Customer Data Platform

Mehr Umsatzchancen durch einheitliche Kundenprofile

13.02.2020 von Laurentius Malter
Eine Customer Data Platform (CDP) kann Unternehmen dabei helfen, einen aussagekräftigen 360-Grad-Blick auf ihre Kunden und vor allem deren Zufriedenheit zu gewinnen. Schließlich stellen Kunden, die einem Unternehmen lange treu sind, eine verlässliche Umsatzquelle dar.

Kunden legen heutzutage großen Wert darauf, dass Anbieter stets wissen, wer sie sind, wie ihre Kundenhistorie aussieht, was sie sich wünschen, und das selbstverständlich zu jeder Zeit und über jeden Kanal. Eine sinnvolle und personalisierte Customer Journey oder Experience entwickelt sich mehr und mehr zu einem entscheidenden Kriterium dafür, ob ein Kunde dem Unternehmen treu bleibt oder ein Interessent zu einem treuen Kunden wird. Die Optimierung des individuellen Kundenerlebnisses hat daher oberste Priorität.

Wer gute Geschäfte machen will, muss auf die Customer Experience achten.
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Dreh- und Angelpunkt dafür sind die Kundendaten. Auf den ersten Blick erscheinen Customer Data Platforms (CDPs) wie eine moderne, dynamische, schlanke und frischere Variante des klassischen Kampagnenmanagementsystems (KMS). Während ein KMS eher workflowbasiert funktioniert und oft auf relationalen Datenmodellen basiert, um Kampagnenprozesse zu automatisieren, haben CDP-Systeme zum Ziel, eine ganzheitliche kundenzentrische Sicht zu bilden und die Kundeninteraktion auf allen digitalen Kanälen wie Web, E-Mail, Mobile, Onlineshop oder Social zu optimieren- also von der kundenzentrischen Datenhaltung in Big-Data-Technologien bis hin zum E-Mail-Versand in Realtime.

Aus einer Kündigungsabsicht wird ein treuer Kunde

Ein Beispiel: Ein Kunde ruft im Call-Center an, dort wird er im Customer Relationship Management (CRM) identifiziert und seine Historie für den Call Center Agent auf dem Monitor sichtbar. Nehmen wir an, der Kunde äußert eine Kündigungsabsicht, die der Mitarbeiter an der Hotline in sein Profil notiert. Zu einem späteren Zeitpunkt besucht der Kunde die Unternehmenswebsite. Die Information zur Kündigungsabsicht wurde zwischenzeitlich von der CDP übernommen. Zwar ist der Kunde nicht in die Webseite eingeloggt, doch kennt das Unternehmen aus seinen früheren Online-Besuchen seine Session-ID und kann ihm so in Echtzeit ein attraktives Angebot zur Vertragsverlängerung unterbreiten.

Bei Erfolg ist damit weiterer Umsatz über einen bestimmten Zeitraum hinweg gesichert. Auch typische Warenkorbabbrecher ließen sich mithilfe der Informationen aus anderen Touchpoints identifizieren. Mit einem speziell auf sie zugeschnittenen Angebot könnten sie zu Käufern und mit darauffolgenden Maßnahmen, zum Beispiel über das E-Mail-Marketing, auch zu treuen Kunden werden.

Mit einer Customer Data Platform zu einheitlichen Kundendaten

Wie können es Unternehmen schaffen, die Customer Experience in den verschiedenen Kanälen so zu gestalten, dass eine nachhaltige Kundenbeziehung entsteht? Ein essentieller Punkt: der Einsatz von einheitlichen Kundendaten. Häufig stammen die Kundendaten aus unterschiedlichen und voneinander getrennten Systemen, die nicht dazu geschaffen worden sind, ihre Daten mit anderen Systemen zu teilen. Diese Daten zu vereinheitlichen und sie zu aussagekräftigen Kundenprofilen zusammenzufassen, bildet eine der Grundfunktionalitäten einer Customer Data Platform.

Mit den immer neuen Buzzwords wie CRM, KMS, CDP, DWH, Data Mart, DMP, CMP & Co. wird die CRM-Welt immer unübersichtlicher. Es gilt, den Überblick zu bewahren: Zu welchem Einsatzzweck beziehungsweise in welcher Customer-Lifecycle-Phase benötige ich welche Lösung? Einen groben Überblick über die verschiedenen Lösungen im Marketing-Automation-Umfeld erlaubt folgendes Schaubild aus Customer-Lifecycle-Sicht.
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Unter einer Customer Data Platform ist ein vorkonfiguriertes System zu verstehen, das in der Lage ist, über Standardkonnektoren kundendatenführende Systeme abzufragen und die von dort extrahierten Daten in einer Datenbank zusammenzuführen, sie dort zu vereinheitlichen und für Analyse-, Segmentierungs- oder Kampagnenzwecke zu nutzen. Darüber hinaus können CDPs diese Daten anderen Systemen und Kommunikationskanälen zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung stellen. Auch für Datenexporte stehen in der Regel Standardkonnektoren zur Verfügung. Diese Datentransfers können in (Near-)Realtime stattfinden.

