computing und Machine Learning 2016 noch als neue Trends wahrgenommen wurden, haben Container-Techniken längst Einzug gehalten in gängige Cloud-Architekturen. Glaubt man einschlägigen Vorhersagen, wird 2017 geprägt sein von Container-Management-Plattformen. Orchestrierungssysteme wie Kubernetes und spezialisierte Tools für Container Networking, Security und Storage dürften an Bedeutung gewinnen und die hergebrachte Unternehmens-IT ergänzen.

Wenig überraschend haben die großen Cloud-Provider auch in diesem Bereich längst eigene Angebote im Portfolio. Google beispielsweise offeriert seine Container Engine, AWS den Elastic Container Service und Microsoft den Azure Container Service. Bisher setzen erst zehn Prozent der Unternehmen Container produktiv ein, schätzt Forrester-Analyst Bartoletti. Ein Drittel teste einschlägige Systeme. Die Zahl der produktiven Nutzer dürfte 2017 deutlich zunehmen.

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Trend 6: Private Cloud und Hyperconverged Infrastructure wachsen zusammen

Auch jenseits der Public Cloud ist der Markt in Bewegung. Innerhalb der klassischen On-Premise-IT-Infrastruktur der Unternehmen kommt es immer häufiger zu "tektonischen Verschiebungen", wie es einige Analysten ausdrücken. Forrester Research etwa prognostiziert eine Entwicklung weg von klassischen Private-Cloud-Suiten und hin zu schlankeren, kostengünstigeren Lösungen, die auch PaaS-Features, Cloud-Management und Container-Support beinhalten.

In der Praxis setzen Unternehmen beim Aufsetzen einer Private Cloud zunehmend auf das Konzept der Hyperconverged Infrastructure, sprich schlüsselfertige Systeme, die Compute Power, Netzwerk- und Speicherkomponenten integrieren. In diese Kategorie fällt auch der von Microsoft angekündigte Azure Stack, der die Vorteile der Azure-Public-Cloud in die On-Premise-Welt bringen soll. Man darf gespannt sein, wie diese Option bei Unternehmen ankommt. Azure Stack soll im Laufe des Jahres 2017 allgemein verfügbar sein.

Trend 7: Hybrid Cloud - das Sprungbrett in die Public Cloud

Trotz der Initiativen in Sachen Private Cloud sehen einige Marktbeobachter dieses IT-Betriebsmodell nur als Übergangslösung. Auf lange Sicht bringe nur ein konsequenter Public-Cloud-Ansatz die vielzitierten Größen- und damit auch Kostenvorteile, argumentiert beispielsweise Gartner. Die meisten Unternehmen bauen vor diesem Hintergrund eine Hybrid Cloud. Workloads, die innerhalb einer Private Cloud installiert sind, sollen zumindest theoretisch auch in einer Public Cloud lauffähig sein. Microsoft etwa setzt seit dem Launch von Azure im Grunde auf eine Hybrid-Cloud-Strategie.

Der Public-Cloud-Riese AWS dagegen hat die Bedeutung von Private und Hybrid Clouds lange ignoriert. Inzwischen bewirbt der Branchenprimus diverse Services, die Unternehmen den Weg in die öffentliche Wolke erleichtern sollen. Auch die Kooperation mit VMware war ein Schritt in diese Richtung. Auf der Konferenz re:Invent demonstrierte AWS besonders öffentlichkeitswirksam, wie Unternehmen die Cloud-Transformation angehen können. Wer den neuen Service "Snowball" bucht, kann bis zu 10 Petabyte Daten von einem schneeweißen Amazon-LKW abholen lassen, der diese in ein AWS-Rechenzentrum transportiert.

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Trend 8: Cloud-Management wird noch wichtiger

Wer mehr Workloads in die Cloud transferiert, sollte die Nutzung der Services umso genauer messen. Das Management von IaaS-Ressourcen liegt in der Verantwortung des Kunden, sagt Forrester dazu. Sie müssten beispielsweise sicherstellen, dass virtuelle Maschinen nicht "überprovisioniert" und nicht genutzte VMs abgeschaltet werden. Eine wachsende Zahl von Dienstleistern hat sich darauf spezialisiert, Unternehmen bei der Nutzung und Verwaltung von Cloud-Plattformen zu unterstützen. Aber auch der Markt für einschlägige Tools wird weiter wachsen. Das komplexe Thema Cloud Management samt den dazugehörigen Tools und Frameworks dürfte 2017 weiter an Bedeutung gewinnen.

