Supply Chain Management

Mit der Lieferkette durch die Krise

10.06.2009 von Sascha Alexander
Obwohl Unternehmen seit langem an der Kosten- und Optimierungsschraube beim Lieferketten-Management drehen, wollen sie noch mehr sparen. Und tatsächlich gibt es im Einkauf einige Chancen dafür.

Lieferketten-Verantwortliche sind derzeit nicht zu beneiden. Ob nun die Wirtschaftskrise die Ursache oder nur der Anlass ist: Eine neue Sparrunde und viel Arbeit stehen ins Haus. Dies belegt eine aktuelle Umfrage des IT-Personal- und Projektdienstleisters Resources Global Professionals zu den Problemen und Aufgaben im Supply-Chain-Management (SCM). Kontaktiert wurden branchenübergreifend rund 90 multinationale Großunternehmen in Amerika, Europa und Asien, von denen 30 ausführlich Rede und Antwort standen.

Bislang will nur eine Minderheit Mitarbeiter entlassen.
Foto: Resources Global Professionals

Sie erklärten, dass zusätzliche Einsparungen oder zumindest die Deckelung der laufenden Kosten für die Lieferkettenverwaltung (90 Prozent der Befragten), gefolgt vom Wunsch nach effizienteren Abläufe und eine optimierte Bestandsverwaltung ihre wichtigsten Vorgaben sind. Allesamt altbekannte Forderungen. Immerhin soll der Spar- und Optimierungszwang nicht nur zu Lasten der Mitarbeiter gehen. So planen bislang 13 Prozent der Unternehmen definitiv Entlassungen, während 23 Prozent in diesem Jahr sogar zusätzliches Personal einstellen werden.

Auch es gibt offenbar noch genug Möglichkeiten, die Effizienz und Effektivität im SCM zu steigern statt einfach Personal abzubauen. So sehen praktisch alle Unternehmen im "Strategic Sourcing" (strategischer Einkauf), mit dem 83 Prozent der Befragten bereits gute Ergebnisse erzielt haben, einen Eckpfeiler ihrer künftigen Strategie. Bisher nicht genutzte Einsparmöglichkeiten sehen einige Unternehmen ferner im Sourcing (Einkauf) in Niedriglohnländer. Rund die Hälfte der Befragten ist diesen Weg bereits gegangen und will ihre Aktivitäten in der nächsten Zeit ausbauen, weitere 23 Prozent prüfen derzeit diese Option (siehe auch das Interview mit dem BME).

Vor allem Strategic Sourcing (strategischer Einkauf) gilt Unternehmen als ein probates Mittel zum mehr Effizienz und Einsparungen in ihrer Lieferkette.
Foto: Resources Global Professionals

Potenzial steckt des Weiteren noch im "Purchase-to-Pay", also der durchgängigen Verzahnung von Einkauf bis zur Kreditorenbuchhaltung. Etwa jedes zweite Unternehmen hat seine Abläufe diesbezüglich bislang analysiert. Des Weiteren gibt es erst in zwei Drittel der Großunternehmen eine Organisationseinheit oder Verantwortlichkeiten, die sich um die strategische Weiterentwicklung der Lieferkettenaktivitäten kümmern, und gerade einmal 17 Prozent können ein nach ihrer Ansicht funktionierendes Programm für das Lieferanten-Management (Supplier-Relationsship-Management) vorzeigen.

Unzufriedenheit mit der ERP-Software

Nachholbedarf sehen die Befragten auch bei der technischen Implementierung von SCM-Produkten. Vor allem eine gute Integration zwischen der internen ERP-Software und ihren SCM-Modulen ist bisher nicht die Regel: Nicht einmal ein Drittel der Befragten zeigte sich zufrieden mit den SCM-Funktionen ihres ERP-Systems, 63 Prozent sehen hier noch dringenden Handlungsbedarf.

Nur eine Minderheit ist mit den SCM-Funktionen ihres ERP-Systems zufrieden.
Foto: Resources Global Professionals

Mit Blick auf einzelne SCM-Produktkategorien war beispielsweise nur ein Drittel der Befragten mit seinem E-Procurement-Tool zufrieden, während 43 Prozent noch eindeutige Verbesserungsmöglichkeiten sehen. Ein weiteres Drittel will bislang ganz auf solche Software verzichten. Ebenso gibt es Defizite beim Contract-Management. 40 Prozent der Firmen haben diese als "extrem wichtig" bezeichneten Funktionen implementiert und sind zufrieden, weitere 47 räumen ein, dass sie 2009 mehr machen müssen.

Über SCM hinaus stehen schließlich Arbeiten in der Logistik ins Haus (gemeint sind hier Transport, Materialverwaltung, Lagerhaltung sowie Distribution). Nur jedes fünfte Unternehmen hat diesbezüglich ein regelrechtes "Logistik Programm" eingeführt. Über 60 Prozent sind ebenfalls aktiv, sehen auf diesem Gebiet aber für 2009 noch einige Arbeiten anstehen. Und noch eine Baustelle tut sich auf: 87 Prozent wollen in diesem Jahr ihre bisherigen Prozesse in der Bestandsverwaltung (inventory) überarbeiten.