Social Media - Pleiten, Pech und Pannen

In 3 Schritten aus der Social-Media-Katastrophe

17.03.2012 von Serdar Yegulalp und Andrea König
Nur geschulte Mitarbeiter sollten für Firmen bloggen oder bei Facebook schreiben. Passieren dennoch Fehler, braucht es schnelle und klare Kommunikation.
Tritt der Ernstfall ein, sollte man keine Tatsachen vernebeln, sondern auf Transparenz achten.
Foto: imageteam, Fotolia.de

Neue Technologien bringen nicht nur neue Möglichkeiten mit sich, sondern auch ganz neue Arten zu scheitern. Gerade durch Social Media können Dinge an die Öffentlichkeit gelangen, die Unternehmen sonst vielleicht nie verlassen hätten. Serdar Yegulalp von unserer amerikanischen Schwesterpublikation Computerworld gibt Tipps, wie man Social-Media-Fehler erfolgreich ausbügelt.

Ein unüberlegter Tweet oder eine unglückliche Antwort auf einen Facebook-Eintrag können unangenehme Folgen haben, wenn sie von einem Unternehmensaccount aus gesendet werden. Damit rücken sie nicht nur das Unternehmen in ein schlechtes Licht, sondern zeigen darüber hinaus, dass man dort nicht in der Lage ist, die Social-Media-Aktivitäten der Firma wirksam zu lenken. Wie man schnell und souverän auf ein Social-Media-Problem reagiert, sollte fest in Prozessen verankert sein - am besten, bevor Probleme zum ersten Mal auftreten.

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Tipps für das Enterprise 2.0
Unternehmensinterne Social-Media-Plattformen bringen Teamarbeit und Wissens-Management auf ein neues Niveau. So gelingt das Enterprise 2.0.
Klein und früh anfangen:
Wer schon zum Start den großen Wurf plant, wird ewig planen und wenig einführen.
Pilotprojekte in Social-Media-affinen Teams:
Geeignet sind insbesondere verteilte Gruppen mit viel Projektarbeit. Sie haben einen hohen Abstimmungsbedarf und sind zugänglich für neue Kommunikationsformen.
Multiplikatoren identifizieren:
Mitarbeiter, die andere Kollegen begeistern können, sind Gold wert. Das Social Business funktioniert nur mit einer kritischen Masse.
Portale sind besser als Einzellösungen:
Wenn sich Mitarbeiter für Wikis, Foren und soziale Netze getrennt anmelden müssen, verlieren sie schnell die Lust.
Arbeitsprozesse abbilden:
Wenn Abläufe wie Urlaubsübergabe und Dokumentenbearbeitung vom sozialen Netz unterstützt werden, erschließt sich den Mitarbeitern ein Nutzen. Das fördert die Akzeptanz.
Klarnamen vorschreiben:
Wer den Umgangston in öffentlichen Diskussionsforen im Internet kennt, wird ihn sich nicht im eigenen Unternehmen wünschen. Anonymität fördert Beleidigungen und Mobbing, Klarnamen schützen davor.
Guidelines formulieren:
Wenn Geschäftsabläufe abgebildet werden, sollte klar sein, wo welche Inhalte gepostet werden sollen und dürfen.
Betriebsrat einbinden:
Social Business schafft Transparenz im Unternehmen und sollte daher mit der Arbeitnehmervertretung abgesprochen werden.
Datenschutz beachten:
Soll sich das soziale Netz auf ausländische Niederlassungen erstrecken, müssen zuvor Datenschutzbestimmungen abgeklärt werden.

Erster Schritt: den Fehler erkennen

Um schnell handeln zu können, muss man natürlich erst einmal in der Lage sein, Social-Media-Probleme als solche zu erkennen. Serdar Yegulalp nennt die folgenden Beispiele: Das kann ein Tweet einer PR-Agentur sein, die für das Unternehmen die Twitter-Kanäle betreut und sehr undiplomatisch auf einen Nutzerbeitrag antwortet. Das kann ein übereifriger Social-Media-Manager sein, der negative Kommentare von der Facebook-Fanseite des Unternehmens löscht und damit zu Recht Empörung hervorruft. Oder das Social-Media-Problem tritt durch einen Blogeintrag des CEO auf, dessen Beschreibungen einer Neuerung im Unternehmen eine Flut an Kommentaren auslösen.

Experten gehen davon aus, dass rund 60 Prozent der Social-Media-Konflikte durch die Unternehmen selbst verursacht werden. Das bedeutet aber nicht, dass man auf externe Themen nicht eingehen muss. Auch wenn ein unzufriedener Kunde oder ein ehemaliger Mitarbeiter schädliche Informationen veröffentlicht, muss man schnell und effektiv handeln.

Zweiter Schritt: handeln und entschuldigen, wenn nötig

Fand die Empörung beispielsweise auf Twitter statt, muss man dort auch mit einer ersten Antwort reagieren. Hier sollte man darauf hinweisen, dass man der Sache nachgeht und/oder an einer Lösung arbeitet, aber noch nicht ausschweifend aufklären oder sich entschuldigen. Auf diese erste Reaktion muss eine detailliertere Antwort folgen, zum Beispiel im Firmenblog. Sie sollte drei Dinge enthalten, rät Serdar Yegulalp:

Konkret und transparent bleiben

Wichtig ist, dass man Dinge nicht nur nebulös andeutet, sondern konkret und transparent anspricht. Man sollte nichts verschweigen, aber auch nicht zu sehr in die Tiefe gehen. Eine Nivea-Anzeige in einem US-Magazin verursachte diesen Sommer viele kritische Kommentare und Rassismusvorwürfe auf Facebook und Twitter. Das Unternehmen veröffentlichte auf seiner Facebook-Seite eine Entschuldigung und gab bekannt, dass die Anzeige unangemessen war und man sie nie wieder benutzen werde.

