Studie

Motiviert, aber erfolglos

15.09.2013 von Jan-Henrik Förster
Die motiviertesten Mitarbeiter leisten am meisten. Soweit zumindest die Theorie. Praktisch ist offenbar bisweilen das Gegenteil der Fall. Laut einer neuen Studie sind vor allem die fleißigsten Angestellten besonders demotiviert.
Mitarbeitermotivation lohnt sich: Wer motiviert ist, arbeitet produktiver.
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Es klingt einleuchtend: Wer gerne zur Arbeit geht, leistet mehr. Er ist engagierter, liefert stets neue Ideen, holt das Beste aus sich heraus und macht freiwillig Überstunden. Von solchen Mitarbeitern können Unternehmen nur profitieren. In der Theorie hört sich das gut an. Mark Murphy zweifelt allerdings daran.

Der Geschäftsführer der US-Beratung Leadership IQ hat sich kürzlich in etwa 200 Unternehmen umgesehen. Murphy verschickte zunächst Fragebögen an kleine und mittlere Betriebe sowie Großkonzerne aus verschiedenen Branchen. Der Grund: Er wollte von den Mitarbeitern wissen, wie motiviert sie sind.

Auf einer Sieben-Punkte-Skala sollten die Teilnehmer Aussagen bewerten, darunter: "Ich bin jeden Tag 100 Prozent motiviert", "Ich empfehle meinen Arbeitgeber weiter" oder "Führungskräfte sprechen mit den Mitarbeitern über ihre Leistung". Zusätzlich schickten die Unternehmen Murphy Daten über die Leistung der Mitarbeiter. So konnte er feststellen, welche Angestellten Leistungsträger waren und welche höchstens Dienst nach Vorschrift schoben.

Und siehe da: Murphy fand einen erstaunlichen Zusammenhang. In immerhin 42 Prozent der Unternehmen waren ausgerechnet jene Angestellten am zufriedensten, die weniger leisteten. Und die echten Leistungsträger gaben an, dass sie unmotiviert sind. Ein echter "Schock" sei das Ergebnis für ihn, sagt Murphy.

Er hatte schon lange vermutet, dass die meisten Leistungsträger gar nicht so engagiert sind, wie man theoretisch annehmen könnte. Aber wieso? Typisch war zum Beispiel der Fall eines IT-Unternehmens mit 1000 Mitarbeitern. Hier litten die Leistungsträger daran, dass die Vorgesetzten nicht mit weniger fleißigen Kollegen sprachen. Mehr noch: Die "Low Performer" wussten zudem häufig gar nichts davon, dass sie weniger schafften.

Die Folge: Die emsigen Mitarbeiter mussten die Defizite ihrer Kollegen auch noch ausgleichen und litten unter mehr Stress - und die Motivation sank umso stärker.

Hinzu kommt laut Murphy, dass Führungskräfte schwächere Mitarbeiter häufiger loben - weil bei ihnen schon marginale Verbesserungen Komplimente rechtfertigen. Bei den anderen Mitarbeitern setzen die Manager außerordentliche Ergebnisse hingegen voraus.

richtig loben
1. Transparenz schaffen
Mitarbeiter müssen genau wissen, welcher Nutzen hinter einer Lösung oder einem Angebot steckt. Das ist die wichtigste Basis, um den Wert der eigenen Arbeit erkennen zu können. Es geht nicht nur darum, Lob von anderen richtig einzuordnen, sondern auch selbst eigene Erfolge erkennen zu können.
2. Lob – kundenorientiert denken
Das direkte Lob vom Kunden „am anderen Ende“ bis hin zum Mitarbeiter weitergeben. Es gibt kaum ein besseres Lob als das aus dieser Quelle. Dieses Lob bestätigt letztendlich den Sinn der gesamten Arbeit.
3. Eine gemeinsame Sache
Klassisch erwartet ein Mitarbeiter Lob vom direkten Vorgesetzten. Wenn sich die Gelegenheit für positives Feedback ergibt, sollte nicht zwischen Teamleiter und Geschäftsführer unterschieden werden. Das Lob muss von allen Seiten kommen.
4. Lob braucht keine Termine
Jährliche Personalgespräche sind gute Anlässe, um Mitarbeiter zu loben – aber keineswegs die einzige Möglichkeit! Spontanes Lob aus aktuellen Anlässen unter dem Jahr erfreut den Mitarbeiter umso mehr und verdeutlicht zudem, dass das Geben von positivem Feedback für die Führungskraft keine bloße Pflichterfüllung ist.
5. Jede Meinung zählt
Wertschätzung kann nicht nur in Form von Worten ausgedrückt werden, sondern fließt am besten konstant in die tägliche Zusammenarbeit ein. Es sollte für jeden Mitarbeiter spürbar sein, dass seine Meinung Gewicht hat. Auch wenn dies ein stilles Lob ist, ist es jedoch mindestens genauso laut wie jedes gesprochene Wort.

