Wie der Staat hilft

Lernen während der Kurzarbeit

20.08.2009 von Konrad Buck
Mitarbeiter können verringerte Arbeitszeiten für ihre Fortbildung nutzen, der Staat hilft dabei.

Der Staat macht Kurzarbeit für Arbeitgeber attraktiv. Wer ab dem siebten Monat keine Sozialbeiträge mehr zahlen muss und das Kurzarbeitergeld für seine Angestellten verlängert bekommt, so das Kalkül des Arbeitsministeriums, kann Fachkräfte nicht nur weiterbeschäftigen, sondern auch weiterbilden. Derzeit sind etwa 2,2 Millionen Arbeitnehmer von Kurzarbeit betroffen. Sie verdienen weniger Geld, behalten aber ihren Job. Daneben fördert das Bundesarbeitsministerium die Qualifizierung von Kurzarbeitern und unterstützt die Unternehmen darin, die konjunkturelle Krise für berufliche Weiterbildung zu nutzen.

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"Durch die Kombination von Kurzarbeit und Qualifizierung wollen wir den Betrieben helfen, ihre erfahrenen Mitarbeiter auch in Krisenzeiten zu halten und Wettbewerbsvorteile für die Zukunft zu erlangen", sagt Bundesarbeitsminister Olaf Scholz. Dazu zähle auch die Vorbeugung gegen künftigen Fachkräftemangel. Die geförderten Kurse reichen von Computer- bis hin zu Fachenglischseminaren.

Unterstützung aus Nürnberg

Seit Anfang Februar dieses Jahres stellt die Bundesagentur für Arbeit zusätzliche Mittel zur Verfügung. Damit will sie bis Ende 2010 zum einen gering qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Berufsabschluss fördern. Zum andern unterstützt die Nürnberger Behörde Beschäftigte, die bereits mehr als vier Jahre eine Tätigkeit ausüben, für die sie keinen Berufsabschluss haben. Diesen können sie in der Weiterbildung erwerben oder sich dafür teilqualifizieren lassen. Die Agentur für Arbeit erstattet dabei die kompletten Lehrgangskosten und bezuschusst Fahrt- und Kinderbetreuungskosten.

Berufsbezogenes Wissen erweitern

Aber auch qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in ihrem gelernten Beruf arbeiten, erhalten Fortbildungen, in denen sie berufsbezogenes Wissen aufbauen. Sie haben zudem die Möglichkeit, Qualifikationen wie beispielsweise Fremdsprachenkenntnisse zu erwerben, die sie auch in anderen Berufsfeldern auf dem Arbeitsmarkt einsetzen können. Die Agentur für Arbeit erstattet aus den zusätzlich aus dem Europäischen Sozialfonds zur Verfügung gestellten Mitteln 25 bis 80 Prozent der Lehrgangskosten - abhängig von der Art der Qualifizierung, der Betriebsgröße und der Personengruppe.

"Im Zuge des Konjunkturpakets II haben wir Programme zur Qualifikation ausgeweitet, um auch möglichst vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die nicht von Kurzarbeit betroffen sind, Qualifizierungschancen zu eröffnen", erläutert Arbeitsminister Scholz. So hat die Bundesregierung das Programm "Wegebau" (Weiterbildung geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen für alle Beschäftigten geöffnet, deren Aus- oder Weiterbildung länger als vier Jahre zurückliegt. Wegebau soll durch den Erwerb arbeitsmarktnaher Kenntnisse Entlassungen vorbeugen. Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt dabei die vollen Kosten der Weiterbildung und beteiligt sich bei gering qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch an den Lohnkosten.

Lena Daldrup, Sprecherin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, ist zuversichtlich, dass Unternehmen die Kurzarbeitsregelungen in Anspruch nehmen: "Das Kurzarbeitergeld wurde verlängert und vereinfacht. Unternehmen, die die Zeit der Kurzarbeit zur Qualifizierung ihrer Mitarbeiter nutzen, werden die Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe erstattet. Insgesamt nehmen wir eine verstärkte Verbreitung von Kurzarbeit wahr." Die Zahlen würden zeigen, dass das Instrument gut angenommen werde und Arbeitgeber auch in der Krise an ihren Mitarbeitern festhalten wollten.