Auch wenn man den Fehler nicht selbst verursacht hat, ist eine offensive Haltung oft empfehlenswert. Erhält ein Hotel etwa eine ungerechtfertigte Negativbewertung in einem Bewertungsportal, sollte man dem Kritiker direkt antworten - wenn das möglich ist. Auch wenn man sich ungerecht behandelt fühlt, sollte man sich auf keinen Fall in die Defensive drängen lassen. Es ist besser, wenn man die Kritik anerkennt und erläutert, wie man sich verbessert hat oder verbessern möchte.

Forrester Social-Media-Tipps
Fünf Tipps für das Social Enterprise
Social Media in Unternehmen wird häufig im Rahmen von Content- und Cololaboration-Projekten eingeführt, um die Zusammenarbeit zu fördern. Damit die Tools ihre Wirkung entfalten, sollten Unternehmen folgende Ratschläge beachten.
Überdenken Sie Ihre Richtlinien
In vielen Unternehmen ist der Zugriff auf öffentliche Netzwerke wie Facebook und Twitter verboten. Das wird Mitarbeiter nicht davon abhalten, auf diese Seiten via Smartphone zuzugreifen. Forrester rät zu Richtlinien, die den verantwortungsvollen Umgang fördern. Dazu sollten aktuelle Policies so aktualisiert werden, dass sie genau beschreiben, was erlaubt und verboten ist.
Fördern Sie frühe Nutzer
Der Netzwerkeffekt von mehreren Millionen Nutzern in öffentlichen Diensten lässt sich nicht kopieren. Hilfreich ist es aber, besonders netzaffine Mitarbeiter zu ermuntern, das interne Social-Media-Profil ähnlich engagiert zu pflegen, wie sie es mit ihren öffentlichen Facebook- und LinkedIn-Seiten tun.
Nutzen Sie die Erfahrung der ­Mitarbeiter
Besonders gut vernetzte Mit­arbeiter können in intensiven Gesprächen wertvolle Hinweise geben, wie und warum sie Social-Media-Plattformen einsetzen. Dazu müssen die Verantwortlichen diese ungewöhnlich aktiven Nutzer identfizieren, und zwar unabhängig davon, ob sie auf internen und externen Plattformen unterwegs sind.
Holen Sie das Management ins Boot
Eine Social-Media-Strategie und ihre Umsetzung braucht Zeit und Ressourcen. Daher rät Forrester, die Unternehmensleitung frühzeitig zu konsultieren. Sie kann bei der Auswahl der Plattform helfen und als aktiver Anwender mit gutem Beispiel vorangehen.
Weniger ist mehr
Wichtig ist ein Tool, dass die zuvor ­formulierten Anforderun­gen der Mitarbeiter erfüllt. Mehrere parallel betriebene Lösungen sind selten hilfreich. Forresters Umfrage hat gezeigt, dass nur wenige Nutzer mehr als zwei Plattformen bedienen wollen.

Dritter Schritt: aus den Fehlern lernen und für die Zukunft planen

Serdar Yegulalp beobachtet, dass es in Unternehmen häufig an den richtigen Social-Media-Prozessen fehlt oder überhaupt keine Social-Media-Strategie existiert. Das Thema komplett zu ignorieren, funktioniert nicht. Denn gerade wenn verärgerte Kunden oder ehemalige Mitarbeiter etwas schreiben, muss man auch dann reagieren, wenn das Unternehmen vielleicht überhaupt keine eigene Facebook-Fanseite hat. Wer Social Media ablehnt, läuft darüber hinaus Gefahr, dass die jungen Talente sich andere Arbeitgeber suchen, die neuen Technologien gegenüber aufgeschlossener sind.

Ohne Social-Media-Guidelines kommt schnell Chaos auf.
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Auch Social-Media-Guidelines sollten nicht im Unternehmen fehlen, rät Serdar Yegulalp. Wer Richtlinien für das eigene Unternehmen entwickeln möchte, findet viele Beispiele im Internet. Um zukünftige Fehler zu vermeiden, sollten die Social Media-Kanäle von Unternehmen nur von Personen gepflegt werden, die speziell für diese Aufgabe geschult wurden. In den USA hatte ein Comedian beispielsweise Zugang zum Twitter-Account eines Versicherers, für den er nicht nur twitterte sondern auch in TV-Spots auftrat. Nach dem Erdbeben in Japan veröffentlichte er über den Twitter-Account einige geschmacklose Kommentare, die witzig sein sollten. Das Unternehmen, für das Japan ein wichtiger Standort ist, entließ ihn und veröffentlichte rasch eine Entschuldigung.

Neben der Pflege des eigenen Accounts ist auch das Monitoring im Internet wichtiger Bestandteil des Social-Media-Engagements von Unternehmen. Wer für dieses Monitoring keine Ressourcen hat, kann damit auch ein externes Unternehmen beauftragen, rät Serdar Yegulalp.

Schnell und transparent auf Fehler im Web 2.0 reagieren

Zusammenfassend ist es besonders wichtig, auf ein Social-Media-Problem schnell und transparent zu reagieren und es ernst zu nehmen. Wer schon im Vorfeld professionell und mit einer durchdachten Strategie Social Media nutzt, wird auch im Ernstfall souverän reagieren. Das Verhalten nach dem Fehler ist besonders wichtig. Denn jetzt geht es darum, aus dem Fehler zu lernen und es in Zukunft besser zu machen.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO. (mhr)