Apptest

iMovie für das iPad 2 im Test

21.02.2012 von Thomas Pelkmann
Das iPad 2 hat zwei Kameras - das schreit nach einem Videoschnittprogramm wie iMovie. Lesen Sie, was die App wirklich kann.

Auf dem Original-Pad funktioniert iMovie leider nicht, hier versagt das Videoschnittprogramm seine nützlichen Dienste. Immerhin handelt es sich um eine Univeralapp, die auch auf dem iPhone 4 und dem vierten iPod Touch läuft. Wer iMovie schon von Mac-OS X kennt, hat wenig Probleme, die App zu verstehen. Aber auch Jungregisseure, die sich nie zuvor mit dem Videoschnitt beschäftigt haben, finden sich schnell zurecht. Man startet hier in der Projektübersicht, in der man neue Projekte anlegen, vorhandene bearbeiten oder fertige Filme abspielen und auf gängige Plattformen wie Youtube, Facebook oder Vimeo verteilen kann. Auch iTunes und der iPad-Bilderordner können den fertigen Schnitt entgegen nehmen.

Das Regiepult

Der Schnittplatz von iMovie: Wenige Bedienelemente, wenige Gestensteuerungen, aber alles da, was man für schnellen Schnitt benötigt.

Der Editor ähnelt dem von iMovie für OS X, ist aber auch für Neulinge schnell zu verstehen: Links oben sieht man das vorhandene Film- und (nach Klick auf das Kamerasymbol darunter) Fotomaterial. Über das Notensymbol erreicht man dort die Übersicht über die Toneffekte und die Musik. Rechts ist das Vorschaubild auf das bisher produzierte Schnittmaterial zu sehen, im unteren Drittel des Bildschirms befindet sich die eigentliche Schnittspur. Sie zeigt die Einzelsequenzen, die Übergänge zwischen den Szenen und – im grünen Rahmen – das verwendete Thema (dazu unten mehr).

Unterhalb von Medienübersicht und Vorschaufenster findet man ein Mikrofon- und ein Kamerasymbol neben dem Symbol zum Einblenden der Tonspur und dem Abspielsymbol. Über das Mikro kann man fertige Schnittbilder mit einem Sprechertext versehen, der sich über die vorhandene Tonspur des Clips oder die Musik legt ("Ducking"). Die Kamera ruft die gleichnamige App in iMovie auf, so dass man fehlende Szenen direkt in iMovie nachdrehen kann. Ein Symbol fehlt noch: Über das Zahnrad oben rechts gelangt man zu den Projekteinstellungen. Hier kann man für den ganz schnellen Schnitt Themen auswählen, die sich zum Beispiel auf die Titelmusik, die Szenenübergänge, Schriften und bestimmte visuelle Effekte auswirken.

Mit dem Finger geschnitten

Um einen Abschnitt aus dem Rohmaterial in den Film zu übernehmen, wählt man ihn einfach mit dem Finger aus. iMovie zieht dann einen gelben Rahmen mit zwei Punkten um das Material. Über diese Punkte kann man den Clip sekundengenau stutzen, bevor man ihn in die Schnittspur zieht. Dies kann man auch noch in der Schnittspur erledigen. Hat man Start- und Endpunkt einer Szene definiert, fügt man sie über einen Fingertipp auf die Vorschau in die Schnittspur ein. Möchte man die Reihenfolge der Szenen ändern, ist auch das ganz einfach: Man wählt den Clip in der Schnittspur an und verschiebt ihn an eine andere Stelle.

In den Projekteinstellungen bietet iMovie verschiedene Themen an, die den Schnitt erleichtern.

Allerdings funktioniert das in der Spur nur clipweise, also nicht innerhalb eines Clips. Aber auch dafür gibt es einen Weg: Man fährt die rote senkrechte Linie an die Stelle innerhalb eines Clips, an der man eine neue Szene einfügen möchte, berührt diese Stelle einmal kurz, um sie mit einem gelben Rahmen zu markieren, und zieht dann den Finger an der roten Linie entlang nach unten. Damit teilt man den Clip und kann an dieser Stelle eine neue Szene einfügen.

