aitomation conference 2019

Künstliche Intelligenz und Automation im Business

06.06.2019 von Susanne Köppler
Künstliche Intelligenz und Automation sind aus modernen Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Welche konkreten Vorteile sich daraus für das Business ergeben, diskutierten Vertreter unterschiedlichster Branchen auf der aitomation conference.

Ob in der Medizin, in der Fertigung oder in der Versicherungsbranche: Künstliche Intelligenz und Automation sind aus den Diskussionen zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen, Ertragssteigerung und den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr wegzudenken. Doch ein Allheilmittel für jegliche Probleme in den Unternehmen sind auch diese Technologien nicht.

Die eineinhalbtägige aitomation conference, die am 9. und 10. Mai 2019 im Hamburger SIDE Hotel stattfand, war geprägt von reger Beteiligung und intensiven Diskussionen.
Foto: IDG / Foto Vogt

Am 9. und 10. Mai trafen sich in Hamburg mehr als 110 CIOs, Data Scientists und Geschäftsführer aus ganz Deutschland, um sich auf der aitomation conference mit den anwesenden Experten und untereinander auszutauschen.

Einblicke, was Künstliche Intelligenz bereits heute in der Medizin leistet und wo diese noch einen größeren Einfluss haben könnte, gab Prof. Dr. med. Michael Forsting, Leiter der Zentrale Informationstechnologie am Universitätsklinikum Essen in seiner Eröffnungs-Keynote. Eine seiner Kernaussagen: "Der größte Hebel für KI ist naturgemäß da, wo die Medizin die meisten Fehler macht: in der sprechenden Medizin, da diese noch immer hypothesengetrieben arbeitet und infolgedessen besonders fehleranfällig ist." Im Gegensatz dazu erweise sich die weitaus weniger von Hypothesen geprägte Radiologie nahezu fehlerfrei.

Gemeinsam mit einem technischen Leiter ist Prof. Forsting für die Zentrale Informationstechnologie des Universitätsklinikums Essen verantwortlich.
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Im Anschluss an die Eröffnungskeynote brachten die Teilnehmer ihre Erfahrungen, Fragen und Anliegen zu den Themen "Data Foundation" und "Application" im Rahmen der beiden Bar Camps aktiv mit ein.

Daten als Quelle neuer Geschäftsmodelle

Das Bar Camp zum Metathema "Data Foundation" gestalteten federführend die Themenpaten Frank Litsch und Christoph Charles von T-Systems. Zwei Kernfragen prägten die rege und auch kontrovers geführte Diskussion zur Data Foundation: Wie und unter welchen Voraussetzungen lassen sich mit Daten neue Geschäftsmodelle entwickeln? Und wie kann der gezielte Einsatz von Daten zur Effizienzsteigerung und Kostenreduktion beitragen?

Die T-Systems-Manager und zahlreiche Teilnehmer schilderten ihre Erfahrungen aus bereits umgesetzten Projekten - und berichteten auch über jene Fälle, in denen Projekte noch vor dem Startschuss wieder verworfen wurden. Als entscheidender Dreh- und Angelpunkt für das Gelingen oder Misslingen eines Projekts entpuppte sich bei dieser Diskussoin eine zentrale Erkenntnis: Nur wenn IT- und Business-Verantwortliche von Anfang am Projekt beteiligt sind und gemeinsam die Lösung erarbeiten, gelingt es, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und eine höhere Effizienz zu erreichen. Diese Zusammenarbeit zu ermöglichen ist wiederum eine Frage der Organisation und damit des Managements.

Christoph Charles, Guild Leader Artificial Intelligence (am Whiteboard), und Frank Litsch, Business Consultant (1. v.r.), beide T-Systems, stehen den Teilnehmern zur Seite, während diese die Themen für die kommende Diskussion festlegen.

