Apple vs Samsung…

Kalter Krieg im Smartphone-Markt

06.10.2011 von Silvia Hänig
Geschmacksmusterklage hin - Patentklage her. Kein Tag vergeht ohne neue Streitigkeiten im Smartphone-Markt. Der Gegenstand der Klagen ist dabei meist völlig klar, ungleich schwerer verständlich ist dagegen der rechtliche Blickwinkel.

Bereits seit geraumer Zeit versuchen sich Tech-Gigant Apple und sein schärfster Kontrahent Samsung mittels Patentklagen in unterschiedlichen Ländern gegenseitig kaltzustellen. Als vorläufigen Höhepunkt erwirkte Apple beim Landgericht Düsseldorf dabei Mitte September mit einer einstweiligen Verfügung ein Verkaufsverbot des Samsung Galaxy Tab 10.1. im deutschen Markt. Der erste ernstzunehmende iPad-Rivale ist damit gestoppt, auch wenn die Hauptverhandlung erst im März 2012 ansteht. Denn Apple hat genügend Zeit, um sein iPad 3 auf dem Markt zu positionieren.

Galaxy Tab 10.1
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Während das iPad 2 (links) auf einen 4:3-Formfaktor beim 9,7-Zoll-Display setzt, nutzt das Galaxy Tab 10.1 (rechts) ein 16:10-Format für den 10,1-Zoll-Bildschirm.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Das Tablet verwendet ein 10,1-Zoll-Display mit einer Auflösung von 1280 mal 800 Bildpunkten.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Das Gehäuse ist Kunststoff gefertigt. Dabei weist das Tablet eine hohe Stabilität auf, auch Knarzgeräusche gibt es nicht.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Auf der oberen Gehäusekante sind der Ein-/Ausschalter, der Lautstärkeregler sowie der Kopfhöreranschluss und der SIM-Kartenslot untergebracht.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Links und rechts am Gehäuse sind die Lautsprecher platziert.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Neben dem Mikrofon gibt es untem am Galaxy Tab den proprietären Connector für das mitgelieferte USB-Kabel.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Bei einer Gehäusedicke von nur 8,6 mm ist das Galaxy Tab 10.1 (rechts) sogar minimal dünner als das bereits sehr schlanke iPad 2 (links) mit 8,8 mm.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Samsung stattet das Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1 aus. Im Bild sehen Sie den Startbildschirm des Tablets.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Die Navigation zwischen den Schirmen erfolgt einfach per Fingerwisch, der Wechsel wird durch einen 3D-Effekt grafisch untermalt.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Sehr praktisch ist die mögliche Personalisierung der Startbildschirme. Neben dem üblichen Platzieren von Apps oder Lesezeichen für Webseiten lassen sich auch Inhalte dort anzeigen. Hierzu zählen Social-Media-Dienste, Kalendereinträge...
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
... oder E-Mail-Eingänge. Bestimmte Widgets lassen sich bei Android 3.1 auch in der Größe ändern.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Wird auf dem Startbildschirm auf das "+" Zeichen rechts oben getippt (oder der Finger lange auf den Homescreen gehalten), so erscheint der Bildschirm zum Konfigurieren der Desktops. Hier lassen sich Widgets auf die fünf Homescreens ziehen.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Der Browser bietet Tabs zum Wechseln zwischen mehreren Websites an. Wer will, kann einen Inkognito-Tab öffnen. Dann hinterlässt die besuchte Seite in diesem Tab keine Spuren auf dem Tablet.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Das Galaxy Tab 10.1 besitzt auf der Rückseite eine 3,2-Megapixel-Kamera. Im Screenshot sehen Sie die Foto-App.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Die Foto-App bietet unter anderem Funktionen für Weißabgleich, Blende und Fokus.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Beim Fingertipp auf das App-Symbol rechts oben im Homescreen sehen Sie alle installierten Apps.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Samsung stattet das Galaxy Tab mit der vorinstallierte Office-Suite Polaris 3.0 aus.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Das Paket erlaubt den Zugriff auf lokalen oder Cloud-Speicher.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Polaris beinhaltet eine Textverarbeitung, Tabellenkalkulation sowie eine Präsentations-Software.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Als gelungen lässt sich die virtuelle Tastatur beim Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1 bezeichnen. Das Schreiben funktioniert flüssig, Buchstaben werden nur sehr selten "verschluckt". Im Querformat geht die Tastatur über die komplette Bildschirmbreite und nimmt fast die Hälfte der Displayhöhe ein.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Beim Tipp auf das Symbol rechts unten in der Tastatur lässt sich das Layout verkleinern und vergrößern.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Im Hochformat belegt die Tastatur ungefähr das untere Viertel des Bildschirms. Durch die reduzierte Tastengröße geht man jetzt primär zum Zweifingertippsystem über. Swype zum Wischen von Wörtern wird vom Galaxy Tab unterstützt. Aktiviert wird Swype über die Taste links unten.
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Einstellungen - Drahtlos und Netzwerke
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Einstellungen - Töne
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Einstellungen - Bildschirm
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Einstellungen - Energiesparmodus
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Einstellungen - Standort und Sicherheit
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Einstellungen - Anwendungen
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Einstellungen - Konten und Sync
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Einstellungen - Motion
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Einstellungen - Datenschutz
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Einstellungen - Speicher
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Einstellungen - Sprache und Eingabe
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Einstellungen - Eingabehilfe
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Einstellungen - Datum und Uhrzeit
Samsung Galaxy Tab 10.1 mit Android 3.1
Einstellungen - Info zu Gerät

