Prozessoptimierung

IT als Innovationsmotor

15.09.2008 von Gerd  Scheuerer
Das schleppende Innovationstempo ist die Schwäche des deutschen Mittelstandes. Moderne Informations- und Kommunikationstechniken zur Beschleunigung von Prozessen nutzt allerdings nur die Hälfte der deutschen Betriebe.

Platz 8 von 17 - Kein zufriedenstellendes Ergebnis für Deutschland, wenn es um die Innovationsfähigkeit des Landes im internationalen Wettbewerb geht. Wie aus der Studie "Innovationsindikator Deutschland" hervorgeht, hat Deutschland 2007 im Vergleich zum Vorjahr in der Liga der innovativsten Länder zwar einen Platz eingebüßt, konnte sein Potenzial zu Neuerungen aber steigern und den relativen Abstand zu den vorderen Rängen verringern. Die größten Stärken zeigt Deutschland dabei in der Durchsetzung innovativer Produkte und Dienstleistungen auf den internationalen Märkten. Doch welche Maßnahmen ergreifen Unternehmen, um Innovationen langfristig zu ermöglichen?

Über die Hälfte der deutschen Betriebe wollen 2008 ihr Wachstum mit Hilfe neuer Informations- und Kommunikationstechnologien vorantreiben. Neben der Produktentwicklung und dem Erschließen neuer Märkte zählen diese Innovationen zu den wichtigsten Wachstumstreibern. Allerdings werden nur in etwa jedem zweiten Unternehmen neue technische Möglichkeiten gut oder sehr gut operativ umgesetzt. Dies ist zentrales Ergebnis der Studie "Managementkompass Wachstumstreiber Technologie", die von Steria Mummert Consulting und dem F.A.Z.-Institut im Vorfeld zur CeBIT 2008 erstellt wurde. Innovationen erfolgreich umzusetzen ist demzufolge eine Frage der Technik, aber auch der Organisation und der Kreativität. Doch das Potenzial wird noch nicht voll genutzt: Das Innovations-Management in den Unternehmen erreicht mit 50 von 100 Punkten momentan nur die Hälfte des maximal Möglichen. Der Wille zu mehr Neuerungen ist also da, aber an der Umsetzung hapert es noch.

Durchstarten statt bremsen

Eine Studie der "Unternehmerperspektiven", einer Initiative der Commerzbank-Mittelstandsbank, ergab, dass 93 Prozent der befragten mittelständischen Unternehmen Bürokratie und komplexe gesetzliche Vorschriften als stärkste Innovationsbremse sehen. An zweiter Stelle stehen die zu langen Produktionszyklen. Zudem bemängeln die Befragten den erschwerten Zugang zu wissenschaftlichen Institutionen und wünschen sich mehr Praxisorientierung in der Wissenschaft. Als weiteres Hemmnis für das Vorantreiben von Innovationen gaben sie ungelöste Finanzierungsfragen am Standort Deutschland an. Dass das Innovations-Management in den mittelständischen Unternehmen noch zu wenig Erfolg hat, liegt häufig auch am eingeschränkten Kreis der Impulsgeber. Diese kommen meist aus den eigenen Reihen oder dem direkten Umfeld. Externe Berater und Wissenschaftler oder Geschäftspartner werden selten einbezogen. Hier sind mehr Offenheit und Mut gefragt, um das Innovationspotenzial voll ausschöpfen zu können.

Ausgeglichene Innovationsstrategie

Wichtig für ein erfolgreiches Innovations-Management ist außerdem ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Produkt- und Prozessinnovationen. Gerade in veränderten Arbeits- und Verhaltensweisen liegt ein hohes wirtschaftliches Potenzial. Denn nicht die technische Überlegenheit eines Produktes entscheidet häufig über Erfolg und Misserfolg. Vielmehr ist es die Fähigkeit, Prozesse so zu verbessern, dass Produkte und Services schneller, individueller und kostengünstiger als die der Konkurrenz am Markt verfügbar sind. Eine Studie von Accenture belegt, dass Prozessinnovationen in der Unternehmenspraxis eine weit größere Rolle spielen als angenommen. Untersucht wurden die Innovationsstrategien von 107 der 300 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland. Dabei kristallisierten sich drei grundlegende Vorgehensweisen heraus: Produkt-, Prozess- und Hybridinnovation. Laut der Studie erzielen Unternehmen, die ihre Ressourcen ausgewogen auf Produkte und Prozesse verteilen, überproportionale Renditen. Als entscheidende Hürden auf dem Weg zu erfolgreichen Innovationen identifizierten die Berater strategische Schwächen, unklar definierte Verantwortlichkeiten, unzureichendes Prozess-Know-how und fehlende interne Ressourcen. Sind diese Hürden überwunden, kann die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens gesteigert werden, wenn sich Produkt- und Prozessinnovationen konstruktiv ergänzen. Nur so kann ihr jeweiliges Potenzial voll ausgeschöpft werden.