Einsatzszenarien für KI

Prof. Alyosh Agarwal von der Macromedia in München moderierte das Bar Camp zum Metathema "Application" - zur Anwendung von KI- und Automation-Lösungen im Business-Alltag. Die Teilnehmer dieses Bar Camps befassten sich grundlegend mit Fragen nach dem Einstieg in die KI: Wie findet man sinnvolle Einsatzszenarien? Welche Erwartungshaltung besteht hinsichtlich des Einsatzes? Welche Datenpools sind vorhanden? Welche Daten können verwendet werden? Die Kernergebnisse der Diskussion waren:

Gemeinsam mit dem Application-Themenpaten Prof. Agarwal (3.v.l.) legen sich die Teilnehmer des Bar Camps auf konkrete Diskussionsgrundlagen fest.
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Networking über den Dächern Hamburgs

Nach der Ergebnispräsentation der Bar Camps erwartete die Teilnehmer ein reichhaltiges Barbecue auf der sonnigen Dachterrasse der Veranstaltungslocation SIDE Hotel mitten in Hamburg. Bei hochwertigen Grillkreationen nahmen sich die Teilnehmer hier noch ausreichend Zeit zum Networken in fachlich-entspannter Atmosphäre.

Status Quo und Use Cases

Tag zwei der aitomation conference war gegliedert in drei Komponenten. Im Strang Data Foundation ging es darum, inwiefern Daten als Grundlage für verschiedene KI- und Automation-Lösungen dienen, wie diese gefunden, gesammelt, verarbeitet, aufbereitet und somit genutzt werden können, um Unternehmen einen Mehrwert zu ermöglichen.

Der zweite Strang befasste sich mit den Applications - also mit den konkreten Einsatzszenarien der Technologien in den verschiedenen Unternehmensumgebungen. Der dritte Strang stand unter dem Motto "Education". Hier stellten Unternehmen ihre KI- und Automationsprojekte vor, erläuterten die dabei auftretenden Probleme und Hürden und diskutierten mit den Teilnehmern über die daraus resultierenden Learnings.

Data Foundation, Application und Education

In den zahlreichen Sessions am zweiten Konferenztag konnten die Teilnehmer intensiv mit den vortragenden Experten zu verschiedensten Themen diskutieren und ihre Fragen stellen. Zum Beispiel referierte Sven Munk, Leiter Technical Sales EMEA & LATAM bei Informatica, in seiner Foundation-Session darüber, wie sich mit Künstlicher Intelligenz der Bierabsatz prognostizieren lässt.

Dr. Peter Boße von der Versicherungskammer Bayern erläutert in seiner Application-Session, wie er KI- und Automation-Lösungen intern vermarktet und seine Mitarbeiter in den Change-Prozess einbindet.
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In den Application-Sessions erfuhren die Teilnehmer von Dr. Peter Boße, Bereichsleiter IT der Versicherungskammer Bayern, wie er in der eigenen Organisation den Einsatz von KI- und Automationslösungen vermarktet hat und seine Mitarbeiter für neue Herangehensweisen begeistern konnte.
Im Rahmen der Education-Sessions diskutierte Guy Morgan Reeve, EMEA Director Cloud und Managed Services bei Hitachi, mit den Teilnehmern den nutzwertigen Einsatz von KI und Automation im Cloud-Umfeld. Nebenan ging es bei Mario Griffith, Geschäftsführer von AmdoSoft, und Neil Howell, Teamleiter Automation von SYSback, darüber, wie RPA, OCR und Runbook-Automation im HR-Bereich eingesetzt werden kann.

Darüber hinaus drehten sich viele der Diskussionen um den konkreten Praxiseinsatz von Künstlicher Intelligenz und Automation. Zu den Fragen nach der Optimierung von Betriebsabläufen und der Beschleunigung von Geschäftsmodellen durch KI und Automation gaben die Experten wertvolle Empfehlungen und Einschätzungen.

Künstliche Intelligenz zum Anfassen

In der Mittags-Keynote brachten die Referenten Timo Schwarzer und Dionysios Satikidis, Software Engineers der Festo AG, die vielbeachtete BionicSoftHand auf die Bühne mit und erläuterten, wie sie sich bei der Entwicklung und in der Forschung von der Natur inspirieren lassen. Entstanden ist daraus ein komplexes System mit unzähligen Sensoren, einer Haut, die fühlen und erkennen kann, welche der Hand ihre Bewegung ermöglichen.

Diese mit vielen Sensoren ausgestatteten Hand auf traditionellem Wege zu programmieren, ist nahezu unmöglich. Daher arbeitete das Team mit Reinforcement Learning. Bei dieser Methodik wird ein Ziel definiert. Die Applikation optimiert anschließend in iterativen Schritten ihre Parameter, um diesem Ziel näher zu kommen.

