Musik ohne Rechte: iTunes kippt DRM-Schutz

31.05.2007
iTunes "Plus" heißt Apples neuer Musikshop, könnte theoretisch aber auch "Minus" heißen, weil der DRM-Schutz wegfällt. Für "Plus" spricht hingegen die Anhebung der Bitrate aller Titel auf 256kB/s: damit ist iTunes-Musik auf dem Niveau der Originalaufnahmen angekommen. Dafür gibts auch wieder ein "Minus": von den vier großen Major-Labels macht nur EMI beim ungeschützten Musikdownload mit. Trotzdem: ein Vorstoß mit ungeahnten Folgen - auch für Handynutzer.

In der Werbung klingt alles so einfach: Musik im Internet aussuchen, runterladen, abrocken. Dass man die Kommas in der Regel gegen "bezahlen" und "rüberkopieren" ersetzen sollte, wird den meisten Kunden schon aufgefallen sein. Auch Nutzer des MP3-Players iPod werden mit einer Funktion behindert (oder geschützt), die die Rechte (den Profit) der Musikindustrie absichern sollte: sie gehört zur Familie der "DRM"-Algorithmen und hört bei Apple auf den Namen "FairPlay". Digitales Rechtemanagement: ein schönes Attribut-Substantiv-Gefüge, das mit Rechten und Management eigentlich nichts zu tun hat, sondern in erster Linie Ärger macht und im Sinne manches Nutzers auch in APP (Annoying Piracy Paranoia) umgetauft werden könnte. Einen im iTunes-Shop teuer erstandenen Musiktitel auf einem Endgerät ohne Apfellogo auf der Rückseite abzuspielen, grenzt an Hexerei. Und die ist - betrachtet man ausschließlich Handys - bislang nur Motorola geglückt und seit der Vorstellung des iPhones wieder ad acta gelegt worden. Seit Anfang des Jahres fordert Apple-Chef Steve Jobs daher die Abschaffung des Kopierschutzes und macht jetzt Nägel mit Köpfen.

iTunes "Plus" heißt Apples neuer Musikshop, könnte theoretisch aber auch "Minus" heißen, weil der DRM-Schutz wegfällt. Für "Plus" spricht hingegen die Anhebung der Bitrate aller Titel auf 256kB/s: damit ist iTunes-Musik auf dem Niveau der Originalaufnahmen angekommen. Dafür gibts auch wieder ein "Minus": von den vier großen Major-Labels macht nur EMI beim ungeschützten Musikdownload mit, was in erster Linie Freunde der Rolling Stones, Frank Sinatra und Pink Floyd freut, bei Sony BMG und Warner Music unter Vertrag stehende Künstler aber (bislang) ausschließt. Bekanntermaßen ergibt Plus mal Minus Minus, und zwar in der Tasche des Kunden: jeder Titel kostet bei iTunes Plus ?1,29 und ist damit 30 Cent teurer als im herkömmlichen iTunes-Shop, den Apple weiterhin inklusive DRM-Verschlüsselung betreiben will. Während Eric Nicoli, CEO der Emi Group bereits den "Meilenstein der digitalen Musikgeschichte" feiert und Steve Jobs gehört haben will, "dass iTunes-Kunden bereits ganz aufgeregt die exzellente Audioqualität der DRM-freien Songs ausprobieren wollen", fürchten die Bosse der restlichen Plattenlabels angesichts des Vorstoßes möglicherweise bereits um ihre Gewinne. Denn ohne DRM-Schutz lassen sich die Titel frei verbreiten.

Doch seien wir ehrlich: Sinatra und Jagger-Sampler findet man bereits in der Ramschauslage mancher Drogeriefachgeschäfte für weniger als 5 Euro und richtige Geheimtips der Torrent-Netzwerke sind diese Titel auch nicht. Letztendlich offenbart der Vorstoß von Apple den in einem Dilemma gefangenen Januskopf der Musikindustrie: das eine Gesicht freut sich über jede verkaufte DRM-freie CD, das andere verteufelt den Käufer, wenn er selbige auf seinen Computer rippt. Dummerweise blicken beide Gesichter in die falschen Richtungen und übersehen daher, dass mit dem Internet die eigene Existenzgrundlage verloren geht. Denn der Vertrieb von Musik wird in absehbarer Zukunft enger zwischen Konsument und Künstler abgewickelt - der lachende Dritte wird zu einem multimedialen Content-Provider à la iTunes und er wird mehr und mehr in den Hintergrund treten. Davon haben die beiden Erstgenannten mehr "Plus": in den Ohren und im Geldbeutel.

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