Microsoft Ignite Nachlese

Microsoft macht die Azure-Cloud attraktiver

06.11.2017 von Stefan  Ried
Auf der Ignite 2017 hat Microsoft eine Reihe von Produktankündigungen angekündigt. Darüber hinaus geht Microsoft mit einer neuen Positionierung und Vision an den Start. Was kann man also zukünftig vom Software-Riesen in puncto Azure, Office oder Windows erwarten?

Die Microsoft Ignite ist traditionell die Messe mit der Business-Entscheider angesprochen werden sollten. Deutlich stärker als in den vorigen Jahren nutzte Microsoft CEO Satya Nadella auf der diesjährigen Kundenkonferenz eine starke Technologie-Vision und eine neue Portfolio-Positionierung dazu. Das bildet ein Gegengewicht zur Commoditisierung der Kernprodukte Windows und Office und liegt im Trend der anderen Softwarehersteller. Dabei ist auf der strategischen Ebene besonders bemerkenswert:

Augmented Reality Szenario mit Remote Experience
Foto: Microsoft Ignite 2017, Keynote

Microsoft setzt auf Mixed Reality, Artificial Intelligence und Quantum Computing

Während Nadella’s Vorgänger noch die Marktdurchdringung mit Microsoft-Produkten klar als Vision formulierte "A PC on each Desk", trägt Microsoft inzwischen deutlich Nadella’s Handschrift. Das neue Mission Statement, "Empower every person and every org to achieve more" stellt den Kundenmehrwert und nicht das Microsoft-Produkt ins Zentrum. Dabei greift Nadella insbesondere die aktuellen Technologietrends auf und bringt sie in direkten Bezug zu bereits existierenden Microsoft Produkten. Heute hat kaum ein durchschnittlicher Anwender eine Microsoft Hololens, kann künstliche Intelligenz programmieren und hat erst recht keinen Quantencomputer zuhause. Dennoch hat Microsoft versucht, die Relevanz dieser neuen Technologien direkt greifbar zu machen:

Höherer Reifegrad, Offenheit und Machine Learning auf Azure

Das selbstbewusste Auftreten von Microsoft auf der Ignite kommt nicht von ungefähr. Die Azure Cloud hat sich mittlerweile gut gegen AWS positioniert und kommt mit einem hohen Reifegrad daher. Mit der kommenden Einführung von Availability Zones (isolierten fehlertoleranten Zonen innerhalb eine Cloud Region), welche zurzeit in den Regionen East US 2 und West Europe im Preview zur Verfügung stehen, nähert sich Microsoft Azure in Bezug auf Ausfallsicherheit mit einem allgemein bekannten Konzept nun auch der Konkurrenz an. Das Portfolio ist ohnehin relativ komplett und wird zunehmend auch in den "heißen" Bereichen wie Advanced Analytics, Machine Learning und Künstliche Intelligenz ausgebaut, was sich auch auf der Ignite zeigte.

Viele Anwender haben sicherlich wohlwollend zur Kenntnis genommen, dass Microsoft an seinem Kurs hin zu mehr Offenheit festhält. Dies zeigt sich in der Unterstützung von Linux als Plattform für SQL Server sowie der Möglichkeit diesen via Docker zu deployen. Aber auch im Bereich Machine Learning fährt Microsoft mit dem Open Source Cognitive Toolkit einen offenen Ansatz. Microsoft schickt sich an, die 2015 im Zuge der Übernahme von Revolution Analytics erworbene und bei Data Scientists beliebte R Plattform mit seinen Möglichkeiten im Analytics Bereich tiefer ins eigene Portfolio zu integrieren. Nachdem der Microsoft R Server im vergangenen Jahr zum Microsoft Machine Learning Server transformiert wurde, wird dieser nun, neben der weiterhin existierenden Option des Betriebs als Stand-alone-Lösung, in den SQL Server 2017 integriert. Durch die Unterstützung von R und Python können so eigene Scripte auf dem Datenbankserver ausgeführt werden. Microsoft bezeichnet diese Funktionalität als In-Database Machine Learning, welche zunächst in abgespeckter Form als Preview in der Azure Cloud West Central US Region zur Verfügung gestellt wird. Dies wird mittelfristig den Einsatz von Predictive Analytics und Machine Learning auf bestehenden relationalen Daten in der Cloud vereinfachen. Mit der Lösung Machine Learning Services, die mit einigen Updates bedacht wurde, verfolgt Microsoft ein ähnliches Ziel, denn auch hierbei geht es darum die Nutzung von Machine Learning durch den Einsatz von geeigneten Tools und Services sowie die Nutzung einfacher skalierbarer Deployment Optionen zu vereinfachen. Momentan befindet sich der Service noch im Public Preview Status, soll aber in den nächsten Monaten globale Verfügbarkeit erreichen.

