KMUs unterrepräsentiert

IT-Mittelstand kritisiert IT-Gipfel

09.12.2011
Auf dem IT-Gipfel reden Bundeskanzlerin, Minister und IT-Manager viel über, aber wenig mit dem IT-Mittelstand, kritisiert der BITMi.

Der Bundesverband IT Mittelstand e.V. (BITMi) ist mit dem Verlauf und den Ergebnisses des nationalen IT-Gipfels unzufrieden. Das Treffen, auf dem neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) anwesend waren, hat den Belangen mittelständisch IT-Anbietern zu wenig Beachtung geschenkt. Zwar hätten Branchenvertreter und Politiker den innovative IT-Mittelstand wiederholt als wichtigste Stärke des hiesigen IT-Standorts hervorgehoben, auf den wichtigen, meinungsbildenden Podien kamen mittelständische Vertreter aber nur unzureichend zu Wort, kritisiert der Verband in einer Mitteilung. Insgesamt sei der IT-Mittelstand, der rund 60 Prozent des deutschen IT-Marktes ausmacht, auf dem IT-Gipfel deutlich unterrepräsentiert gewesen. "Der BITMi vertritt die Interessen von mehr als 600 mittelständischen IT-Unternehmen in Deutschland mit einem Umsatzvolumen von mehr als eine Milliarde Euro, und tritt als einziger Verband ausschließlich für mittelständische Interessen ein", sagte Oliver Grün, Vorstandsvorsitzender BITMi. "Der unabhängige IT-Mittelstand muss mehr in den Gipfelprozess mit einbezogen werden."