Übergangstechnologien

Zwischen den Szenen in der Szenenspur deutet iMovie die Übergangsfunktionen an. Ein senkrechter Strich steht für „keine“, was im Schnitt einfach den harten Übergang von einer zur nächsten Szene bedeutet. Der Doppelpfeil zeigt die Einstellung „Überblenden“ an, mit der sich weiche Blenden zwischen zwei Szenen realisieren lassen. „Thema“ schließlich bedient sich vorgefertigter Übergänge aus den in den Projekteinstellungen gewählten Themen. Auch hier ist die Bedienung im Prinzip absolut intuitiv, bedarf aber einiger Versuche, bis man verstanden hat, wie es geht. Besonders das Überblenden zeigt sich dabei etwas zickig: Klickt man dort auf den Doppelpfeil, gelangt man in die grafische Übersicht der Funktion, wo man im Grunde wieder intuitiv festlegen kann, wo das Überblenden beginnt und wo es aufhört.

Die Übergangsdauer sowie der Start- und Endpunkt zwischen zwei Szenen können auch manuell eingestellt werden.

Innerhalb der Clips in der Schnittspur verbergen sich weitere Unterfunktionen, die man per Doppelklick erreicht. Hier kann man einen Clip löschen, wenn er nicht mehr passt, und einen anderen geografischen Ort einstellen als den, den das iPad auf Nachfrage beim Benutzer selbständig eingefügt hat. Wichtiger ist aber das Menü „Titelstil“, mit dem sich Zwischentitel in einen Clip einfügen lassen. Das Aussehen der in der Fachsprache „Inserts“ genannten Texte lässt sich nicht direkt verändern, sondern hängt mit den Themen aus den Projekteinstellungen zusammen.

Was fehlt

Apple hat seinem iMovie acht Melodien und 63 Toneffekte spendiert. Wem das nicht reicht, der kann über iTunes weitere Effekte hinzufügen. Wie man das von Apple gewohnt ist, ist das aber umständlich, weil man die Effekte erst in iTunes übertragen muss, um sie bei der nächsten Synchronisation des iPads ins Tablet zu übertragen. Na ja, möchte man leidgeprüft sagen: Hauptsache, es geht! Lästig ist aber, dass sich die Toneffekte nicht vorhören lassen, sondern nach dem Antippen gleich in die Szene hüpfen.

Die Übergangseinstellungen sind benutzerdefiniert oder richten sich nach dem Stil-Thema.

Wie beim großen Bruder iMovie für OS X braucht man sich auch in der App nicht um das Speichern seiner Filme zu kümmern. Das erledigt die App erfreulicherweise selbstätig. Apropos großer Bruder: Es ist erstaunlich, wie viele Funktionen von iMovie Apple auch in die iPad-App gekippt hat, die mit wesentlich weniger Bedienelementen auskommt, das aber bravourös meistert.

Bei der OS X-Version ist es leichter, an Clips, Musik und Fotos zu kommen, weil die interne Kommunikation mit dem System einfacher ist als beim iPad. Dazu bietet der große Bruder mehr Themen, Toneffekte und Steuerungsmöglichkeiten an, die den Schnellschnitt von Filmen etwas erleichtern; auf das vorgefertigte Material wird man aber wahrscheinlich nach ein paar Tagen Einarbeit zugunsten seines individuellen Stils verzichten wollen.

Was man im Direktvergleich aber wirklich vermisst, sind die 20 Videoeffekte des Originals, die zwar auch vorgefertigt, aber tatsächlich sehr nützlich sind. Zudem bietet iMovie für iPad auch nicht die Möglichkeit, das Videobild des Clips in Helligkeit, Kontrast, Farbumfang und Sättigung nachzubearbeiten. Das ist schade, und es bleibt zu hoffen, dass Apple dieses Manko mit einem Update beheben wird. Wenn nicht, wäre es wünschenswert, dass iMovie für iPad und sein großer Bruder zumindest miteinander kommunizieren könnten. Bei Garageband geht das: Hier kann man das auf dem iPad produzierte Material offen an das etwas leistungsfähigere Host-Programm übertragen und dort weiterbearbeiten.

Fazit:

iMovie kommt mit beeindruckend wenigen Bedienelementen und Steuergesten aus. Dennoch lassen sich mit der App schnell vorzeigbare Filme produzieren. Damit ist iMovie ein kongenialer Partner für die beiden Kameras, die das iPad 2 an Bord hat. Wenn dennoch Wünsche offen bleiben, liegt das am 1:1-Vergleich mit iMovie für OS X: Hier gibt es einige Funktionen, die man sich auch für den mobilen Schnittplatz wünscht. Aber so bleibt für Apple wenigstens noch ein bisschen Luft nach oben.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation Macwelt.