IT als Innovationsmotor

Bahnbrechende Produkte sind nur so lange innovativ, bis es ein Konkurrenzprodukt mit ähnlichen Funktionen gibt. Wichtig ist also, die Neuerungen möglichst schnell zu realisieren. Doch wie gelingt es, die Produktionsabläufe und -prozesse maximal zu verbessern? An dieser Stelle kommen die Prozessinnovationen ins Spiel, die durch moderne Softwarelösungen erst möglich werden. Die Informationstechnologie begann ihre Erfolgsgeschichte als reines Automatisierungsmittel. Heute ist die IT Katalysator und Innovationsmotor für eine globale Wirtschaft.

Hans-Jörg Bullinger: Time To Market ist der entscheidende Faktor in einer globalisierten Welt.
Foto: Fraunhofer Institut

"Als Enabler für andere Zukunftstechnologien spielen die Informations- und Kommunikationstechnologien eine überragende Rolle im Innovationsprozess", betont Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. "Sie sind es vor allem, die helfen, das Innovationstempo zu erhöhen. Und ‚Time To Market’ ist der entscheidende Faktor in einer globalisierten Welt. Erfolg hat nur, wem es gelingt, Innovationen als Erster in marktreife Produkte umzusetzen."

Viele Fertigungsunternehmen führen heute bereits über 50 Prozent ihrer Wettbewerbsvorteile auf integrierte Softwarelösungen zurück. Beispielsweise gelang es dem mittelständischen Baumarktzulieferer Gustav Alberts, durch Prozessinnovationen die Transparenz in Logistik und Versand zu erhöhen. Dadurch konnte er die Anzahl der Fehllieferungen und der damit verbundenen Strafzahlungen deutlich senken und die Durchlaufzeit von 8 Tagen auf 1,5 Tage kürzen. Ein durchschlagender Erfolg, der ohne die Unterstützung eines passgenau auf die Prozesse des Unternehmens abgestimmten IT-Systems nicht möglich gewesen wäre. Doch wie genau sieht der Beitrag der IT zur Steigerung des Innovationstempos aus?

Datensilos vermeiden

Eine wichtige Voraussetzung für schnelle und effektive Geschäftsprozesse - und damit auch für ein gesteigertes Innovationstempo - ist die Bereitstellung von unternehmensweit konsistenten Informationen. Häufig werden an verschiedenen Standorten verschiedene Softwaresysteme verwendet und somit Daten mehrfach eingegeben, die dann nicht unternehmensübergreifend genutzt werden können. Es entstehen immer neue Datensilos. Damit aber Manager und Mitarbeiter auf eine einheitliche Datenbasis zugreifen können, müssen diese Daten harmonisiert und konsolidiert werden. Dadurch gestalten sich die damit verbundenen Prozesse schlanker, die Fehlerhäufigkeit vermindert sich, und der Arbeitsaufwand wird geringer. Ein weiterer Vorteil von unternehmensweit einheitlichen Daten ist die Analysefähigkeit. Über so genannte Business-Intelligence-Lösungen können Geschäftsdaten jederzeit ausgewertet werden. So lassen sich beispielsweise bisherige Geschäftsaktivitäten gezielt abrufen und bewerten, um ein tieferes Kundenverständnis zu erhalten. Diese Datentransparenz ermöglicht Informationen darüber, welche Innovationen letztlich eine gute Chance auf Erfolg am Markt haben. Innovationspotenzial kann so rechtzeitig erkannt und umgesetzt werden.