Top-100-Unternehmen
Top 100: Die wichtigsten Manager der IT- und TK-Anbieter
Wer prägt die deutsche ITK-Landschaft 2011? Hier das COMPUTERWOCHE-Ranking der wichtigsten Vertreter der IT- und Telekommunikationsanbieter.
René Obermann<br />[Platz 3 in der Gesamtwertung]
Gleich auf seiner ersten Hauptversammlung als Telekom-Vorstandschef lieferte sich Obermann einen verbalen Schlagabtausch mit der Gewerkschaft Verdi, als es um die Auslagerung von 50.000 Arbeitsplätzen ging. Aktionäre waren damals von seiner souveränen Art in dieser heftigen Auseinandersetzung beeindruckt. Seit 2007 führt der 48-jährige Studienabbrecher und Firmengründer überzeugend diesen schwer zu lenkenden Konzern, der wichtige Infrastrukturaufgaben wahrnehmen, sich aber auch im internationalen TK-Markt behaupten musst. Obermann schafft es, die Telekom in einem anhaltenden Veränderungsprozess auf das schnelllebige Internet-Business auszurichten. Dass ihm das bisher gut gelungen ist, beweist die Verlängerung seines Mandats bis 2016. Zuletzt sorgte er für Aufsehen, als er gleich zwei Frauen in den Vorstand holte, eine dritte soll dazukommen.
Martina Koederitz<br />[Platz 5 in der Gesamtwertung]
Insider sagen, in ihrer neuen Position als Vorsitzende der Geschäftsführung der IBM Deutschland müsse sie noch auf ihre Flughöhe kommen. Gemeint ist damit, dass man auch dieser diszipliniert arbeitenden Frau die berühmten 100 Tage Zeit geben muss, um sich der Reisegeschwindigkeit und des Abstands zum Boden gewahr zu werden, den diese Position bedeutet. Dass sie das schaffen wird, bezweifelt niemand.
Reinhard Clemens<br />[Platz 11 in der Gesamtwertung]
Ende 2007 übernahm Reinhard Clemens mit der Leitung von T-Systems eine tief verunsicherte Belegschaft und einen IT-Dienstleister mit diffuser Marktstrategie. Einige Umstrukturierungen später präsentiert sich die Telekom-Tochter heute als ein führender europäischer IT-Service-Provider mit rund 45.000 Mitarbeitern.
Jim Hagemann Snabe<br />[Platz 14 in der Gesamtwertung]
Der Däne Jim Hagemann Snabe verantwortet als einer von zwei CEOs die Bereiche Strategie und Innovation sowie die Portfoliostrategie für die On-Premise- und On-Demand-Lösungen der SAP. Sein Management-Prinzip: "Gewinner haben einen Plan - Verlierer haben Erklärungen."
Karl-Heinz Streibich<br />[Platz 17 in der Gesamtwertung]
Über Jahre steckte die Software AG mit ihrem Portfolio in der Sackgasse. Dann kam Karl-Heinz Streibich und stellte das Unternehmen auf den Kopf: in der äußeren Wahrnehmung sowie im inneren Selbstverständnis. Die Übernahmen von Webmethods und IDS Scheer waren die wichtigsten Schritte auf dem neuen Weg. Es bleibt spannend, welche großen Käufe folgen werden.
Johannes Nill <br />[Platz 19 in der Gesamtwertung]
So oder ähnlich beginnen viele Gründergeschichten: In einer Studentenbude - in dem Fall in Berlin - ruft Informatikstudent Johannes Nill zusammen mit drei Freunden sein Unternehmen AVM (Audiovisuelles Marketing) ins Leben. Noch heute sitzt er mit den Mitstreitern Peter Faxel und Ulrich Müller-Albring im Management der Firma. Ihre Vision war es, die damals neue ISDN-Technologie universell nutzbar zu machen. Das ist dem Trio gut gelungen. Die Fritz!Card und später die Fritz!Box sind auch Anfängern ein Begriff. AVM marschierte von Erfolg zu Erfolg und gehört heute zu den wenigen Anbietern, die es schaffen, in Deutschland konkurrenzfähig TK-Equipment herzustellen.
Volker Smid<br />[Platz 25 in der Gesamtwertung]
Smid hat die klassische Karriere hingelegt: Von einer spezialisierten IT-Firma (Prompt) zu einer kleinen IT-Firma (Poet) zu einer großen amerikanischen IT-Firma (PTC) zu einer bedeutenden IT-Firma (Novell) zu einem IT-Konzern: HP. Hier gibt es alles, was das IT-Herz begehrt: Hardware, Software und Services, viel Hype und viel Substanz. Der Wirtschaftsinformatiker aus dem Norden mag er schnelle Mitarbeiter, die bereit sind, Fehler zu riskieren, und offen im Umgang damit sind. "Vertrauen geht vor Kontrolle", lautet eines seiner Management-Prinzipien.
Bill McDermott<br />[Platz 27 in der Gesamtwertung]
In der Doppelspitze von SAP verantwortet Bill McDermott die Unternehmensstrategie für alle Kundenprozesse sowie die Bereiche Vertrieb, Marketing, Kommunikation, Field Services (Beratung), strategische Unternehmensentwicklung und die Aktivitäten des SAP-Kunden- und Partnernetzes. Der studierte Betriebswirt war zwei Jahre zuvor zum Vertriebsvorstand aufgestiegen und in dieser Position Léo Apotheker gefolgt, der - für kurze Zeit - Vorstandssprecher wurde. Im Duett mit Jim Hagemann Snabe an der Konzernspitze ist es McDermott gelungen, sowohl Ruhe als auch Aufbruchstimmung zu verbreiten. Beides hatte der Softwarekonzern dringend nötig gehabt.
Ralph Haupter<br />[Platz 32 in der Gesamtwertung]
Der diplomierte Maschinenbauer Ralph Haupter hat im vergangenen Jahr an der Spitze von Microsoft Deutschland mit dafür gesorgt, dass der deutsche Markt für den Konzern zum zweitgrößten nach dem amerikanischen wurde. Dabei kam ihm sicher entgegen, dass Microsoft aus der Schusslinie gerückt ist, weil sich die Menschen derzeit lieber über soziale Netze und Datenschutz echauffieren. Betriebssysteme und Bürosoftware sind keine Aufreger mehr - Ausnahmen bestätigen die Regel.
Friedrich Joussen<br />[Platz 39 in der Gesamtwertung]
