Microsoft unterstützt nun doch OpenDocument

06.07.2006
Der Druck der Öffentlichen Hände hat gewirkt: Microsoft bringt heute Software heraus, mit der Nutzer seiner Bürosuite "Office" OpenDocument-Dateien lesen und schreiben können.

Microsofts "Open XML Translator" wird heute als Projekt auf SourceForge.net unter einer BSD-Open-Source-Lizenz veröffentlicht. Entwickelt wird die Lösung vom französisch-polnischen Microsoft-Partner CleverAge, die deutsche Dialogika ist für Tests der Anforderungen europäischer Kunden zuständig. Ein erster Konverter für Word 2007 steht bereits in einer Testversion zur Verfügung.

"Das ist das Ergebnis von Feedbacks von Regierungen", erklärte General Manager Tom Robertson. Eine verbesserte Version des Konverters wird der Redmonder Konzern Ende des Jahres zuerst für Word und dann Anfang 2007 auch für Excel und PowerPoint bereitstellen.

Das Open Document Format (ODF) ist ein quelloffener Standard für die Speicherung von Bürodokumenten. Er wird bereits seit einiger Zeit von OpenOffice.org/StarOffice unterstützt, ist bereits ISO-Standard und wird vornehmlich von Microsoft-Wettbewerbern propagiert. Microsoft hatte darauf mit der Entwicklung von "Office Open XML" reagiert, das ab dem kommenden Office 2007 Standard für die Speicherung von Dokumenten werden soll.

Die Notwendigkeit einer eigenen Lösung hatte Microsoft damit begründet, dass OpenDocument nicht alle Eigenschaften der bisherigen proprietären binären Office-Dateiformate abbilden könne (siehe "Warum Microsoft ein eigenes XML-Format für Office will"). Diese Abwärtskompatibilität sei aber für die Anwender besonders wichtig. Office Open XML soll ebenfalls ISO-Standard werden.

Vor allem der US-Bundesstaat Massachusetts hatte für Schlagzeilen gesorgt, als er sich dafür entschieden hatte, künftig die Speicherung von Behördendokumenten im OpenDocument-Format vorzuschreiben. Aber auch in Europa haben sich bereits mehrere Regierungen für ODF ausgesprochen.

Aus Sicht von Microsoft wurden Office Open XML und ODF für unterschiedliche Bedürfnisse entwickelt. Die Organization for the Advancement of Structured Information Standards (OASIS) modifziere OpenDocument gerade erst, um bisher fehlende Funktionen - etwa Formeln und Barrierefreiheit - einzuarbeiten. Bei der Konvertierung zwischen Open XML und ODF müssten daher Kompromisse eingegangen werden, die technischen Entscheidungen und notwendigen Einschränkungen mache das Open-Source-Projekt aber transparent.

Walter Seemayer, National Technology Officer bei Microsoft Deutschland, erläuterte die Problematik im Gespräch mit "Computerwoche.de" noch detaillierter. Er ärgere sich darüber, so der NTO, dass in der öffentlichen Diskussion ständig die Formate von OpenOffice.org (OOo) und der OASIS/ISO-Standard verwechselt würden. Im ISO-ODF fehle jegliche Spezifikation der Speicherung von Formeln aus Rechenblättern. "ISO-ODF ist nur eine Untermenge des OOo-Formats", so Seemayer. Daher habe Microsoft auch keine Möglichkeit gesehen, OpenDocument für seine Programme zu verwenden, sondern einen weit umfangreicheren Standard entwickeln müssen, den XML-Mitautor Jean Paoli dann der ECMA übergeben habe.

Das nun bei Sourceforge angelegte Konverter-Projekt sehe Microsoft als Referenzmodell für Entwickler beim Umgang mit XML-basierenden Spezifikationen. Anhand der frei zugänglichen Spezifkationen und Quellen könne sich jeder interessierte Developer selbst ein Bild davon machen, warum Microsoft mit Open XML einen eigenen Weg gegangen sei und was die Unzulänglichkeiten von ISO-ODF seien. "Wir wollen uns nicht länger vorwerfen lassen, dass wir einen offenen Standard korrumpieren", sagte Seemayer. Besonders stolz ist der Manager auch auf die intensive E-Government-Kooperation mit dem Fraunhofer FOKUS in Berlin, bei der Interoperabilität von Dokumenten ein Schwerpunkt sei. Er freue sich sehr, dass auch die Microsoft Corp. in den USA diese Zusammenarbeit mit großem Interesse verfolge.

Office 2007 wird jedenfalls eine Menüoption erhalten, über die Anwender Konverter für Adobes PDF sowie XML-basierende Formate die ODF und XML Paper Specification (XPS) herunterladen und zusätzlich installieren können. Auch in älteren Office-Versionen wil Microsoft OpenDocument unterstützen, es wird dazu ein kostenloses "Compatibility Pack" veröffentlichen. (tc)