Systeme für Hybrid Cloud Management
Accenture Cloud Platform
Die "Accenture Cloud Platform" bietet eine zentrale Sicht auf Nutzungsdaten und Abrechnungsinformationen.
Atos Canopy
IT-Dienstleister Atos vermarktet seine Cloud-Management-Lösung unter der Marke Canopy auch als Teil von Cloud-Transformationsprojekten.
Capgemini
Capgeminis "Cloud-Choice"-Portfolio umfasst auch einen Self-Service-Marktplatz für Benutzer.
CGI Unify360
Das Management-Framework “Unify360 Hybrid Cloud Management” kombiniert kommerzielle Softwareprodukte mit Open-Source-Lösungen.
Cognizant Cloud360
Cognizants Cloud-Management-Plattform "Cloud360" bietet Orchestrierungs- und Governance-Funktionen.
CSC Agility Platform
Die „Agility Platform“ von CSC basiert auf einem Produkt der 2013 zugekauften Softwareschmiede ServiceMesh.
EPAM Cloud Orchestrator
Der EPAM Orchestrator beinhaltet unter anderem einen Cloud Integration Layer.
Fujitsu Cloud Services Management
Fujitsus “Cloud Services Management” verwaltet Public- und Private-Cloud-Ressourcen.
HCL MyCloud
HCL „MyCloud“ lässt sich mit ITSM-, Automation- und Monitoring-Tools verbinden.
HPE Cloud Service Automation
HPE Cloud Service Automation unterstützt sowohl HPEs eigene Private-Cloud-Systeme als auch Public-Cloud-Infrastrukturen von Drittanbietern.
IBM cloudMatrix
Im Rahmen seiner „Brokerage Services“ vertreibt IBM die mit Gravitant übernommene Brokerage-Lösung „cloudMatrix“.
Infosys IMS
Seine Hybrid-Cloud-Lösung Infrastructure Management Services (IMS) offeriert Infosys ausschließlich als Managed Service.
Tata ICMP
Tata Consultancy Services entwickelte seine Integrated Cloud Management Platform (ICMP) in Eigenregie. Sie enthält unter anderem ein Dashboard für die Kostenkontrolle.
Tech Mahindra mPAC
Die „Managed Platform for Adaptive Computing“ (mPAC) von Mahindra verwaltet Public- und Private-Cloud-Services und bietet diverse Abrechnungsfunktionen.
T-Systems CIC
Das Cloud Integration Center (CIC) von T-Systems basiert zu großen Teilen auf Software von Hewlett-Packard Enterprise (HPE).
Unisys CMP
In seiner „Cloud Management Platform“ (CMP) verwendet Unisys unter anderem Komponenten von ServiceNow und Cloudify.
UST Global FogPanel Cloud Hub
Das „FogPanel Cloud Hub“ von UST Global bietet Orchestrierungs-, Brokerage- und Abrechnungsfunktionen.
Wipro BoundaryLess Data Center
„BoundaryLess Data Center“ nennt Wipro sein Framework für die Integration und Verwaltung komplexer IT-Infrastrukturen.

Trend 9: Neue Data Center für die Public Cloud

Das anhaltende Wachstum im IaaS-Markt führt dazu, dass vor allem die großen Anbieter verstärkt in neue Data Center rund um den Globus investieren. Dabei geht es nicht nur um schiere Größe, sondern in vielen Fällen auch um das Thema Compliance. Wer etwa seine Cloud-Daten innerhalb Deutschlands oder der EU halten will oder muss, kann inzwischen auch auf entsprechende RZ-Standorte oder Availability Zones zurückgreifen.

Allein im Oktober 2016 haben alle drei Branchenschwergewichte angekündigt, IaaS-Kapazitäten in neuen Regionen aufzubauen. AWS startete mit einer Region im US-Bundesstaat Ohio und kündigte einen weiteren Standort in Frankreich an. Dort will auch Microsoft aktiv werden. Google plant eigenen Angaben zufolge, 2017 im Durchschnitt jeden Monat eine neue Region für seine Cloud-Dienste einzurichten.

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Trend 10: Konsolidierung im Cloud-Markt - gibt es bald nur noch drei Player?

Eigentlich sprechen die Zahlen für den IaaS-Markt eine klare Sprache: die mächtigen Player vom Schlage AWS, Microsoft und Google werden scheinbar immer größer. Trotzdem stellen sich einige Branchenbeobachter die Frage, ob das auf Dauer so bleiben wird. Es kommt auf die Perspektive an, sagt IDC-Analyst Deepak Mohan dazu. In den USA beispielsweise sei der Markt so ausgereift, dass es für neue Teilnehmer schwer sein dürfte, größere Anteile zu gewinnen. Außerhalb der Vereinigten Staaten gebe es zum Teil aber sehr fragmentierte Märkte. Chinesische Anbieter wie Alibaba oder Tencent hätten mit ihrer internationalen Präsenz durchaus Chancen, sich ein Stück vom wachsenden Umsatzkuchen zu sichern.

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