Mehr Aufmerksamkeit für Low Performer

Dass die Leistungsträger in vielen Firmen langfristig unmotivierter sein könnten, sollte Unternehmen alarmieren. Denn sie schauen sich nicht nur nach einem anderen Job um - bei ihnen ist die Wahrscheinlichkeit umso höher, dass sie auch einen besseren finden. Und das Unternehmen bleibt zurück - ausgerechnet mit eben jenen Mitarbeitern, die am wenigsten leisten.

Auch Rebecca Ray betont, wie wichtig engagierte Mitarbeiter sind. Die Geschäftsführerin des New Yorker Research-Unternehmens "The Conference Board" beschäftigt sich mit Themen wie Personalmanagement und Mitarbeitermotivation. "Unternehmen mit einer starken Motivationskultur locken die besten Talente an, sie erzielen bessere Ergebnisse, ihre Mitarbeiter bleiben gesund", sagt Ray.

Zahlen der Organisation zeigen, dass Unternehmen weltweit den Wert motivierter Mitarbeiter durchaus erkannt haben: Bei einer Umfrage unter 209 Betrieben in 21 Ländern gaben 89 Prozent an, dass sie eine Motivationsstrategie verfolgen - etwa regelmäßig Mitarbeiterbefragungen durchführen und im Idealfall auf die Ergebnisse mit Verbesserungen reagieren.

Andererseits: Nur ein Drittel der US-Arbeiter sind bei der Arbeit wirklich engagiert. Global ist der Wert noch niedriger, fand The Conference Board in einer anderen Untersuchung heraus.

Murphy schlägt zwei Lösungen vor:

"Wenn Mitarbeiter unser wichtigstes Gut sind, sollten wir uns besser kümmern."

10 Dinge, die Mitarbeiter motivieren
Umfrage
Die Personalberatung von Rundstedt hat 732 Beschäftigte nach ihren Top-Leistungsanreizen im Job gefragt.
Platz 1: Boni
Jeder vierte Angestellte würde sich durch einen Bonus zu mehr Leistung anspornen lassen.
Platz 2: eigenverantwortliche Arbeitsplanung
Direkt hinter dem Bonus folgt als zweithäufigste Nennung die eigenverantwortliche Arbeitsplanung (19 Prozent).
Platz 3: Beteiligung am Unternehmen
Auf Platz drei liegt der Wunsch nach einer Unternehmensbeteiligung (zwölf Prozent).
Platz 3, zum Zweiten: Zusätzliche Urlaubstage
Ebenso auf Platz drei liegt der Wunsch nach mehr Urlaubstagen (zwölf Prozent).
Platz 5: Die Möglichkeit, sich Projekte weitgehend selbst auszusuchen
Für neun Prozent der Umfrageteilnehmer wäre es ein zusätzlicher Leistungsanreiz, wenn sie sich ihre Projekte und Tätigkeiten weitgehend selbst aussuchen dürften.
Platz 6: Dienstwagen
Erst danach, auf Rang sechs, folgt mit dem Wunsch nach einem Dienstwagen ein Statussymbol in der Rangliste (sieben Prozent).
Platz 7: Auszeit
Fünf Prozent der Befragten bezeichnen Auszeiten und Sabbaticals als Motivatoren.
Platz 8: Weiterbildungen und Coachings
Vier Prozent der Befragten würden Weiterbildungen beziehungsweise Coachings zu mehr Leistung anspornen.
Platz 9: Ein eigenes Büro
Vier Prozent der Umfrageteilnehmer bezeichnen ein eigenes Büro als Anreiz für zusätzliche Leistungen.
Platz 10: Laptop, Tablet, Smartphone
Den letzten Rang belegt der Wunsch nach einem Laptop, Tablet oder Smartphone (drei Prozent).

(Quelle: Wirtschaftswoche)

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