Manager-Profil hat sich verändert

Krisen-Know-How statt Empathie gefragt

28.06.2023 von Hans Königes
Wenn es um die Besetzung von Spitzenpositionen geht, setzen Arbeitgeber nach wie vor auf Personalberater, wie deren zweistellige Branchenwachstum zeigt. Verändert hat sich dagegen das Profil: gesucht werden Krisenprofis.
Das Geschäft mit der Vermittlung von Führungskräften läuft auch nach Corona und trotz KI auf Hochtouren - zweistellige Wachstumsraten sind normal.
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In der aktuellen Branchenstudie "Facts & Figures zum Personalberatungsmarkt 2023" des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberatungen (BDU) zeigt sich ein positiver Trend: der Gesamtmarktumsatz der Personalberatungsbranche stieg 2022 mit einem Gesamtmarktwachstum von 12,5 Prozent auf ein neues Allzeithoch von rund drei Milliarden Euro, dies ist der zweithöchste Anstieg der letzten zehn Jahre.

Neben dem Kerngeschäft, also der Suche, Auswahl und Gewinnung von Führungskräften und Spezialisten, das um 12,4 Prozent wuchs, haben insbesondere zusätzliche Beratungsleistungen wie Leadership Advisory (Plus 13,5 Prozent) und Unterstützung bei der Besetzung von Beirats- und Aufsichtsratspositionen (Plus 11,3 Prozent) zum gestiegenen Gesamtmarktumsatz beigetragen.

Größter Manager-Bedarf im Gesundheitswesen

Zu den Top-Auftraggebern zählten mit dem Gesundheitswesen (Plus 19,7 Prozent), der Life Science- und Pharmaindustrie (Plus 19,6 Prozent) sowie der Chemiebranche (Plus16,8 Prozent) drei Branchen, die für knapp ein Fünftel des Gesamtmarktumsatzes stehen, zu den größten Wachstumstreibern.

"Durch die Corona-Pandemie ausgelöst beziehungsweise verstärkt, haben flexiblere Arbeitsformen aufgrund der Zunahme von Remotearbeit sowie der Möglichkeit, Interviews weitestgehend online zu führen, auch zu einem veränderten Arbeitsumfeld in der Personalberatungsbranche geführt", erläutert Arne Adrian, Vorsitzender des BDU-Fachverbandes Personalberatung.

Mehr Frauen in der Branche

Im Jahr 2022 waren in den geschätzten rund 2.450 Personalberatungsunternehmen knapp 17.000 Mitarbeitende beschäftigt, davon rund 9.000 an der Schnittstelle zum Kunden, 4.000 Researcherinnen und Researcher sowie 3.500 im Backoffice. Dies entspricht einem Plus von 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Anteil der weiblichen Mitarbeitenden war 2021 um vier Prozentpunkte auf 39 Prozent angestiegen. Dieser Trend hat sich 2022 jedoch nicht über alle Hierarchieebenen fortgesetzt. So war der Frauenanteil in der Unternehmensleitung mit minus 1,6 Prozentpunkten sogar rückläufig.

Deutliche Veränderungen zeigen sich bei den Anforderungen, die an Kandidatinnen und Kandidaten gestellt werden. "Die Erfahrungen der multidimensionalen Krisen und Herausforderungen zeigen sich in zwei Werten: der Wunsch nach Krisen-Know-how ist drastisch gestiegen (von ein Prozent auf 14 Prozent), zugleich ist der Anteil der Personalberater, die Empathie als eine wichtige Eigenschaft bei Führungskräften bewerten, im Jahr 2023 deutlich zurückgegangen (von 42 Prozent auf 25 Prozent)," so Wolfram Tröger, Vize-Präsident des Bundesverband Deutscher Unternehmensberatungen (BDU).

Erwartungen an Arbeitgeber steigen

Auch die Anforderungen der Kandidatinnen und Kandidaten an die späteren Arbeitgeber sind weiter im Wandel. Neben monetären Aspekten ist es für Mitarbeiter aller Karrierestufen wichtig, den Wohnort nicht wechseln zu müssen, die Möglichkeit zur Arbeit aus dem Home-Office zu haben. Für Jüngere sind Weiterbildungsangebote und Coachingmöglichkeiten wichtige Anreize. Auffällig ist zudem, dass jüngere Arbeitnehmende insgesamt höhere Anforderungen an potenzielle Arbeitgeber stellen, als es auf C-Level Ebene der Fall ist.

Für Personalberatungen sind Karriere-Netzwerke auf der Suche nach vielversprechenden Kandidatinnen und Kandidaten weiterhin mit 75 Prozent (LinkedIn) die erste Wahl. 65 Prozent der Headhunter verwenden weiterhin die telefonische Erstansprache. Wie bereits im Vorjahr spielen Plattformen wie Facebook (zwei Prozent) und Instagram (zwei Prozent) für die Suche keine Rolle. Das Honorar lag in der Recruitingbranche wie schon in den beiden Vorjahren auch 2022 bei durchschnittlich 27 Prozent des Zieleinkommens.

Eigene Vermarktung wird wichtig

Zu den wichtigsten Trends gehört die stärkere Nutzung von KI-Lösungen und digitalen Tools. Gefragt nach Perspektiven und einem Ausblick stimmen 79 Prozent der befragten Personalberater der These zu, dass KI den Prozess zunehmend vereinfachen wird, aber Erfahrung und Empathie auch zukünftig unabdingbar bleiben.

Aber auch die Abkehr von unqualifizierten und unpersönlichen Massenansprachen über diverse Plattformen zeigt sich deutlich. So sticht die Notwendigkeit hervor, eine viel stärkere Qualifizierung der Ansprache von potenziellen Kandidaten über Plattformen zu etablieren. Das Thema "mehr Diversity" wird bei der Definition des Anforderungsprofis beziehungsweise bei der Auswahlentscheidung des Klienten weiter an Bedeutung gewinnen, zeigt sich ebenfalls in aller Deutlichkeit. Und 81 Prozent der befragten PersonWarum Frauen alberater glauben, dass die Vermarktung der eigenen Person über Social Media wichtiger wird.

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