Doch auch Samsung ist nicht untätig und kündigt an, den bevorstehenden Verkauf des iPhone 4S in verschiedenen Märkten zu verhindern. Wiederum soll es eine einstweilige Verfügung sein, die den Gegner wirtschaftlich zu fallen bringen soll, denn laut Angaben von Samsung soll Apple bestehende Mobilfunkpatente verletzt haben.

Einstweilige Verfügung - das scharfe Schwert

Foto: Apple

Doch warum ist hier eine einstweilige Verfügung ein so mächtiges Instrument? Ein Rechtsanwalt und Branchenkenner, der selbst Patentklagen zwischen internationalen Größen im Smartphone-Markt führt, gibt Auskunft: "In aller Regel ist der Unterlassungsanspruch das 'schärfste Schwert' des Patentrechts, insbesondere wenn die Nutzung der patentierten Erfindung in der entsprechenden Branche faktisch unumgänglich ist und das fragliche Patent noch eine erhebliche Restlaufzeit hat." Im Einzelfall könnten auch die Schadensersatzansprüche einen Umfang annehmen, dass die Existenz des Unternehmens gefährdet ist, fügt er hinzu. "Das ist jedoch die Ausnahme." Er merkt zudem an, dass die Gerichte in Deutschland generell eher zurückhaltend sind, wenn es um die Vergabe einer einstweiligen Verfügung geht. Sie wüssten, was für das betroffene Unternehmen auf dem Spiel steht.

Mehr Schutzrechte für mehr Marktvorsprung

Und auf dem Spiel steht wirklich einiges. "Ich vermute, dass die Einreichung verschiedener Klagen in mehreren Ländern insbesondere aus strategischen Gründen erfolgte", so der Patentrechtsexperte weiter. Es dürfte in erster Linie um die Verteidigung von Marktanteilen gehen. Schutzrechte, selbstverständlich auch Rechte auf Design (Geschmacksmuster), seien hierbei grundsätzlich ein legitimes Instrument zur Vermeidung von Nachahmerprodukten.

Dass Patente insbesondere im Bereich der Smartphones, eine so große Rolle spielen, liegt seiner Ansicht nach daran, dass der Markt für Endgeräte sich sehr dynamisch entwickelt. Dies könne manan den wirtschaftlichen Aussichten für Marktführer für einfache Handys (z.B. Nokia) sowie die ersten Business-Smartphones (Blackberry) ablesen.

"Apple weiß nur zu gut, wie dicht ihnen die Koreaner auf den Fersen sind, welche Bedrohung das Galaxy Tab für das iPad bedeutet und dass sie alles daran setzen müssen, um ihre Vormachtstellung zu halten", erläutert der Patentexperte.

Über Geschmack lässt sich streiten

Dabei geht es zum einen um ein Patent auf das "Look & Feel", also ein sogenanntes Geschmacksmuster, zum anderen um ein Patent auf einen mobilen Übertragungsstandard. Das Geschmacksmuster sind ausschließlich gestalterische Elemente, von den Rundungen des iPad bis zu seiner Größe und das Design. In der Samsung-Klage geht es dagegen um ein Technologie-Patent, der 3G-Übetrtragung, die bereits als internationaler Standard gilt.