FAQ zur Kurzarbeit
1. Wer entscheidet über Kurzarbeit?
Kurzarbeit ist mitbestimmungspflichtig. Wenn kein Betriebsrat existiert, müssen die für die Kurzarbeit in Frage kommenden Mitarbeiter den Plänen der Firmenleitung zustimmen. Die Arbeitgeber benötigen für die Anordnung von Kurzarbeit über die wirtschaftliche Notwendigkeit hinaus auch eine Rechtsgrundlage (Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträge). (Foto: Edyta Pawlowska/Fotolia.com)
2. Was sind die Voraussetzungen für Kurzarbeit?
Konjunkturelles Kurzarbeitergeld kann grundsätzlich bezogen werden, wenn im Betrieb eine Reduzierung der Arbeitszeit vereinbart wurde und damit ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall verbunden ist. Der Arbeitsausfall beruht auf gesetzlich anerkannten Ursachen wie auf wirtschaftlichen Gründen und ist unvermeidbar. Zudem soll der Betrieb alles getan haben, um ihn zu vermindern oder zu beheben. Der Arbeitsausfall ist vorübergehend. Innerhalb der Bezugsdauer kann grundsätzlich wieder mit dem Übergang zur Vollarbeit gerechnet werden. (Foto: sk design/Fotolia)
3. Was ist Kurzarbeitergeld?
Kurzarbeitergeld ist eine Leistung der Bundesagentur für Arbeit nach dem Sozialgesetzbuch III. Es ermöglicht bei vorübergehendem Arbeitsausfall die Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern.
4. Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?
Grundsätzlich beträgt das konjunkturelle Kurzarbeitergeld 60 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Wenn ein Kind mit im Haushalt lebt, beträgt das Kurzarbeitergeld 67 Prozent. Kommt es zu einer Arbeitsreduzierung von 30 Prozent, erhält der Arbeitnehmer 70 Prozent des üblichen Bruttolohns vom Arbeitgeber. Von den entfallenden 30 Prozent übernimmt die Bundesagentur für Arbeit entweder 60 oder 67 Prozent des Nettoarbeitsentgeltes. Beide Lohnbestandteile werden gemeinsam vom Arbeitgeber ausgezahlt. (Foto: Joachim Wendler)
5. Wie lange wird Kurzarbeitergeld bezahlt?
Bis zu 24 Monate kann das konjunkturelle Kurzarbeitergeld bezogen werden. Diese Regelung gilt für alle Beschäftigten, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. Dezember 2009 entsteht; also auch für diejenigen, die bereits 2008 mit Kurzarbeit begonnen haben und diese 2009 fortsetzen. (Foto: mapoli Photo/Fotolia.com)
6. Können tarifliche Regelungen das Kurzarbeitergeld aufstocken?
Ja, es gibt etliche tarifliche Regelungen, in denen sich die beteiligten Arbeitgeber verpflichtet haben, das Kurzarbeitergeld aufzustocken beziehungsweise für entgangenes Entgelt Ausgleiche zu schaffen.
7. Werden die Sozialversicherungsbeiträge weitergezahlt?
Die Beiträge zur Sozialversicherung werden von den Agenturen für Arbeit zu 50 Prozent erstattet. Sofern Arbeitgeber ihre in Kurzarbeit befindlichen Beschäftigten qualifizieren, beteiligt sich die Bundesagentur für Arbeit an den Weiterbildungskosten und erstattet auf Antrag des Arbeitgebers die vollen Sozialversicherungsbeiträge. Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt ab dem 7. Monat des Bezugs von Kurzarbeitergeld die vollen Beiträge zur Sozialversicherung. (Foto: bilderbox /Fotolia.com)
8. Was ist, wenn man nach der Kurzarbeit doch arbeitslos wird?
Den Beschäftigten entstehen durch Kurzarbeit keine Nachteile. Die Höhe des Arbeitslosengeldes orientiert sich an dem Gehalt, das der Mitarbeiter ohne Kurzarbeit bekommen hätte. (Foto: Harald07/Fotolia.com)
9. Wie fördert die Regierung Weiterbildung während der Kurzarbeit?
Die Bundesagentur für Arbeit beteiligt sich an den Weiterbildungskosten während der Zeiten von Kurzarbeit. Die konkrete Höhe liegt zwischen 25 und 80 Prozent der übernahmefähigen Kosten und richtet sich nach Art der Qualifizierung, der Betriebsgröße und der Person der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers. (Cmon/Fotolia.com)
10. Gilt Kurzarbeit auch für Auszubildende?
Nein. Das Ausbildungsverhältnis ist kein Arbeitsvertrag. Im Ausbildungsvertrag hat sich der Arbeitgeber verpflichtet, die Ausbildung durchzuführen. Nach dem Berufsausbildungsgesetz muss diese auch gewährleistet werden, wenn sich die Arbeitsbedingungen ändern. Auch das Ausbildungspersonal ist von Kurzarbeit ausgenommen, da dieses für die Schulungen unentbehrlich ist.

