Mobile Telekommunikation

Immer mehr Teil der IT-Strategie

21.07.2010 von Ima Buxton
Anzeige  Unternehmen setzen verstärkt auf die mobile Telekommunikation. Der drahtlose Datentransfer eröffnet Firmen wie Mitarbeitern ganz neue Möglichkeiten der Arbeitsorganisation, aber auch der Abwicklung von Business-Prozessen. Nikolaus Mohr, Geschäftsführer im Bereich Communications & High Tech bei Accentur, über die Zukunft der mobilen Arbeit.
Nikolaus Mohr, Geschäftsführer im Bereich Communications & High Tech bei Accenture.
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Mobile Applikationen finden in der Arbeitswelt immer mehr Verbreitung. Über welche Arten von Anwendungen sprechen wir eigentlich, wenn wir uns mit dem Thema mobile Arbeitswelt befassen?

Mohr: Grundsätzlich lassen sich zwei zentrale Bereiche unterscheiden. Beim klassischen mobilen Arbeiten nutzen die Mitarbeiter mobile Geräte, die das virtuelle dezentrale Arbeiten von zu Hause oder von unterwegs ermöglichen. Dieser Kreis mobiler Business-Applikationen umfasst im Wesentlichen sechs verschiedene Anwendungsarten: mobile E-Mail, mobile Office-Anwendungen, Kommunikation, Collaboration, Desktop-Remote-Services sowie der Vollzugriff auf Backend-Systeme, was etwa die Rechnungsstellung durch Außendienstmitarbeiter ermöglicht.

Im weiteren Sinne gehören zur mobilen Arbeitswelt aber auch völlig neue Anwendungen, die auf spezielle Industrien zugeschnitten sind und direkt die Erreichung von Business-Zielen unterstützen: mobile Ticketing-Systeme etwa, die Telematik oder mobile E-Health-Anwendungen. Dieser Bereich hat eine Reihe neuer Produkte hervorgebracht, die zu einer ganz neuen Preisfindung führen, und die Art und Weise, wie sich Industrien entwickeln, maßgeblich verändern wird.

Die junge Generation erwartet modernste Arbeitsplätze

Sind deutsche Unternehmen Up-to-Date beim Einsatz mobiler Arbeitsgeräte?

Mohr: Sofern Unternehmen mobile Arbeitsformen zulassen, statten sie ihre Mitarbeiter auch mit den entsprechenden Geräten aus. Ob es sich dabei immer um die neuesten Devices handelt, hängt stark vom einzelnen Unternehmen ab.

Doch der Druck steigt: Für die junge Generation sind State-of-the-Art-Technologien nämlich ein starkes Motiv, sich für einen bestimmten Arbeitgeber zu entscheiden. Einer Accenture-Untersuchung zufolge ist für 70 Prozent der bis 30-Jährigen für die Wahl des nächsten Arbeitgebers entscheidend, ob dieser modernste Geräte einsetzt. Diese jungen Menschen sind es einfach gewohnt, neueste Technik zu verwenden. Beim Wettbewerb um die Talente wird der Einsatz moderner Technologien und die Möglichkeit, mit den neuesten Geräten mobil arbeiten zu können, für Unternehmen klar ein Erfolgsfaktor sein.

Wie reagieren die Unternehmen hierzulande auf diese gestiegenen Ansprüche?

Mohr: In Deutschland hängt das stark vom Einzelbetrieb ab - einige Unternehmen berücksichtigen diese Ansprüche noch nicht so, wie die Mitarbeiter das fordern. Diejenigen, die es tun, neigen indes dazu ihr Licht unter den Scheffel zu stellen. In den USA beispielsweise vermarkten die Firmen Themen wie die Arbeitsplatzausstattung viel offensiver.

Ist der Einsatz mobiler Telekommunikationslösungen in Unternehmen eine Kostenfrage?

Mohr: Unternehmen winken bei derartigen Projekten oft aus Kostengründen ab. Doch Budgetgründe dürfen nicht als absolutes Kriterium gelten. Aber die Entscheidung für oder gegen mobile TK-Lösungen ist mehr und mehr eine Frage des Business Cases.

