KI-Plattformwahl geht auch in ausgewogen

28.06.2024 von David Linthicum
Das GenAI-Wettbieten setzt Unternehmen unter Druck, sich zwischen Cloud- und On-Premises-Infrastruktur zu entscheiden. Es gibt aber noch eine dritte Option.
Bei der Entscheidung, KI in der Cloud oder On-Premises einzusetzen, bietet sich eine wilkommene Gelegenheit, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen - auch mit Blick auf die Kosteneffizienz.
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Die Geschichte wiederholt sich - vor allem in der Tech-Branche: Sobald ein neues Konzept auftaucht, wird von diversen Seiten propagiert, dass dieses am besten auf einer bestimmten Plattform läuft. Und nur dort. Dieser VentureBeat-Artikel liefert dafür ein gutes Beispiel, wenngleich er inhaltlich ausgewogener ist als die meisten anderen seiner Art.

Und während die eine Seite die Cloud als die einzige, vernünftige Plattform für künstliche Intelligenz (KI) betrachtet, postuliert die andere (in der Regel besetzt durch Hardware-Anbieter), dass traditionelle Hardware dafür die beste Option ist. Fragt sich nur, wer denn nun Recht hat?

Die Feinheiten der Plattformwahl

Vielleicht erinnern Sie sich noch daran, als sich vor gut zehn Jahren ein "Cloud First"-, beziehungsweise "Cloud Only"-Trend in Gang setzte. Er hat nicht wenige Firmen dazu verleitet, Cloud Computing auf jedes ihrer Probleme anzuwenden - was (grob geschätzt) in der Hälfte aller Fälle schiefgegangen ist. Nun sieht es ganz danach aus, als würden die Unternehmen in dieselbe alte Falle stolpern. Der einfachste Weg, das zu vermeiden: Durchdringen Sie die spezifischen Business-Probleme, die Ihr Unternehmen lösen möchte. Spoiler-Alarm: Nicht immer wird die passende Lösung am Ende die Public Cloud sein.

Diejenigen, die in Sachen KI einen Single-Platform-Ansatz bevorzugen, argumentieren oft in einem Stil, der eher unlogisch ist und Sätze hervorbringt, wie: "Für diesen speziellen Business Case ist der Ansatz zwar nicht geeignet, im Allgemeinen aber der richtige Weg". Unbestreitbar ist jedoch, dass die Cloud zunächst einmal für viele KI-Lösungen eine naheliegende Wahl ist: Hier existiert ein eigenes KI-Ökosystem, das auch alle generativen Tools umfasst. Die Agilität der Cloud und ihre unmittelbar verfügbaren Ressourcen sind in einem Bereich, der sich durch rasanten technologischen Fortschritt auszeichnet, von unschätzbarem Wert. Zudem verfügen Cloud-Plattformen über fortschrittliche Security- und Business-Continuity-Funktionen, die nur wenige Unternehmen intern nachbilden können. Allerdings ist die Cloud eben auch oft zu teuer und eignet sich möglicherweise nicht für Anwendungsfälle, die spezielle Compliance- und Sicherheitsanforderungen aufwerfen.

Bessere Kontrollmöglichkeiten und optimierte Compliance sind auch die wesentlichen Argumente der On-Premises-Verfechter - insbesondere, wenn es um stark regulierte Branchen wie den Finanzsektor oder das Gesundheitswesen geht. Weitere, häufig angeführte Argumente dafür, KI auf On-Premises-Hardware einzusetzen, sind regelmäßig potenzielle Kosteneinsparungen bei datenintensiven Workloads, verbesserte Latenzzeiten und Performance für spezifische Tasks sowie die Autonomie, die Infrastruktur jederzeit nach Bedarf anpassen zu können, ohne dabei auf einen Anbieter angewiesen zu sein. Auch das sind durchweg gute Argumente - allerdings unterliegen sie derselben Grundproblematik wie die der Gegenseite: Sie sind lediglich für bestimmte Use Cases relevant.

Sich in Sachen KI zwischen Cloud und On-Premises zu entscheiden, ist einfacher als Sie jetzt vielleicht denken - insofern Sie sich dabei von folgendem, vierstufigem Prozess leiten lassen:

  1. Use Case bestimmen

  2. Konsens über Anforderungen herstellen

  3. Technologische Anforderungen berücksichtigen

  4. die richtige Plattform wählen

Insbesondere, dass die Wahl der Plattform den letzten Schritt dieses Prozesses darstellt, ist wichtig: Wenn Ihnen Jemand begegnet, der behauptet, seine KI-Plattform vor dem zu lösenden Problem zu kennen, dürfen Sie getrost (mindestens) eine Augenbraue hochziehen.

Der Business Case sticht

Darüber hinaus ist es wichtig, die finanziellen Realitäten zu verstehen, die hinter neuen Technologien - und ihrem Einsatz - stehen. KI-spezifische Hardware wie die Hochleistungs-GPUs von Nvidia sind extrem kostenintensiv - und die großen Cloud-Anbieter verfügen über ausreichende, monetäre Ressourcen, um diese zu absorbieren und auf eine breite Nutzerbasis zu verteilen.

Auf der anderen Seite sind viele Firmen, die in lokale Hardware investieren, mit einem immerwährenden Upgrade- und Wartungs-Zyklus konfrontiert. Es gibt jedoch auch Möglichkeiten, On-Premises-Systeme so aufzusetzen, dass sie keine teuren High-End-Prozessoren benötigen. Anders formuliert: Die Vorstellung, dass jede KI-Anwendung GPUs benötigt, ist schlicht unzutreffend. Schließlich laufen diese inzwischen auch auf Smartphones. Apropos: Edge Computing macht die ganze Gleichung noch komplizierter - insbesondere, wenn es um latenz-affine Anwendungsfälle wie autonomes Fahren oder Echtzeit-Datenanalysen geht.

Angesichts der Komplexität der Technologielandschaft ist zu empfehlen, bei der Entscheidung zwischen Cloud- und On-Premises-Infrastruktur differenzierter vorzugehen. Ein hybrider Ansatz, der die Stärken beider Paradigmen kombiniert, ermöglicht Ihnen, Workloads mit Fokus auf Latenz oder Compliance vor Ort auszuführen, während die Cloud und ihr KI-Ökosystem Kosteneffizienz und Skalierbarkeit gewährleistet.

Es geht also nicht darum, sich zwischen zwei Optionen zu entscheiden, sondern darum, zu erkennen, dass beide ihre Daseinsberechtigung haben. Ihr Ziel sollte es sein, das gesamte Spektrum der verfügbaren Ressourcen zu nutzen, um spezifische Geschäftsanforderungen effektiv zu erfüllen. Diejenigen Unternehmen, die einen objektiven Ansatz mit klar definierten Zielen verfolgen, werden die Komplexität der KI-Einführung meistern und ihr volles transformatives Potenzial ausschöpfen können. (fm)

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