IFA-Fernsehduell – Satellit vs. Internet

29.08.2007
Mit einem Röhrenfernseher und traditionellem Kabelempfang gehört man zu einer aussterbenden Spezies – zur IFA drücken die Anbieter von Satelliten- und Internet-Diensten mächtig auf die digitale TV-Tube.

Die IFA schiebt den digitalen Fernsehempfang in Deutschland an. Zur Funkausstellung in Berlin startet die neue Satelliten-Plattform Entavio, die mit einheitlichen Empfangsgeräten das "Boxenchaos" im Wohnzimmer beenden soll. Die Deutsche Telekom hält dagegen und will ihr Internet-Fernsehangebot massiv ausbauen. Von den gut 37 Millionen deutschen Haushalten empfängt bisher nur etwa ein Drittel die TV-Programme digital - es ist also noch ein großer Markt zu verteilen. Die IFA schafft in diesem Jahr dank des Booms in der Unterhaltungselektronik einen Ausstellerrekord. Die weltgrößte Branchenschau startet am Freitag mit 1212 Unternehmen aus 32 Ländern. Die Branche rechnet sich auch für das kommende Jahr ein starkes Wachstum aus.

Während bisher mehrere Receiver nötig wären, um das gesamte Angebot an Satelliten-Programmen zu empfangen, sollen die Verbraucher mit Entavio dauerhaft mit nur einer Box auskommen. Sofern man nur frei empfangbare Sender sehen will, entstünden abgesehen vom Kauf eines neuen Receivers nach derzeitigem Stand keine zusätzlichen Kosten, erklärte Entavio-Betreiber SES Astra am Mittwoch. Allerdings heißt es, eine eventuelle Gebühr für den digitalen Empfang auch von Free-TV-Programmen - die so genannte "Grundverschlüsselung" – sei Sache der Sender. Diese hatten Pläne dafür nach Gegenwind der Kartellwächter zwar auf Eis gelegt, Spekulationen über neue Versuche tauchen aber immer wieder auf.

Für das Pay-TV-Angebot wird bei Entavio eine monatliche Gebühr von 1,99 Euro fällig. Bisher ist von den Bezahlsendern Premiere an Bord, mit weiteren werde verhandelt. Ein weiteres Entavio-Angebot soll der Handy-Dienst Blucom werden. Damit können Handys über Bluetooth mit dem Entavio-Receiver verbunden werden, um interaktive Angebote der Sender zu nutzen.

Satelliten-Übertragungen dominieren derzeit bei digitalem TV in Deutschland mit einem Anteil von gut 64 Prozent. Die Telekom setzt dagegen auf das Internet-Fernsehen, um ihr schwächelndes Festnetzgeschäft in Deutschland zu stabilisieren. Um das Angebot schneller populär zu machen, soll es künftig auch über das aufgerüstete DSL-Netz übertragen werden. Die Reichweite steigt damit deutlich an, denn das Hochgeschwindigkeitsnetz VDSL deckt nur 27 Städte ab. Mit dem aufgerüsteten DSL-Netz kommen weitere 750 Städte hinzu. "Bis Ende 2007 können über 17 Millionen Haushalte unser Highspeed-Netz nutzen", sagte Festnetz-Vorstand Timotheus Höttges. Bis Jahresende will Telekom-Chef René Obermann 100.000 bis 200.000 Nutzer haben, derzeit liegt die Zahl nur im fünfstelligen Bereich.

Das Internet-TV-Programm umfasst neben Spielen der Fußball-Bundesliga eine Video-Bibliothek und das zeitversetzte Abrufen von Fernsehfilmen. Insgesamt sind 145 Programme über das Netz der Telekom verfügbar. Bei der Übertragung der Bundesliga kooperiert die Telekom mit dem Bezahlsender Premiere. Obermann stellte auch neue Bündeltarife (Telefon, Internet, Medieninhalte) vor, die mit 60 bis 75 Euro im Monat um rund 16 Prozent unter den bisherigen liegen.

Die Unterhaltungselektronik-Branche geht überaus zuversichtlich in die diesjährige IFA. In den zehn wichtigsten europäischen Ländern soll der Umsatz 2007 für reine Unterhaltungselektronik um 5,3 Prozent auf 62,3 Milliarden Euro steigen, berichtete der IFA-Veranstalter gfu. In Deutschland rechnen die Hersteller mit einen Plus von 4,6 Prozent auf 14 Milliarden Euro. Mit privat genutzter Kommunikations- und Informationstechnologie werde mit einem Umsatzplus von zwei Prozent auf über 23 Milliarden Euro gerechnet. Wachstumsträger sind flache LCD-Fernsehgeräte, digitale Kameras, MP3-Player, Navigationsgeräte sowie Videospiele, Mobiltelefone und Notebooks. (dpa/ajf)