CDP - Data, Decision, Delivery

In der ersten Phase, der Datenaufnahme, werden die "Data" aus den verschiedensten Datenquellen in die CDP geladen. Bevor die Kundenidentitäten allerdings erstellt beziehungsweise verknüpft werden können, müssen diese standardisiert und transformiert werden. Durch die kundenzentrische Verdichtung der Daten können dann weitere Datenlogiken erstellt werden. Nach der Weitergabe in die "Decision"-Phase werden notwendige Analysen und Selektionen für die Zielgruppenbestimmung durchgeführt, um im Anschluss die workflowbasierten Schritte zur Kampagne definieren zu können. Die Anbindung der Kanäle erfolgt dann in der letzten Phase "Delivery".

Das sind die vier Kernfunktionalitäten einer CDP:

  1. Datenerhebung: Individuelle Kundendaten können aus mehreren Quellen in Realtime erfasst werden und bleiben so lange erhalten, wie sie für die Verarbeitung benötigt werden.

  2. Profilvereinheitlichung: Profile können auf Kundenebene konsolidiert werden. Darunter fällt unter anderem die Verknüpfung mehrerer Geräte mit einer einzigen Person für Multi-Channel-Marketing.

  3. Segmentierung: CDPs bieten die Möglichkeit, sowohl regelbasierte Segmente zu erstellen und zu verwalten als auch erweiterte Segmentierungsfunktionen abzubilden.

  4. Aktivierung: Um die Ausführung von beispielsweise E-Mail-Kampagnen zu ermöglichen, besitzen CDPs die Fähigkeit, die für Kampagnen- oder Kanalaktivitäten erstellten Segmente an dafür angeschlossene E-Mail-Systeme zu senden.

David Raab, US-amerikanischer Analyst, dazu Gründer und CEO des CDP Institute, hat den Begriff Customer Data Platform bereits 2013 geprägt und gehört seitdem zu den führenden Experten, die erforschen und erklären, wie Marketer durch den Einsatz von CDPs die wichtigsten Herausforderungen im Marketing lösen können. Mit seinem "Customer Data Platform Institute Europe" informiert und schult Raab Marketer und IT-Experten zum Thema Customer Data Management. Das Institut unterstützt europäische CDP-Anwender direkt sowie durch ein Partnernetzwerk aus CDP-Experten. b.telligent ist ein Partner des Customer Data Platform Institute in Deutschland.

Etablierte Platform-Anbieter entdecken ihre CDP-Fähigkeiten

Die großen Player wie Salesforce, Oracle und Adobe haben mittlerweile ihre hauseigenen Lösungen am Markt oder in Vorbereitung. So kündigte Salesforce im Juni 2019 an, dass die nächste Generation ihrer "Customer 360" Platform eine CDP enthalten wird. Oracle hat im Herbst 2018 "CX Unity" vorgestellt, das mit ihrer "Experience Cloud" einheitliche Kundenprofile über B2B- sowie auch B2C-Datensätze ermöglichen soll. Adobe bewirbt ebenfalls eine plattformübergreifende CDP-Insellösung, obwohl nicht ganz klar ist, was diese von dem unterscheidet, was das Unternehmen zuvor bereits angeboten hat. Seiner "Experience Platform" spendierte Adobe zuletzt ein Upgrade für Echtzeit-Kundendaten. Auch SAP bekennt sich zum CDP-Trend und stattet seine "SAP Marketing Cloud" mit der "C/4HANA"-Suite für Produkte zur Kundenbindung aus.

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"Es hat eine Weile gedauert, aber die etablierten Anbieter erkennen jetzt an, dass eine CDP seine eigenen Daten speichern muss", interpretiert David Raab die CDP-Bekenntnisse der großen Marketingplattformen. "Zyniker könnten jedoch sagen, dass diese Softwareanbieter Benutzeranforderungen auf der Grundlage dessen definieren, was ihre Systeme derzeit tun, nicht auf der Grundlage dessen, was Benutzer tatsächlich benötigen."

Deutsche Unternehmen müssen einen großen Schritt in Richtung digitale Transformation und Verbesserung der Customer Experience wagen. Diese Einsicht reift bei den Entscheidern zunehmend. Neben der Umsatzgenerierung misst sich eine erfolgreiche digitale Transformation eines Unternehmens auch zu einem großen Teil an der Zufriedenheit der Kunden. Doch eine umfassende Customer Experience erreicht man nur, indem sich Datensilos in den unterschiedlichen Fachbereichen sowie die vielen Touchpoints aus vergangenen Kampagnen sich zu einem aussagekräftigen 360-Grad-Blick auf den Kunden ergänzen. Da erscheinen CDP-Systeme wie gerufen.