Ressourcen effektiv einsetzen

Die Harmonisierung der Daten ermöglicht dem Unternehmen außerdem, insgesamt schneller zu agieren und Ressourcen besser einsetzen zu können. Um die zur Verfügung stehenden Mittel optimal zu nutzen, bedarf es darüber hinaus eines gezielten Ressourcen-Managements. Dies gelingt durch eine moderne ERP-Lösung, die Daten und Prozesse aus verschiedenen Arbeitsbereichen unternehmensweit verfügbar macht. Beispielsweise verknüpft ein solches System alle Abläufe in Konstruktion, Produktion, Vertrieb, Service, Controlling, Finanzwesen und Personalwirtschaft zu bedarfsgerecht gestalteten Prozessketten. So ist gesichert, dass die zur Verfügung stehenden Materialressourcen mit einem optimalen Personaleinsatz genutzt werden. Die Integration verschiedener Unternehmensprozesse ermöglicht außerdem eine zentrale Steuerung so komplexer Geschäftsvorgänge wie beispielsweise der Beschaffung von Ressourcen über weltweit operierende Lieferanten. Dadurch lässt sich einerseits die Lieferfähigkeit erhöhen, da zur richtigen Zeit die richtige Menge an Materialien vorhanden ist. Andererseits werden dadurch die Lagerbestände reduziert, die in einem produzierenden Betrieb hohe Kosten verursachen können. Auf diese Weise tragen integrierte Prozesse zu einem kürzeren "Time To Market" und damit zu beschleunigter Innovation bei.

Menschen verbinden

Häufig arbeiten Mitarbeiter standortübergreifend in so genannten virtuellen Teams zusammen. Sie verwenden Daten gemeinsam und verbinden sich mit modernen Kommunikationstechnologien. Die Größe, die Unternehmen mit Hilfe solcher Netze erreichen, und die Mitarbeitervielfalt sind ohne moderne Unternehmenssoftware kaum handhabbar. Die Kommunikation wird einfacher, effizienter und übersichtlicher, was wiederum den gesamten Innovationsprozess verkürzt und die Produktivität steigert.

Auch im Hinblick auf Kunden, Partner und Lieferanten schaffen moderne Kommunikationstechniken Nähe. So ermöglichen Kunden- und Lieferantenportale schnelle und bedarfsgerechte Informationen und eine stärkere Bindung an das Unternehmen. Über spezielle Kommunikationslösungen, wie beispielsweise einen Kontaktleitstand, lassen sich Kunden effektiver und schneller betreuen. So sind alle Vertriebsmitarbeiter vom Call-Center-Agenten bis zum Kundenbetreuer vor Ort immer informiert über den aktuellen Stand des Auftrags. Der Vertriebsprozess kann vom Erstkontakt bis zur Nachbetreuung lückenlos und transparent dargestellt werden. Die vereinfachte Einbindung aller Interessengruppen und die unternehmensweit transparente Kommunikation ermöglichen darüber hinaus, dass Innovationspotenziale schneller erkannt und genutzt werden.

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Außerdem erhöht eine vereinfachte und transparente Kommunikation mit Lieferanten und Kunden die Liefergeschwindigkeit sowie den Liefergrad erheblich. Durch integrierte und vernetzte Systeme können darüber hinaus Bestellungen über Vorlieferpläne direkt an die Lieferanten übermittelt werden. Die Produktionsfeinplanung kann aufgrund der Informationen von Kunden- und Lieferanten zeitnah und realistisch erfolgen. So werden die rechtzeitige Belieferung mit Werkstoffen und Zubehör und das Zusammenspiel verschiedener Akteure auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette gesichert und ein machbarer Liefertermin automatisch generiert. Und auch die Logistik profitiert von integrierten Prozessen und Informationen, da sie rechtzeitig über den aktuellen Stand der Produktion und der Kundenbestellungen informiert ist. Innovative Produkte werden so schneller produziert und erreichen durch eine optimale Steuerung der Logistik rechtzeitig den Kunden. Der Marktvorsprung bleibt somit durch ein angemessenes Innovationstempo gesichert.

Hohes Innovationstempo schützt vor Nachahmern

Time to Market ist nicht nur im Hinblick auf den Erfolg eines Produktes wichtig. Gerade in einem globalen Umfeld ist eine schnelle Umsetzung von Innovationen der wirksamste Schutz vor Imitationen. Nur wenn der Erfinder schneller ist als der Nachahmer, war die Innovation letztendlich erfolgreich. Das Innovationstempo ist aber nach wie vor die verwundbare Stelle des Mittelstandes. Moderne ERP-Lösungen sind hier ein Schlüssel zum Erfolg und Motor für eine rasche Umsetzung von Innovationen. Einfallsreichtum, Leidenschaft für das Neue und Mut bringen den deutschen Mittelstand auf Erfolgskurs. (mb)