In vielen Unternehmen bedeutet die Auseinandersetzung mit mobilen TK-Lösungen eine Verschiebung des mentalen Vorstellungsrahmens. Interne Leistungen rund um das Handy wurden lange Zeit als "Hausmeisterjob" betrachtet. Telekommunikation gehört aber heute immer mehr zur IT-Strategie eines Unternehmens und eröffnet darüber hinaus immer häufiger auch Möglichkeiten für mobiles Arbeiten.

Automation-Tools eröffnen Einsparpotenziale

Kann das mobile Büro Unternehmen helfen, Kosten zu sparen?

Mohr: Die Einführung moderner mobiler Arbeitsplätze findet immer auch unter Effizienzaspekten statt und ermöglicht Einsparungen etwa im Office-Space. Hier bei Accenture gibt es für die Berater beispielsweise keine zugewiesenen Arbeitsplätze mehr. Wenn ich in einer unserer Niederlassungen arbeiten möchte, buche ich über unser Reservierungssystem ein Büro, das ich vor Ort über den Check-in-Schalter zugewiesen bekomme. Im Augenblick arbeite ich gerade von zu Hause aus.

Einsparungen finden aber auch etwa im Vertriebsbereich mithilfe von Automation-Tools statt, die zum Beispiel automatisch Auftragsbestätigungen oder Rechnungen erstellen. Dort sind Zugewinne von 20 bis 40 Prozent möglich, weil die Prozesse auf diese Weise deutlich vereinfacht werden.

In der Industrie sind auf Basis mobiler Anwendungen sogar ganz andere Kostenstrukturen möglich. Beispiel: Die zentrale, virtuelle Auswertung und Diskussion medizinischer Befunde für Arztpraxen und moderne OP Methoden.

Und wie sollten Unternehmen auf die höheren Sicherheitsanforderungen in der mobilen Telekommunikation reagieren?

Mohr: Hackerangriffe bekommen aufgrund der zahlreichen Zugangskanäle der Mitarbeiter zu Unternehmensdaten eine ganz andere Qualität. Natürlich müssen dafür die entsprechenden Sicherheitslösungen für Netzwerke, Geräte und Applikationen implementiert werden. Ganz wichtig ist es aber auch, Mitarbeiter aufzuklären und zu mehr Verantwortung für ihre mobilen Geräte vom Handy bis zum USB-Stick anzuhalten und diese virtuellen Geräte ihrerseits sicher zu machen.

Keine festen Arbeitszeiten mehr

Gibt es auch gesellschaftliche Veränderungen, die das "mobile Arbeiten" antreiben?

Mohr: Generell ist auf Seiten der Mitarbeiter der Wunsch nach mehr Flexibilität und Mobilität am Arbeitsplatz vorhanden, unter anderem um Familie und Beruf besser in Einklang zu bringen und um ganz allgemein selbstbestimmter arbeiten zu können.

Für die Unternehmen erfordert dies, entsprechende Konzepte zu entwickeln, um Mitarbeiter und Unternehmen in gutem Kontakt miteinander zu halten. Das führt beispielsweise dazu, dass Mitarbeiter keine festen Arbeitszeiten mehr haben, sondern vielmehr ergebnisorientiert gemanagt werden: Entscheidend ist, dass der Kunde zufrieden ist, und die Qualität des Arbeitsergebnisses stimmt.

Das heißt aber auch, dass nicht jeder Job mobiles Arbeiten zulässt, auch wenn viele Firmen hier schon sehr innovativ sind: Selbst klassische "feste" Jobs wie der Empfang im Eingangsbereich werden in einigen Betrieben inzwischen mobil, indem der Besucher über einen Monitor identifiziert wird, der das Geschehen vor Ort an einen ganz anderen Ort übertragen kann.

Wohin wird sich das mobile Arbeiten in den nächsten 5 Jahren entwickeln?

Mohr: Das mobile Arbeiten wird an Bedeutung zunehmen, wenn sich auch in den nächsten fünf Jahren die Business-Welt sicher nicht dramatisch verändern wird. Aber mittelfristig werden das mobile Arbeiten und der Einsatz von mobilen Business-Lösungen Common Sense sein. Das heißt wir werden immer virtueller, immer mobiler und immer flexibler arbeiten. Unternehmensgebäude werden sicher auch weiterhin gebraucht, aber sie werden flexibler aufgebaut sein müssen. Möglicherweise sind die Firmen selbst gar nicht mehr Eigentümer, sondern nur noch Mieter, die von heute auf morgen nach Bedarf Räume buchen.