Die Geltendmachung sowohl des einen als auch anderen Patents kann verheerend für den jeweiligen Wettbewerber sein. "Patente auf Erfindungen im Bereich der Informationstechnologie einschließlich derjenigen Schutzrechte, die sich auf Hardware beziehen, können den Wettbewerb lähmen, wenn die Erfindung bei Nutzung eines technischen Standards verwendet werden muss, weil der Standard dies zwingend vorschreibt", erklärt der Patentexperte. Dann sei die Durchsetzung dieses Patents auch kartellrechtlich relevant.

Bei Geschmacksmustern besteht grundsätzlich diese Problematik nicht . Zum einen beträfen technische Standards nicht die Gestaltung von Produkten, zum anderen lasse sich in aller Regel das Design so abändern, dass das Produkt in technischer Hinsicht immer noch funktioniert und verkauft werden kann, so der Anwalt.

Wirtschaftliches Kalkül als Antrieb

Neben den Patentarten, muss man ebenfalls verstehen, welchen Industrien die Unternehmen selbst entstammen, um die Motivation der Klagen besser einordnen zu können. Im umkämpften Markt der Smartphones ist sowohl die Hardware- als auch die Softwarefront am Werk ist. Bei Apple steht im Patentpoker die Hardware im Vordergrund. Samsung oder auch Google pokern mit Software.

In Bezug auf die Patente im Endgeräte - Markt scheint es sich daher zunehmend um Mischungen aus Hard- und Softwarepatenten zu handeln. Das gegenseitige Aufrüsten durch Patente hat neben einer hohen Öffentlichkeitswirksamkeit sowie der Abschreckung des Gegners auch eine finanzielle Dimension. Denn wer das Patent des anderen für die Vermarktung seiner Produkte braucht, muss Lizenzgebühren an den Patentinhaber zahlen. Damit hat der Patentinhaber die Möglichkeit höhere Preise im Markt durchzusetzen.

Patente, die entscheidende "Währung" für den künftigen Markterfolg?

Der Patentexperte relativiert: "Nach meiner Einschätzung werden Patente beziehungsweise Verfahren um deren Verletzung nicht entscheidend sein für den Ausgang dieser Schlachten, um das beste Betriebssystem, den besten Chip und Ähnliches. Das Instrument des Patentrechts ist meiner Ansicht nach nur eines von mehreren Mitteln, das in der Gesamtauseinandersetzung eingesetzt wird." Erfahrungen der Vergangenheit hätten gezeigt, dass sich nach einer gewissen Konsolidierung des Marktes, wenn sich feste Lager gebildet haben und die "Sieger" und "Verlierer" der Schlachten feststehen, Anzahl und Umfang der Patentverletzungsverfahren sinken, so der Patentexperte weiter.

Erfindungen made in USA/Deutschland

Nach Angaben des Rechtsberaters liegt das Patentwesen in Deutschland und den USA auf demselben Niveau. In beiden Ländern herrsche die Problematik der Trivialpatente, also Schutzrechte, die keine erfinderische Qualität aufweisen, aber irrtümlich erteilt wurden und daher im Streitfalle mühsam wieder gelöscht werden müssen. Allerdings haben die USA nicht diese Regelungen zur Ausnahme der Programme für Datenverarbeitungsanlagen vom Patentschutz (siehe Kasten), so dass dort auch Erfindungen im Bereich der Software angemeldet werden können.

Welche erfinderische Qualität im aktuellen Patentstreit zwischen Apple und Samsung die Gerichte überzeugt, wird sich in Kürze zeigen. Fest steht, der Gewinner wird mit einer Monopolstellung für technischen Fortschritt sowie mit Marktanteilen belohnt.

Die Paragrafen

Im Patentrecht könnte man von Software-Patenten sprechen, wenn sich bei einer Erfindung die Frage stellt, ob sie ggf. unter die Ausnahmeregelung in § 1 Abs. 3 Nr. 3 des Patentgesetzes (bzw. der nahezu gleichlautenden Vorschrift im Europäischen Patentübereinkommen) fällt, wonach "Programme für Datenverarbeitungsanlagen" nicht als Erfindungen im Sinne des Gesetzes gelten. Hierzu hat die Rechtssprechung den Begriff der Technizität gebildet, wonach eine Erfindung immer einen Bezug zu technischen Sachverhalten aufweisen muss, was bei bloßem Programm-Code (der nicht immer mit dem technischen Begriff "Software" gleichgesetzt werden kann) in aller Regel nicht gegeben ist, so dass ein Patent auch nicht erteilt werden kann. (mb)