Cloud Management und Hybrid Cloud

Das Azure Security Center ist ein entscheidender Teil des Azure Cloud Management Stacks und wendet sich zunehmend an IT Abteilungen. Während es relativ einfach war, bestehende Anwendungen zu virtualisieren und auf eine IaaS Infrastruktur zu re-hosten, ist es etwas ganz anderes native Cloud Anwendungen in Scale-Out und Serverless Infrastrukturen, womöglich sogar in der Public Cloud zu betreiben. Genau das wird aber von den IT Abteilungen vieler Industrieunternehmen verlangt, die mit digitalen Produkten wachsen wollen.

Das Azure Security Center ist nun auch Hybrid Cloud fähig, indem VMs und Maschinen die On-Premise laufen integriert werden können. Ferner bekommt es erweiterte Funktionalitäten zum Erkennen und Analysieren von Bedrohungen und Incidents wie DDOS Attacken.

Microsoft Intelligence Security Graph
Foto: Microsoft

Auch die Ankündigung, die Azure Cost Management Services kostenfrei zur Verfügung zu stellen, trägt zum einfacheren Cloud Management bei. Die Lösung basiert auf der Akquise von Cloudyn letztes Jahr und hilft bei der Analyse und Optimierung der Azure Kosten. Microsoft hilft Kunden damit nicht unnötig Ressourcen zu verbrauchen. Neben dem konsistenten Management von Ressourcen in der Cloud und On-Premise, ist der Transport von großen Datenmengen immer ein Problem von hybriden Clouds. So liegen beispielsweise bei Software-Migrationsprojekten schon größere Datenmengen On-Premise. Oder auch bei vielen Industrie 4.0 Szenarien fallen täglich Terabytes von Daten an, die mit niedriger Latenz vor Ort gespeichert werden müssen. Sind diese Daten erst einmal nur lokal vorhanden, reicht häufig die Netzverbindung nicht aus, um direkt mit der Cloud zu arbeiten. Die neue Azure Databox ist das passende Paket, um große Datenmengen an Microsoft zu schicken. Technisch handelt es sich um ein solide gebautes NAS, dass dann aber physisch zu Microsoft geschickt wird um dort ohne weitere Upload-Bandbreite-Kosten im entsprechenden Azure-Speicher abgelegt und danach sicher gelöscht zu werden.

Microsoft's On-Premise Data Proxy for Azure, Azure Data-Box
Foto: Microsoft

Die "neue" Microsoft

Ein integriertes Portfolio von Mixed Reality- & AI-basierten Productivity Tools und Cloud Services - das ist leichter gesagt als getan! Es wäre tatsächlich ein signifikanter Wettbewerbsvorteil gegenüber Cloud Anbietern ohne umfangreiche Workplace Lösung (AWS), reinen Cloud Playern ohne hybride Konzepte (Google), Applikationsanbietern ohne IaaS- & Workplace-Lösungen (SAP) oder Engineering- & PLM-Herstellern mit Augmented Reality Ambitionen aber kleinerem Ökosystem (PTC).

Satya Nadella’s Ansatz kann ein guter Weg in die Post-PC Ära sein. Ob sich Microsoft damit übernimmt, können Sie als Anwender selbst herausfinden, indem Sie die Integration zwischen den Microsoft Produkten und die Branchenkompetenz der (neuen) Mitarbeiter herausfordern. (hal)