Office 365 und Power BI

Microsoft befüllt seine Deutschland-Cloud mit zusätzlichen Diensten

25.01.2017 von Martin Bayer
Nach Azure-Infrastrukturdiensten können Anwender nun auch Office 365 und Power BI aus der Microsoft Cloud Deutschland beziehen. Dabei blieben sämtliche Daten in Deutschland, verspricht der US-Konzern. Das Datentreuhänder-Modell mit T-Systems soll alle Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes aus dem Weg räumen.

Microsoft bietet ab sofort neben den bereits seit September vergangenen Jahres verfügbaren Azure-Infrastrukturdiensten nun auch seine Office-365-Suite und Power BI aus den deutschen Rechenzentren in Frankfurt/Main und Magdeburg an. Kundendaten würden ausschließlich in Deutschland gespeichert, verspricht der US-amerikanische Softwarekonzern. Dafür soll vor allem das eigens für den deutschen Markt geschaffene System eines Datentreuhänders sorgen. Als dieser Datentreuhänder fungiert die T-Systems International GmbH, die den Zugang zu den in der Microsoft-Cloud abgelegten Daten kontrollieren soll.

Mit seinen neuen Cloud-Services adressiert der weltgrößte Softwarehersteller Unternehmenskunden aus Deutschland, der Europäischen Union und der Europäischen Freihandelszone (EFTA). Das Angebot richte sich besonders an datensensible Branchen mit strengen Datenschutz- und Compliance-Richtlinien, wie dem öffentlichen Sektor und Bildungswesen oder der Finanzindustrie, hieß es in einer offiziellen Mitteilung Microsofts.

Mehr Wahlfreiheit für Kunden

"Mit Office 365 Deutschland ermöglichen wir auch jenen Unternehmen Zugang zu unseren cloudbasierten Produktivitätswerkzeugen, die aufgrund strenger Datenschutz- und Compliance-Anforderungen nur Cloud-Dienste aus deutschen Rechenzentren beziehen können", sagte Sabine Bendiek, Vorsitzende der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland. "Das ergänzende Angebot bietet ihnen mehr Wahlfreiheit und treibt zugleich lokale Innovationen: Sie profitieren von den Vorteilen der Public Cloud für ihre digitale Transformation und erhalten gleichzeitig mehr Kontrolle über die Verarbeitung und Speicherung ihrer Daten."

Microsoft zufolge nutzen monatlich bereits mehr als 85 Millionen aktive Nutzer weltweit die Office-Suite. Die spezielle Variante "Office 365 Deutschland" bietet die bekannten Office 365 Dienste der Microsoft Cloud aus deutschen Rechenzentren: Das umfasst unter anderem die Desktopversionen der kompletten Office-Suite (zum Beispiel PowerPoint, Word, Excel, Outlook), Exchange Online, SharePoint Online, Skype for Business und OneDrive for Business sowie die Project Online Produktfamilie und Visio Pro. Einige Dienste wie zum Beispiel "Microsoft Teams" sollen im Laufe des Jahres folgen.

Zusätzlich ist auch "Power BI Pro Deutschland" ab sofort verfügbar. Die cloudbasierte Lösung für Datenanalyse und -visualisierung soll es Geschäftskunden ermöglichen, große und komplexe Datenmengen zu sammeln, zu strukturieren und in interaktive Grafiken und Berichte für den PC und mobile Endgeräte zu verwandeln, verspricht der Anbieter. Darüber hinaus plant Microsoft bereits den weiteren Funktionsausbau seines hiesigen Cloud-Angebots. Die Preview für die Business-Software-Suite "Dynamics 365" ist bereits im vergangenen Jahr an den Start gegangen. Offiziell soll das ERP- und CRM-Funktionen umfassende Anwendungspaket in der ersten Jahreshälfte 2017 verfügbar sein.

Microsoft erhebt Deutschland-Zuschlag

Für Office 365 Deutschland und Power BI Pro Deutschland gelten Microsoft zufolge die gleichen Service Level Agreements (SLA) wie für Office 365. Zusätzlich gebe es technischen Support rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche. Dieser Support werde in deutscher - wahlweise englischer - Sprache aus Deutschland heraus gewährt. Wer explizit Microsofts Deutschland-Cloud-Dienste nutzen möchte, muss allerdings etwas tiefer in die Tasche greifen. Der Konzern bietet Office 365 in sechs verschiedenen Variationen an, die sich funktional und im dazugehörigen Serviceangebot unterscheiden. Für das globale Angebot ruft Microsoft Preise zwischen 4,20 und 19,70 Euro pro Nutzer und Monat bei Abschluss eines Jahres-Abonnements auf. Für Office 365 aus der Deutschland-Cloud müssen Anwender zwischen 5,30 und 24,60 auf den Tisch legen. Für Power BI Pro verlangt der Konzern 10,50 Euro pro User und Monat.

