neckermann.de soll an die Börse

29.11.2006
KarstadtQuelle trennt sich angesichts der chronischen Umsatz- und Ertragsschwäche im Versandgeschäft von Neckermann.

Auch Teile des Spezialversands, einzelne Auslandsaktivitäten von Quelle sowie die Dienstleistungssparte mit Call-Centern und IT-Dienstleistern stehen auf der Verkaufsliste. Kern des Versandgeschäfts wird Quelle. Finanzielle Probleme als Grund für die Verkäufe wies Konzernsprecher Jörg Howe am Dienstag entschieden zurück. "Wir sind bankschuldenfrei."

neckermann.de, wie der Versand seit Anfang 2006 heißt, soll im kommenden Jahr an die Börse gebracht werden, wie KarstadtQuelle in Essen mitteilte. Geprüft werde darüber hinaus ein Verkauf des Geschäfts.

Hinter der Trennung von Teilen des Versandgeschäfts steht vor allem die Konzentration auf die Bereiche mit den größten Zukunftschancen. "Wir haben mit Quelle und neckermann.de die Nummer 1 und die Nummer 3 im deutschen Versand. Wenn wir uns fokussieren, dann natürlich auf die Nummer 1", sagte ein Sprecher der Sparte. Quelle soll nun noch stärker auf das Internet ausgerichtet werden und sich zudem neue Vertriebswege über das Teleshopping erschließen. An der Börse wurden die geplanten Einschnitte begrüßt. Die im MDAX notierte KarstadtQuelle-Aktie gewann in einem schwächelnden Gesamtmarkt 4,43 Prozent auf 20,73 Euro.

Für neckermann.de sieht KarstadtQuelle 2007 den Gang an die Börse vor. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass der Konzern dann auf jeden Fall die Mehrheit abgeben wird. In Finanzkreisen hieß es aber, noch lieber als ein Börsenlisting sähen die Essener einen Verkauf des Versenders. Finanzinvestoren seien schon kontaktiert worden. KarstadtQuelle wollte dies nicht kommentieren.

Der Universalversand Deutschland mit Quelle und neckermann.de war zuletzt verantwortlich für die hohen Verluste im Versandhandel. Während sich E-Commerce und Spezialversand den Erwartungen des Unternehmens zufolge entwickelten, hinkten Quelle und neckermann.de hinterher. Noch im dritten Quartal wies die Versandsparte einen operativen Verlust von 61 Millionen Euro aus. Der Umsatz ging im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent zurück. In 2007 soll der Geschäftsbereich den Planungen zufolge wieder die Gewinnzone erreichen.

"Unsere Katalogstrategie wird sich ab dem kommenden Jahr ändern", gab der Versandsprecher die Richtung vor. Einmal im Monat solle ein dünnerer, magazinartiger Katalog herauskommen, der sich an saisonalen Trends orientiert. Der komplette Quelle-Katalog soll dann zwei mal im Jahr auf den Markt kommen. Zudem habe Quelle mit dem Teleshopping bereits gute Erfahrungen gesammelt, sagte der Sprecher weiter. Ob der Konzern für den Ausbau dieses Angebots an eine Kooperation oder einen Einstieg bei einem der Sender denke, wollte er nicht sagen.

Das Auslandsgeschäft von Quelle soll sich künftig auf Mittel- und Osteuropa sowie den deutschsprachigen Raum konzentrieren. Der Konzern hat hierbei vor allem Russland im Blick. Den entgegengesetzten Weg schlägt KarstadtQuelle in Süd- und Westeuropa ein. Für die Aktivitäten in Frankreich, Portugal und Spanien würden bereits Verkaufsgespräche geführt, hieß es. In Belgien und den Niederlanden soll Quelle die Geschäfte Anfang 2007 einstellen. Mittelfristig veräußern will der Konzern zudem rund fünf der insgesamt 18 Spezialversender. Dabei handelt es sich um die Kataloge, die auf das so genannte Business-to-Business-Geschäft spezialisiert sind. Die Versandhandels-Service Group, bestehend aus 14 Call-Centern, fünf Logistikstandorten und IT-Dienstleistern mit insgesamt 10.000 Beschäftigten will KarstadtQuelle ebenfalls verkaufen oder gemeinsam mit einem Partner weiterentwickeln.

Börsianer begrüßten die Umstrukturierung. "Eine Zwei-Marken-Strategie hat aus unserer Sicht noch nie Sinn gemacht", sagte ein Analyst. Bei einigen Experten gab es jedoch auch kritische Töne. "Mittelfristig ist diese drastische Restrukturierung schon der richtige Schritt, aber das Unternehmen halbiert quasi seine Umsatzbasis", sagte ein Analyst. Die Trennung von neckermann.de sei ein Eingeständnis dafür, dass Karstadt die Wende beim Versandgeschäft nicht geschafft habe.

Analyst Zafer Rüzgar von Independent Research und Volker Bosse von der HVB zeigten sich zudem überrascht von dem neckermann-Verkauf angesichts der geplanten Komplettübernahme der Reisetochter Thomas Cook. Der Handelskonzern verhandelt seit Monaten über den Erwerb der ausstehenden 50 Prozent des Partners Lufthansa und wollte in diesem Zusammenhang den Vertrieb über neckermann.de stärken. Konzernsprecher Howe zufolge soll Thomas Cook nach wie vor in den Gesamtkonzern übergehen. "An unseren Plänen hat sich nichts geändert", sagte er. (dpa/tc)