Geförderte Weiterbildungen im Überblick

Die Regierung will insgesamt 2,1 Milliarden Euro für die Weiterbildung der Beschäftigten zur Verfügung stellen. Aber auch andere Förderprojekte versprechen finanzielle Unabhängigkeit für Fortbildungszeiten. Hier einige der wichtigsten Programme:

  1. Der AfA-Ausbildungsbonus: Arbeitgeber, die bis Ende 2010 förderungsbedürftige Jugendliche einstellen, die seit längerem vergeblich einen Ausbildungsplatz suchen, erhalten von der Agentur für Arbeit einen einmaligen Bonus von 4000, 5000 oder 6000 Euro. Info: www.bmas.de/coremedia/generator/28544/ausbildungsbonus.html

  2. ESF-Förderprogramm "Individuelle Weiterbildung in Niedersachsen": Mit Mitteln des Landes Niedersachsen und des Europäischen Sozialfonds (ESF) soll die Weiterbildung in niedersächsischen mittelständischen Unternehmen und dadurch der Strukturwandel in diesen Firmen unterstützt werden. Die Förderung ist ein Zuschuss zu den Kosten der Weiterbildung, die sich aus den reinen Qualifi-zierungskosten und den Lohnfortzahlungen der Teilnehmer zusammensetzen. Die Förderhöchstgrenze beträgt 2000 Euro pro Kalenderjahr und Betrieb. Info: www.mw.niedersachsen.de/master/C42602462_N40943068_L20_D0_I712.html

  3. KfW-Programm "Kapital für Arbeit": Das Programm "Kapital für Arbeit" soll Unternehmen helfen, ihr Arbeits- und Ausbildungsplatzangebot zu steigern: Ab sofort können Arbeitgeber auch für jeden zusätzlich eingestellten Auszubildenden eine Kreditsumme von bis zu 100.000 Euro über die jeweilige Hausbank bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beantragen. Info: www.kfw-mittelstandsbank.de

  4. BMBF-Begabtenförderung "Berufliche Bildung": Besonders begabte Absolventen einer beruflichen Ausbildung können auch mit einem Stipendium gefördert werden. Die Mittel stammen aus dem Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Mit den Fördergeldern bilden sich die Stipendiaten gezielt weiter, um in ihrem Beruf voranzukommen. Die Höhe der Förderung soll innerhalb eines Kalenderjahres 1700 Euro nicht übersteigen. Der Förderzeitraum beträgt drei Kalenderjahre. Info: www.bmbf.de/de/762.php

  5. Steuern sparen: Weiterbildung ist absetzbar, denn Ausgaben für Kurse, Unterrichtsmaterial und Fahrtkosten gehören zu den Werbungskosten. Die Pauschale dafür beträgt 920 Euro. Info: www.berufszentrum.de/artikel_0304.html

  6. Bildungsprämien-Programm der Bundesregierung: Interessenten müssen sich unter der Nummer 0800/2623 000 einen Beratungstermin beschaffen. In dem Gespräch wird geklärt, welche Fortbildung in welcher Höhe gefördert werden kann. Einen Prämiengutschein kann jeder Beschäftigte erhalten, dessen zu versteuerndes Jahreseinkommen derzeit 17.900 Euro (oder 35.800 Euro bei gemeinsam Veranlagten) nicht übersteigt. Mit dem Gutschein übernimmt der Bund 50 Prozent der Weiterbildungskosten, maximal jedoch 154 Euro. Info: www.bildungspraemie.info

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