Risikomanagement im Finanz-Sektor

IT als unterschätztes Risiko bei Banken

08.05.2015 von Mathias  Walter
Das Thema Risikomanagement ist spätestens seit der Finanzkrise in aller Munde. Die für Modelle, Kennzahlen und Prognosen nötige Infrastruktur findet dabei jedoch kaum Beachtung.

Speziell während der Finanzkrise hat sich gezeigt, dass die Risiko-Exposition eines Institutes kaum ad hoc zu ermitteln ist. Auch die Beantwortung von risikorelevanten Fragen abseits des vermeintlichen Mainstreams bereitet erhebliche Probleme. Kurz gesagt: Das tatsächliche Risiko war lange Zeit unklar. Doch wo liegen die Gründe?

Die Prozesse zum Umgang mit Daten müssen sich erheblich verbessern.
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Veraltete IT-Infrastrukturen und schlechte Datenqualität

Im Grunde kommen hier mehrere Faktoren zusammen - einer dem bislang besonders wenig Beachtung zukommt ist die IT-Infrastruktur selbst. Einerseits werden viele unterschiedliche Systeme in Banken eingesetzt - die bis zu 30 Jahre alt und häufig redundant vorhanden sind. Weit schwerwiegender sind jedoch die negativen Effekte der so genannten "Schatten-IT". Damit sind jene Applikationen gemeint, die beim Fachbereichsleiter unter dem Schreibtisch laufen. Nicht selten finden sich hier kleinere Datenbanken, voluminöse Spreadsheets inklusive Logik oder auch Auszüge aus Stammdaten für eigene Zwecke. Ein derartiges Patchwork ist kaum zu überblicken. Es entstehen zunehmend Inkonsistenzen, in deren Folge die Datenqualität stark leidet.

Accenture: Fünf Tipps zum Vermeiden von Schatten-IT
Tipps gegen Schatten-IT
Die Berater von Accenture haben fünf Ratschläge gegen Schatten-IT parat.
Tipp 1: Aufklären statt Verbieten
Sinnvoller als Verbote ist die Aufklärung über die Vorteile einer geregelten Beschaffung. Zum Beispiel können Skaleneffekte IT-Kosten senken, Schatten-IT nicht. Außerdem sollten alle Mitarbeiter über Service-Level-Agreements informiert werden.
Tipp 2: Bevorzugte Hersteller auflisten
CIOs sollten kommunizieren, welche ihre bevorzugten Hersteller sind. Dabei muss Raum für Ausnahmen bleiben. Können Vertreter einer Fachabteilung gut begründen, warum sie diese oder jene Lösung eines anderen Anbieters wünschen, darf darüber verhandelt werden.
Tipp3: Beziehungspflege
Gute Geschäftsbeziehungen zu innovativen Herstellen nützen dem gesamten Unternehmen. Das funktioniert nur über eine geregelte IT-Beschaffung.
Tipp 4: Zusatzwert bieten
Der IT-Entscheider kann nicht nur Preise besser verhandeln als die Fachabteilung. Er spricht mit dem Hersteller auch über Garantieleistungen oder Hardware-Spezifikationen.
Tipp 5: Vertrauen aufbauen
Das Aufklären über die negativen Seiten von Schatten-IT ist wichtig. Im Zuge dessen kann sich die IT-Abteilung unternehmensintern als vertrauenswürdiger Partner etablieren.

Die Vollständigkeit und Korrektheit von Daten hat sich heute zum Kernproblem von Banken entwickelt. Die Datenkonsolidierung ist daher gegenwärtig die größte Herausforderung, die es zu lösen gilt. Da dies in besonderem Maße auch für Risikokennzahlen zutrifft, haben in der Zwischenzeit auch Regulatoren dieses Thema verstärkt in Visier genommen. Unter dem Titel BCBS 239 werden nun sehr konkret Forderungen hinsichtlich Datenqualität, IT-Architektur sowie Data-Governance-Aspekten formuliert. Zudem hat man zeitliche Vorgaben präzisiert, bis wann welche Informationen zu liefern sind und die Möglichkeit der ad-hoc-Abfrage beziehungsweise des ad-hoc-Reports wird nun ebenfalls verpflichtend.

Darum sind Investitionen in die IT dringend nötig

Als wäre dies nicht schon genug, wird die konzernweite, konsolidierte Datenaggregation gefordert. Auch die deutsche Steuerverwaltung denkt durchaus in die gleiche Richtung, die neuen "Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff" (GoBD) sind seit 01.01.2015 gültig. Dies erfordert eine grundlegende Flexibilisierung von Reporting-Infrastrukturen.

