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IoT Connectivity – Der drahtlose Weg in die Cloud

05.06.2018 von Stefan  Ried
Das Verbinden von Sensoren und Aktoren in Gebäuden, Fahrzeugen und Industrieanlagen mit einer IoT-Cloud ist nicht einfach und erfordert Fachkenntnisse. Welche drahtlosen Technologien eignen sich am besten zum Einsatz individueller Use Cases und Problemstellungen?

Zum Themenfeld IoT-Cloud-Dienste und Edge-Technologien gibt es bereits vielfältige Studien und Whitepaper, die sich mit dem Einsatz der Technologien beschäftigen und Hilfestellungen für Entscheider geben. Die führenden Technologie-Anbieter der IoT-Cloud-Dienste, darunter Amazon, Google, IBM, Microsoft und SAP, überlassen es aber leider dem Anwender, wie seine IoT-Geräte diese Cloud-Dienste überhaupt erreichen sollen. Nur die großen Telekommunikationsanbieter bündeln oft ihre Netze und Cloud-Dienste, die sie von anderen Technologieanbietern beziehen, in komplette IoT-Angebote. Natürlich versuchen diese Telcos dabei, ihre eigenen drahtlosen Technologien in lizenzierten Frequenzbereichen zu pushen, da diese Lizenzen oftmals eine kostspielige Zukunftsinvestition waren.

Für die drahtlose Vernetzung von IoT-Devices mit der Cloud bieten sich zahlreiche Technologien an - mit Vor- und Nachteilen.
Foto: jamesteohart - shutterstock.com

Darüber hinaus gibt es aber auch einige Technologien in den nicht-lizenzierten Frequenzbändern. In Europa ist hier insbesondere das 868 MHz Band interessant. Nachdem die drahtlose IoT-Connectivity als einer der wichtigen IoT-Trends in 2018 identifiziert wurde, mehren sich die Kundenanfragen zum Vergleich und der richtigen Auswahl der Wireless-Technologien. Grund genug eine Orientierungshilfe zu geben.

IoT-Wireless-Technologie: "Geschwindigkeit" ist nicht das Wichtigste!

Ein guter Überblick gibt zunächst die Tabelle im Analyst View “Die IoT-Trends im Jahr 2018”. Nun sollen aber die Technologien direkt im Bezug zueinander betrachtet werden. Dabei ergeben sich drei Gruppen:

Drahtlose Verbindungsoptionen für IoT-Devices
Foto: Crisp Research AG 2018

1. Mobilfunk-Technologie

Hierbei handelt es sich ausschließlich um lizenzierte Frequenzbänder, die man vom Smartphone kennt und exklusiv von Telcos betrieben werden. Auf 900, 1800 und 2100 MHz haben sich in den letzten Jahren die verschiedenen Technologien entwickelt. Der Fokus lag dabei immer vorrangig auf der Bandbreite des Smartphones, nicht jedoch auf dem Energieverbrauch des IoT-Devices oder einer guten Eindringung in Gebäude. Nichtsdestotrotz sind diese Technologien heute weiterhin für viele IoT-Cases relevant.

2. Low Power Wide Area (LPWA) Technologie

Das ist die große Innovation besonders für IoT-Devices, die mit Batterie-Versorgung leben müssen. LPWA ist dabei der Sammelbegriff für verschiedenste Technologien. Diese teilen sich zunächst lizenzierte Frequenzen mit den Vertretern NB-IoT oder LTE-M und die nicht-lizenzierten Frequenzbändern mit den bekannten Beispielen Sigfox oder LoRaWAN. Alle LPWA-Technologien sind für IoT Use Cases optimiert. Dadurch können sich IoT-Devices mit erheblich weniger Energieaufwand in diese Netze einkoppeln.

3. Gebäudenetze

In Gebäuden sind neben den kabelgebundenen Netzen wie Ethernet, KNX usw. hauptsächlich Wifi, Bluetooth und Zigbee im Einsatz. Daneben gibt es noch eine Menge andere drahtlose “Feld-Technologien”, die entweder im Smart-Home Umfeld oder im industriellen Umfeld zum Einsatz kommen.