Wie wenige in dieser Republik kennt der 48-jährige Elektroingenieur und Absolvent der renommierten Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen das Mobilfunkgeschäft. Seit über 20 Jahren bekleidet Joussen unterschiedliche Management-Funktionen - zuerst bei Mannesmann Mobilfunk und jetzt an der Spitze der Nachfolgeorganisation Vodafone. Sein großer Vorteil: Als Inhaber mehrerer Patente kann er mit seinen Technikern auf Augenhöhe reden. Und als erfahrener Manager kann er sowohl rechnen als auch Menschen für seine Ideen begeistern. Nicht umsonst engagiert sich Joussen gerne in Vereinen, in denen es um die Förderung junger Talente geht.
Rolf Schwirz<br />[Platz 45 in der Gesamtwertung]
Der Fußball-Liebhaber und FC-Bayern-Fan schätzt auf dem Platz wie im Job Teamplayer, die alles geben. Kein Wunder: Schwirz ist selbst ein Kämpfer - allerdings einer, der kommunizieren kann und einen weichen Kern hat. Umso schwieriger waren für den Chef von Fujitsu Technology Solutions die vergangenen Wochen: Das verheerende Erdbeben in Fukushima traf viele seiner engsten Mitarbeiter und Freunde.
Prof. Dr. Joseph Reger<br />[Platz 52 in der Gesamtwertung]
Kein "normaler" Manager-Typ, und schon gar kein Vertriebler: Joseph Reger wirkt als CTO Von Fujitsu Technology Solutions stets wie ein Mensch, der die Naturgesetze hinter der IT versteht. Legendär sind seine technischen Nachhilfestunden auf den FSC-Hausmessen. Anschließend hatte man das Gefühl, IT sei die natürlichste Sache der Welt. Und wenn dann gerade mal kein CEO da ist, gibt eben Reger der Firma ein Gesicht.
Philipp Schindler<br />[Platz 53 in der Gesamtwertung]
So sieht ein erfolgreicher Lebenslauf aus: Studium an einer privaten Business-School, Konzerneinstieg in das Führungskräfte-Nachwuchsprogramm Auslandsaufenthalte - am besten im englischsprachigen Raum, Übernahme von Führungspositionen, Aufstieg in die Geschäftsführung. Und das in einem Unternehmen, das bei Bewerbern sehr begehrt ist - in diesem Fall Google. Schindler hat bisher alles richtig gemacht. Und sehen lassen kann er sich auch.
Prof. Dr. Gunter Dueck<br />[Platz 57 in der Gesamtwertung]
Der IBM Distinguished Engineer zählt nicht nur zu den Vordenkern des Unternehmens, sondern ist auch sein bekanntester Querdenker. Als ebenso scharfsinniger wie unterhaltsamer Autor beweist er, dass Informatik und Unternehmensstrategien philosophisch betrachtet einfach interessanter werden. Anfang September hat sich Dueck von IBM verabschiedet. Er geht in Ruhestand, um sich ganz dem Schreiben, Vortragen und seiner Tätigkeit als Business Angel widmen zu können.
Michael Ganser<br />[Platz 61 in der Gesamtwertung]
Cisco-Chef Michael Ganser betätigt sich in seiner Freizeit gerne als Schwimmer und Läufer. Außerdem pflegt er eine Leidenschaft für den Fußball. Seine Lieblingssportler laut Facebook sind unter anderem Mesut Özil und Peer Mertesacker, als "seine" Vereine nennt er Real Madrid und Werder Bremen. Humor hat er bewiesen, als er im Nachklapp zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 ein Video mit seinen Cisco-Managern ganz im Stil von Sönke Wortmanns "Deutschland - ein Sommermärchen" drehte und darin den Klinsmann gab, indem er seinen Führungskräften eine emotional aufgeladene Kabinenpredigt hielt. Dem Magazin "Capital" vertraute er an, diese Aktion habe eine durchgemachte Nacht und eine Flasche Rotwein gekostet.
Barbara Wittmann<br />[Platz 64 in der Gesamtwertung]
Vom Slawistik-Studium in München über eine Unternehmensberatung zum MBA-Studium nach Texas, weiter zu Dell in die Zentrale nach Round Rock und schließlich über Frankfurt nach Halle (Saale) - für Barbara Wittmann, General Manager Dell Deutschland, ging es immer voran. Und zwar zügig: "Die nervösen Blicke ausländischer Kollegen auf dem Beifahrersitz bei einer Autofahrt in Deutschland, und dann die zögerliche Frage `Do you have a speed limit in Germany?` - das macht Freude." Die Frauenquote hingegen geht gar nicht: Wittmann möchte für ein Unternehmen arbeiten, "das bei der Personalauswahl Faktoren wie individuelle Leistung, fachliche und soziale Kompetenz sowie Führungsstärke in den Vordergrund stellt".
Heinz-Paul Bonn<br />[Platz 86 in der Gesamtwertung]
Eine Ausnahme? Eher DIE Ausnahme in der ernsthaften IT. Geboren am 9. Mai, dem "1. Tag im Frieden". Das verpflichtet zur Freude. Über 30 Jahre ist sein Softwareunternehmen GUS am Markt, nebenbei macht er Verbandsarbeit im Bitkom-Präsidium. Ein rheinisches Urgestein, nun oft auf Facebook.
Winfried Holz<br />[Platz 96 in der Gesamtwertung]
Mit der Übernahme der Siemens-Tochter SIS wurde aus Atos Origin einfach "Atos". Holz leitet seit dem 1. Juli 2011 auch das neu formierte Deutschland-Geschäft des Unternehmens.
Peter Dewald<br />[Platz 98 in der Gesamtwertung]
Für Peter Dewald ist das Glas immer halb voll. Der Geschäftsführer der Sage Software GmbH hat das Unternehmen zu einem der größten Softwareanbieter des Landes gemacht - nachdem er zuvor großen Anteil daran hatte, dass Apple nach der Krise der 90er Jahre in Deutschland wieder auf die Beine kam. Auch die ersten Arbeitgeber des diplomierten Ingenieurs haben klangvolle Namen: Hewlett-Packard und McKinsey.Inzwischen hält Dewald bereits elf Jahre das Steuer von Sage fest in den Händen. Sein wichtigstes Management-Prinzip: Konsequenz! Ausflüge ins Web enden bei ihm häufig im Kursteil des "Handelsblatts" - und auf diversen Info-Seiten zu den Traumstränden dieser Welt.

