Bill Gates

"Klimawandel ist die größte Herausforderung der Menschheit"

18.02.2010 von Jan-Bernd Meyer
Bill Gates hat vergangenen Freitag eine Rede gehalten, die sein philanthropisches Engagement um einen Aspekt erweiterte: den Klimaschutz.
Dafür kennt man Bill Gates, den Gründer von Microsoft, mittlerweile: Die Bill and Melinda Gates Foundation spendet Milliarden von Dollar für die Entwicklung von Impfstoffen unter anderem, um Krankheiten wie Malaria zu bekämpfen. Jetzt richtet sich Gates' Augenmerk auch auf eine Gefahr, die die gesamte Welt betrifft: die Umweltzerstörung.
Foto: gatesfoundation

Gates' Ansage auf der TED-Konferenz in Long Beach, Kalifornien, (siehe Kasten: Was ist TED?) war deutlich und ambitioniert zu gleich: Die größte Herausforderung der Menschheit sei der Klimawandel und die Umweltverschmutzung. Um diese in Griff zu bekommen, sollten die Emissionen nicht nur reduziert, vielmehr müsste der Ausstoß umweltschädlicher Emissionen bis 2050 auf Null reduziert werden.

Nicht kleine Schritte will Gates. Kein Taktieren und Verhandeln, wie man es von Politikern gewohnt ist. Keine Interessenabwägungen, bei der die Rettung der Umwelt wirtschaftlichen Zielen geopfert wird. Gates sagte ein Wort: Null. Hierbei präsentierte er eine Folie, auf der lediglich der Erdball und eine riesige Null zu sehen waren.

Gates erklärte auch, was ihn antreibt in seinen philanthropischen Bemühungen: Er wolle das Lebens der Menschen in der Welt verbessern, die am verwundbarsten sind. Hierzu dient bislang schon die Bill and Melinda Gates Foundation, eine Stiftung mit den weltweit größten finanziellen Ressourcen. Milliardenbeträge wandern von hier in die Forschung und Entwicklung von Impfstoffen zur Bekämpfung etwa von Malaria oder AIDS. Jetzt, so Gates, habe er erkannt, dass die Umweltzerstörung das größte Problem für die Menschheit sei.

Man kann bei der Person Gates sicher und mit Leichtigkeit eine kontroverse Diskussion darüber führen, wie er als Geschäftsmann und Entrepreneur Microsoft zum weltweit größten Softwarehaus transformiert hat. Es gibt sogar Stimmen, die die exorbitanten finanziellen Möglichkeiten von seiner und seiner Ehefrau Stiftung kritisch beäugen. Es bleibt allerdings ein Argument, das schwer zu widerlegen ist: Was Gates zu Zeiten als Chef von Microsoft anpackte, geriet meistens zu einem veritablen Erfolg. Und auch die Aktivitäten der Stiftung haben bislang sehr positive Effekte.

Was ist TED?

TED ist eine kleine Nonprofit-Organisation, die 1984 mit einer Konferenz startete, bei der Menschen aus drei Industriebereichen zusammengebracht wurden: Technologie, Design und Unterhaltung. TED ist dem Ideal verpflichtet, Ideen zu verbreiten, die es wert sind ("Ideas Worth Spreading"). Heute hält TED jährlich zwei Konferenzen ab, auf der hochrangige Sprecher antreten: In Long Beach, Kalifornien, findet die TED Conference statt, auf der unter anderem Gates jetzt gesprochen hat. In Oxford in Großbritannien veranstaltet TED zudem die TEDGlobal Conference.

Insofern ist es möglicherweise von besonderer Bedeutung, dass mit Gates nicht ein Politiker vom Zuschnitt eines Al Gore eine feurige Rede pro Klimaschutz hielt, sondern einer der erfolgreichsten Geschäftsmänner, den die Welt kennt.

Gates' Umweltformel

Gates fasste seine Erkenntnisse auf der TED-Konferenz in einer Formel zusammen:

CO2 = P x S x E x C.

Dahinter verbirgt sich die Aussage, dass der Ausstoß von umweltzerstörenden Treibhausgasen, deren größter Anteil Kohlendioxid (CO2) ist, von vier Faktoren befördert wird:

Bevölkerung (P = Population), Services, Energieverbrauch und Carbon. Der Bevölkerungszuwachs, der nach wie vor anhält, hat direkte Auswirkungen auf die Umwelt. Mit Services meinte Gates das gesellschaftliche und wirtschaftliche System, das es möglich macht, Millionen von Menschen aus der Armut zu führen. Um die Bedürfnisse der gesamten Menschheit abzudecken hin zu einer gerechteren Verteilung der Güter, würden diese Services weiter massiv ansteigen. Von zentraler Bedeutung ist natürlich der Energiekonsum, der nötig ist, all die Güter zu produzieren, die zum Wohl aller dienen sollen. Energie zur Produktion dieser Güter muss allerdings zunächst bereitgestellt werden. Diese Energiegewinnung generiert allerdings umweltschädliche Emissionen.

Diese vier Faktoren, sagt Gates, bestimmen unsere Emissionsbilanz. Um nun das von ihm propagierte ehrgeizige Ziel eines auf Null reduzierten Schadstoffausstoßes zu realisieren, müsse mindestens einer dieser Faktoren auf Null gebracht werden.

Verrückt? Oder visionär? Was meinen Sie?

Vor dem Hintergrund der wachsweichen Ergebnisse etwas des Kopenhagener Klimagipfels mit den mächtigsten Politikern der Welt im Dezember 2009 hört sich Gates' rigoroses Eintreten für eine Reduzierung der Umweltschadstoffe auf null fast schon verrückt an. Vielleicht ist seine Sicht aber nur eine visionäre. Sicherlich liegt der Reiz seiner Forderung in der vermeintlichen Einfachheit. Und natürlich blendet die Simplizität seiner Formel wichtige Faktoren aus. Es wird interessant sein, die kritischen Stimmen zu dieser Rede zu hören.

Schreiben Sie uns, was Sie von Gates' Klima-Engagement halten.

Lösung: Klimaneutrale Energiegewinnung

Die Bevölkerung der Erde werde, glaubt Gates, noch vier Jahrzehnte wachsen. Diese wachsende Menschheit werde nach Prosperität verlangen. Der hierfür nötige zunehmende Energiebedarf sei durch Energieeffizienzbestrebungen nicht aufzufangen. Als einzige Möglichkeit, die Umweltbelastung zu reduzieren und à la longue auf Null zu bringen, sieht der Microsoftgründer die Entwicklung klimaneutrale Energiegewinnung.

Solch eine Technologie gäbe es heute noch nicht. Sie zu erfinden, bedürfe es eines "Energiewunders". Nötig sei es, dass eine neue Generation von Entrepreneurs neue Ideen für erneuerbare Energien voranbringt. Die Welt brauche "1000 viel versprechende Ideen". Er jedenfalls werde sein Engagement auf dieses Menschheitsziel ausrichten. (jm)