Dieser kleine Überblick über die wichtigsten IoT-Wireless-Technologien kann Hilfestellung bei der Frage leisten, in welche Wireless-Technologie man seine Sensoren und Aktoren oder komplexere IoT-Devices einbetten soll. Stromversorgung und Reichweite spielen die wichtigste Rolle. Aber auch die Entscheidung, ob man einen Telco-Service auf einem lizenzierten Frequenzband wie den NB-IoT Dienst der Deutschen Telekom oder ein unlizenziertes Frequenzband nimmt, muss getroffen werden. Für eine Kommune, die hunderte von Straßenlampen vernetzen möchte, ist ein eigenes LoRa Netz über zehn Jahre vielleicht billiger als eine NB-IoT-Subscription beim Telco.

Auch die Entscheidung, ob man sich innerhalb oder außerhalb von Gebäuden bewegt, ist sehr wichtig. Während eine Straßenlampe eher eine LoRa-Verbindung benötigt, ist für eine Büroleuchte Zigbee oder Bluetooth praktischer. Innovative Hersteller von Controllern und Wireless-Komponenten wie die Telit bieten heute schon “Combo”-Module an. Auf 19x15mm sind beispielsweise Bluetooth- und LoRa-Funkprotokolle untergebracht. Nur die Software entscheidet, welches benutzt wird oder ob womöglich sogar beide Technologien gleichzeitig "an" sind. Das ermöglicht es Herstellern, mehr Volumen mit weniger Produkt-Varianten abzudecken. Der abgebildete Telit-Funk-Controller hat im Standby sogar nur eine Stromaufnahme von 2µA. Damit kann man beispielsweise schon heute Rauchmelder bauen, die mit einer Batterie 10 Jahr sicher laufen.

Telit bietet einen Funk-Controller für Bluetooth LE und LoRa an.
Foto: Telit.com

Wie erreicht man die IoT-Cloud?

Hat man eine der drahtlosen IoT-Technologien gewählt oder konfiguriert - falls man sich für eine Multi-Protokoll-Hardware entschieden hatte - bleibt die Frage, wie die Devices tatsächlich ins Internet zu ihrer IoT-Cloud routen. Die Anbieter der lizenzierten Optionen NB-IoT und LTE-M bieten wie die anderen Mobilfunk-Optionen auch immer ein Routing ins öffentliche Internet an. Anders gestaltet sich das hingegen bei LoRa und Sigfox. Die LoRa-Infrastruktur ist unter Umständen wirklich privat für eine Stadt oder ein großes Firmengelände. Ob eine bestimmte LoRa-Infrastruktur ins öffentliche Internet routet, muss im Einzelfall geklärt werden.

Bei Sigfox handelt es sich sogar nicht einmal um ein IP-Protokoll. Das proprietäre Sigfox-Protokoll gleicht eher einfachen “Morsesignale”, die gar nicht direkt mit einer offenen Technologie lesbar sind. Sigfox betreibt deshalb einen eigenen Cloud-Dienst, der jedes Device mit einer REST- und MQTT-Schnittstelle repräsentiert. Die komplette Route von einem lokalen Sigfox-Sendemast bis in die Sigfox-Cloud bietet Sigfox exklusiv als Dienst an. Hier braucht sich ein Anwender also keine Gedanken machen. Möchte man jedoch sicherstellen, dass die eigenen Sensoren keinen "digitalen Trace" auf fremden Servern hinterlassen, ist ein selbst betriebenes LoRa-Netz die attraktivste, aber aufwendigste LPWA-Option.

Routing-Wege in die IoT Cloud
Foto: Crisp Research AG 2018

Bei den Gebäudenetzen ist das Routing des IoT Traffics nicht anders als das Routing des restlichen IP Traffics eines normalen WLANs. Wenn verfügbar, ist der kabelgebundene Weg ins Internet meist die Variante mit der kleinsten Latenz. Oft suchen aber Industrie-Anlagen beispielsweise für Predictive-Maintenance-Szenarien den Weg zur IoT-Cloud ihres Herstellers, ohne dabei die Kabelinfrastruktur des Kunden in Anspruch nehmen zu dürfen. Dann kommt beispielsweise ein Gateway zum Einsatz, das vom drahtlosen Gebäudenetz auf ein Mobilfunknetz umsetzt.