Um seine Forderung zu unterstreichen, zitiert der Verband aus dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) in Auftrag gegebenen "Monitoring Report 2011" von TNS Infratest, der auf dem 6. IT-Gipfel vorgestellt wurde. Demnach belegt der IT-Standort Deutschland im internationalen Vergleich gemeinsam mit Schweden Rang sechs. Wenn Deutschland näher an die weit enteilten führenden Nationen USA und Südkorea heranrücken wolle, müsse Deutschland konsequent die Internationalisierung des Mittelstands vorantreiben, fordern die Marktforscher von TNS Infratest. Kleine und mittlere Unternehmen sollten auf ihrem Weg in das globale IT-Geschäft von der Förderpolitik begleitet werden.

Oliver Grün, BITMi: "Der unabhängige IT-Mittelstand muss mehr in den Gipfelprozess mit einbezogen werden."

Eine am Vortag des IT-Gipfels vorgestellte Studie zum Thema "Deutsche Software Champions" soll belegen, dass die Entwicklung internationalisierungsfähiger Software von Beginn an gefördert, der Wille zur Internationalisierung gestärkt und die Kontakte der kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) in das Ausland gesteigert werden müssen. Ebenfalls wurde ausdrücklich festgestellt, dass die Bildung und Nutzung einer Marke "Software Made in Germany" wichtig für die Internationalisierung sei. "Weltweit bewundern Kinder und Erwachsene die deutschen Autos und deren herausragende Technologie, Qualität und Wertbeständigkeit. Warum sollte ´Software Made in Germany´ nicht eine vergleichbare Marktstellung erobern?", fragte BITMi-Vorstand Martin Hubschneider, Vorstand "Wir wünschen uns die Unterstützung der Politik, um dieses Ziel zu erreichen." (jha)