Die Notwendigkeit der Datenkonsolidierung zieht erhebliche Investitionen im IT-Bereich nach sich. Die dabei entstehenden Kosten sind immens und können durchaus im dreistelligen Millionenbereich pro Institut liegen. Es bleibt nur zu hoffen, dass bei aller Optimierung von Systemen der eigentliche Kern, also die Daten und deren Life Cycle, nicht vergessen wird. Der Grund: Daten "leben" im Durchschnitt etwa dreimal länger als Applikationen. Das bedeutet, dass Daten durchschnittlich auch dreimal auf andere Systeme umziehen.

Qualitätsaspekte spielen dabei eine entscheidende Rolle, denn die Praxis zeigt, dass 50 bis 70 Prozent aller IT-Projekte durch schlechte Daten ausgelöst werden. Die Prozesse, wie mit Daten umgegangen wird, müssen sich also erheblich verbessern - vom Anfang bis zum Ende ihres Lebenszyklus. Dass sich dies auch positiv auf die Betriebskosten auswirkt liegt auf der Hand, machen diese in der Regel etwa 70 Prozent des gesamten IT-Budgets aus.

So werden Banken fit für das Zeitalter der Digitalisierung

Von einer hohen Datenqualität profitieren letztlich alle Bereiche einer Bank. Es gibt jedoch noch einen weiteren Aspekt, der in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt. Finanzhäuser, die Datenqualität, Stammdaten und Prozesse im Griff haben - und BCBS 239 bietet hierzu nun sogar einen verpflichtenden Anlass - können der Digitalisierung der Wirtschaft und der Konkurrenz von so genannten "FinTechs" weit gelassener entgegensehen. Insofern können Entscheider dem Regulator durchaus dankbar sein, denn er unterstützt indirekt deren Konkurrenzfähigkeit. (bw/fm)

10 Thesen zur Digitalisierung
Zehn Thesen zur Digitalisierung
In Zusammenarbeit mit dem IT-Dienstleister Dimension Data hat Crisp Research Ende letzten Jahres die unabhängige Studie "Digital Business Readiness" umgesetzt. Ziel war es, ein Stimmungsbild deutscher Unternehmen zum aktuellen Stand ihrer digitalen Transformation zu zeichnen. Hier finden Sie Zehn Thesen, die sich aus dieser Studie ableiten lassen
1. Die digitale Transformation ist bereits in vollem Gange ...
... und hat mittlerweile sämtliche Branchen mehr oder minder fest im Griff. Dennoch steht die Wirtschaft noch am Anfang eines langen Transformationsprozesses.
2. Die digitale Transformation wird die Unternehmen ...
... in den kommenden Jahren in Gewinner und Verlierer spalten.
3. Das Gros der deutschen Unternehmen hat erkannt, ...
... welche weitreichenden Implikationen der digitale Umbruch nach sich zieht. Die absolute Mehrheit sieht sich gut bis sehr gut dafür aufgestellt. Allerdings haben nur 42 Prozent bislang eine funktionierende Digitalstrategie.
4. 39 Prozent der befragten Unternehmen sehen sich als Profiteure ...
... und Gestalter des digitalen Wandels. 61 Prozent bezeichnen sich als Mitläufer und Skeptiker.
5. Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen Digital Excellence ...
... und der erfolgreichen Implementierung einer Digitalstrategie. So haben bereits zwei Drittel (67 Prozent) der Digital Champions (Profiteure und aktive Gestalter) ihre Strategie erfolgreich implementiert und mit der Umsetzung in die Praxis begonnen.
6. Die IT-Abteilungen sind die entscheidenden Akteure, ...
... wenn es gilt, die Strategie zu entwerfen und die Aktivitäten im Prozess der digitalen Transformation zu steuern und umzusetzen. Allerdings wirkt das Thema weit über die Grenzen der IT-Abteilung hinaus.
7. Die Kunden sind Treiber der digitalen Transformation.
Von ihnen gehen die Veränderungen aus.
8. Das Rechenzentrum ist das Epizentrum der Digitalisierung.
Für mehr als zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) ist es die alles entscheidende Basis der Digitalisierung.
9. Für eine zukunftssichere Infrastruktur ...
... sind Investitionen nötig, die über das Rechenzentrum hinausgehen.
10. Mehr als 80 Prozent der Unternehmen glauben, ...
... dass sie für eine konsequente Umsetzung der digitalen Transformation professionelle Partner brauchen. Diese sollten eine hohe Kompetenz bei der IT-Integration sowie umfangreiches Prozess- und Branchen-Know-how mitbringen.