Abhängig vom geforderten SLA müssen diese Gateways ggf. redundant vorhanden sein oder sollten sich selbstständig mit dem Netz eines alternativen Mobilfunkanbieters verbinden können. Ein Routing von Gebäudenetzen in eine LPWA-Infrastruktur kann auch Sinn machen, wenn die LPWA-Bandbreite reicht oder spezielle NB-IoT/LTE-M Features hilfreich sind.

Mesh-Netzwerke können Technologien kombinieren

Von Mesh-Netzwerken spricht man, wenn mehr größere Topologien aus vielen Netzwerk-Nodes gebaut werden, die nur mit einer Stromversorgung angeschlossen sind. Lediglich ein Node - oder wenige aus Redundanzgründen - haben einen Internet-Anschluss. Alle anderen Nodes suchen sich Bandbreite von ihren Nachbar-Nodes oder leiten Traffic an ihre Nachbarn weiter. Damit lassen sich beispielsweise sehr große Bluetooth-Netzwerke oder ein über mehrere Ortsteile verteilte Wifi-Mesh-Netz bauen.

Grundsätzlich kann man mit jedem symmetrischen Netzwerkprotokoll Mesh-Netze bauen. Die meisten LPWA sind aber bewusst unsymmetrisch, um auf dem IoT-Device Energie zu sparen. Ein LPWN-Device kann also nicht gleichzeitig Client und Repeater für andere Devices sein. Die LoRaWAN- oder NB-IoT-Access-Points benötigen deshalb eine Netzversorgung über eine andere Technologie.

Einer der Innovatoren in dem Wifi-Bereich ist die kalifornische Firma Ubiquitous Networks. Mittlerweile haben die großen Hersteller von Wifi-Access-Hardware wie Cisco zwar funktional aufgeholt, bieten ihre Mesh-fähige Hardware aber immer noch zu weit höheren Preisen als Ubiquitous Networks an.

Ein Wifi-Mesh-Netzwerk. Nodes kosten ca. 100 Euro und versorgen sich von Nachbar-Nodes mit Bansbreite.
Foto: ubnt.com

Mit der Bluetooth-Technologie funktionieren Mesh-Topologien seit Mitte letzen Jahres auch offiziell gut. Denkt man an das Predictive-Maintenance-Beispiel von oben, könnte auf jeder Maschine ein günstiger Dual-Band-Controller sitzen. Die meisten Maschinen generieren einfach untereinander ein selbst organisiertes Bluetooth-Mesh. Um alle Maschinen ins Internet zu bringen, würde es schon reichen, dass mindestens eine einzige Maschine beispielsweise in ein NB-IoT routen kann. Sie bietet sich selbst als Gateway an und versorgt alle anderen Mesh-Teilnehmer. Würde sie selbst ausfallen, sucht sich das Mesh Network selbsttätig ein neues Gateway aus.

In diesem Fall kann sogar ein Feature besonders interessant sein, das viele Telcos sogar zuerst für ihre NB-IoT/LTE-M Dienste ausrollen möchten, nämlich die Soft-SIM. So würde für die schlummernden NB-IoT/LTE-M Fähigkeit aller Maschinen keine Kosten anfallen, solange sie NB-IoT nicht einschalten. Wird einer zum Gateway, kann diese Node sich automatisch eine Soft-SIM provisionieren und produktiv gehen.

Einige Hersteller und Telcos arbeiten hier noch an der vollständigen Automatisierung der Software, so dass sehr bald solche “Self-Healing Multi-Band Mesh Networks” möglich sind. Die selbstheilende hybride IoT-Netzwerklösung ist sicher für viele Industrieanwendungen interessant, die bisher auf teure Kabel bauen mussten. (mb)