Die BionicSoftHand von Festo: Dionysios Satikidis (links) und Timo Schwarzer präsentieren ihren naturgetreuen bionischen Greifer.
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Automation, KI und die Zukunft der Arbeitsplätze

Digitalisierung, Wandel, KI und Automation - all diese Themen stellen viele Unternehmen vor eine große Hürde. Einerseits gilt es, bestehende Mitarbeiter im Change-Prozess entsprechend mitzunehmen. Andererseits muss eine neue, anspruchsvolle Generation angezogen werden. Und zu guter Letzt müssen diese beiden Gruppen auch noch unter einen Hut gebracht werden.

Diese und weitere Hürden diskutierten Ulrike Meyer, CIDO bei Willenbrock Fördertechnik, Sven Munk, Leiter Technical Sales bei Informatica, Alexander Rabe, geschäftsführer eco - Verband der Internetwirtschaft und Marcus Schweighart, Partner der HBC Hamburger BeraterContor und stellten sich im Anschluss den Fragen des Publikums.

Die Panel-Diskussion zum Thema „Automation, KI und die Zukunft der Arbeitsplätze“ wird geleitet von Heinrich Vaske, Editorial Director COMPUTERWOCHE und CIO-Magazin.
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"Maschinen sind dumm"

Für die erste ihrer fünf Thesen: "Maschinen sind dumm", lieferte Dr. Anastassia Lauterbach in ihrer Keynote auch gleich die Begründung mit, in dem sie veranschaulichte, wie KI aktuell als Business und im Business genutzt wird. Die anderen vier Thesen:

These 2: "KI ist wie Outsourcing: Es kann auch gut gehen." Die Gefahr sei aber, dass am Ende niemand mehr wissen, was man wann und warum getan habe.

These 3: "KI lebt länger, aber wir sind mehr. Bei KI passiert nichts künstlich, es passiert alles 'by Design'."

These 4: "Mit KI lässt sich viel Geld verdienen." Konzerne wie Facebook, Microsoft, Amazon oder Apple beherrschen alle Wertschöpfungsbereiche, vom Chip, über Serverinfrastrukturen, Daten, Softwareanwendungen … Dieser Vorsprung sei für deutsche Unternehmen kaum mehr aufzuholen. Neben diesen Unternehmen, welche komplett KI-zentriert agieren, gebe es in Europa aber auch KI-Spezialisten, wie beispielsweise Wirecard oder Spotify.

Dr. Anastassia Lauterbach ist internationale Aufsichtsrätin, Technologie-Unternehmerin und Expertin in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Cybersecurity.
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These 5: "KI stellt komplexe ethische Fragen. Wir Menschen denken darüber nach. Als Menschen beschäftigen wir uns schon seit tausenden Jahren mit Ethik." Ethik sei kein festes Regelwerk, sondern unterliege dem Wandel. Diese These illustrierte Lauterbach am Beispiel der Hexenverbrennung, die, im Gegensatz zur heutigen Zeit, früher ethisch positiv bewertet wurde. "Warum sind wir uns sicher, dass wir das, was wir heute als ethisch bezeichnen, im 23. Jahrhundert noch genau so sehen?"

Eindringlich warnte sie die Teilnehmer: Wer sich nicht mit der Technologie befasse, riskiere es, das eigene Geschäft den KI-basierten Unternehmen zu überlassen. Mit diesem Weckruf beendete Dr. Lauterbach ihren Vortrag und setzte gleichzeitig den Schlusspunkt für die eineinhalbtägige aitomation conference, die von intensiven Diskussionen, spannenden Einblicken in die Nutzung von KI und Automation in verschiedensten Unternehmensumgebungen und regem Austausch zwischen Teilnehmern und Experten geprägt war.

aitomation conference 2020

Merken Sie sich schon jetzt den 14. und 15. Mai 2020 vor. An diesen beiden Tagen erwartet Sie in Hamburg erneut die aitomation conference.

Den Live Blog zum Nachverfolgen der aitomation conference 2019 gibt es hier: https://www.computerwoche.de/a/aitomation-conference-im-live-blog,3547003

Impressionen der Veranstaltung finden Sie unter: https://www.aitomation.de/impressionen/