Microsofts Cloud Deutschland Dienste werden aus deutschen Rechenzentren in Frankfurt/Main und Magdeburg bereitgestellt. Damit werden die Kundendaten in Deutschland gespeichert, beteuern die Microsoft-Verantwortlichen. Den Zugang zu den Kundendaten kontrolliert Datentreuhänder T-Systems International GmbH: Die Telekom-Tochter soll sicherstellen, dass Kundendaten nicht an Dritte weitergegeben werden - es sei denn, der Kunde erteilt seine Zustimmung beziehungsweise deutsches Recht erfordere die Herausgabe.

Der Weg zu den Daten führt nur über deutsche Gerichte

Letzteres ist zumindest ein Hebel, mit dem auch ausländische Regierungen an Kundendaten kommen könnten, räumt Microsoft ein. Der Datentreuhänder sei dazu verpflichtet, Anfragen nach Kundendaten in Übereinstimmung mit dem deutschen Recht zu behandeln. Schlage eine ausländische Regierung einen entsprechenden Rechtsweg in Deutschland ein - beispielsweise über ein Rechtshilfeabkommen, dann sei es möglich, dass ein deutsches Gericht vom Datentreuhänder verlangen könne, Kundendaten offenzulegen. Gleiches gelte allerdings auch für jeden lokalen deutschen Hosting-Anbieter.

Public-Cloud-Plattformen im Vergleich
Amazon Web Services
Forrester attestiert AWS ein marktführendes Portfolio an Cloud-Services. Hybrid-Cloud-Szenarien aber deckten die Konkurrenten zum Teil besser ab.
Microsoft Azure
Im Azure-Portfolio loben die Forrester-Experten besonders die Services für Softwareentwickler.
IBM Bluemix
IBM kann die Vorteile seines Cloud-Angebots vor allem in Unternehmen mit etablierten IT-Strukturen ausspielen.
Google Cloud
Googles Cloud-Portfolio punktet vor allem mit Machine-Learning- und Data-Services.
Oracle Cloud
Die Oracle-Cloud ist in erster Linie für Bestandskunden des IT-Konzerns interessant, urteilt Forrester.
Interoute Virtual Data Center
Der britische Anbieter Interoute profitiert im Forrester-Vergleich von seiner starken lokalen Präsenz in Europa.
Salesforce App Cloud
Vor allem die Entwickler-Services der App Cloud von Salesforce finden das Lob der Forrester-Analysten.
CenturyLink
Die Stärken des Cloud-Portfolios von CenturyLink liegen in den ausgefeilten Konfigurations- und Automation-Features.
CloudSigma
Cloud-Services aus der Schweiz offeriert CloudSigma. Kunden profitieren von besonders flexiblen und feingranularen Konifgurationsoptionen, kommentiert Forrester.

Auch Microsoft erhalte eigenen Angaben zufolge ohne Zustimmung des Datentreuhänders oder des Kunden keinen Zugriff auf die in der Microsoft Cloud Deutschland abgelegten Daten. Wird diese Zustimmung durch den Datentreuhänder erteilt, greift Microsoft nur unter dessen Aufsicht zeitlich begrenzt auf die Kundendaten zu, hieß es von Seiten des Softwarekonzerns. Das könne erforderlich sein, um beispielsweise Wartungsarbeiten oder Verbesserungen an der Cloud-Infrastruktur durchzuführen. Der Datentreuhänder steuert durch zwei Cloud Control Center an den Standorten Berlin und Magdeburg die Rechenzentren der Microsoft Cloud Deutschland. Durch den redundanten Aufbau könne Microsoft zufolge der Ausfall eines Control Centers problemlos abgefangen werden.

Einstiegshürden in die Cloud werden niedriger

Experten gehen davon aus, dass mit der Microsoft Cloud Deutschland das Thema Cloud Computing hierzulande einen Schub bekommen könnte. "Viele mittelständische Unternehmen haben sich mit Blick auf interne Compliance und Sicherheit ihrer Daten bislang bewusst gegen die Vorteile Cloud-basierter Lösungen entschieden", konstatierte beispielsweise Eric Schott, Gründer und Geschäftsführer von Campana & Schott. Für diese Zielgruppe reduziere die Microsoft Cloud Deutschland die Einstiegshürden deutlich.

Mit der Nutzung deutscher Rechenzentren nach deutschem Recht fühlten sich viele Kunden regelrecht befreit, glaubt Eric Schott, Gründer und Geschäftsführer von Campana & Schott.
Foto: Campana & Schott

"So fühlen sich viele Kunden regelrecht befreit, dass sie nun deutsche Rechenzentren nach deutschem Recht für die bekannten Microsoft Cloud Services nutzen können", sagt Schott. Damit verbessere sich das Vertrauen - "ein nicht zu unterschätzender psychologischer Aspekt".