ZUGFeRD

Neues Format für den elektronischen Rechnungsaustausch

19.04.2013 von Carsten Heiermann
Eigentlich bietet der neue Normteil PDF/A-3 nur ein zusätzliches Feature: Anwender können beliebige Dateiformate in eine PDF/A-Datei einbetten. Doch durch diese Erweiterung des Charakters von PDF/A als Format für die Langzeitarchivierung um den Containergedanken kann sich für Unternehmen, Behörden und Softwarehersteller vieles ändern, beispielsweise beim Empfang und Versand von Rechnungen.

Kernpunkt ist, dass das Forum elektronische Rechnung Deutschland (FeRD) als die nationale Plattform von Verbänden, Ministerien und Unternehmen zur Förderung der elektronischen Rechnung in Deutschland, im PDF/A-3-Format großes Potenzial für den elektronischen Rechnungstausch erkannt hat. Dem entsprechend treibt es ein darauf basierendes Austauschformat voran. Es soll als nationale Norm formuliert werden und anschließend als New Work Item für die Erstellung einer europäischen Norm beim europäischen Komitee für Normung (CEN) eingereicht werden.

In den Zentralen User Guidelines des Forums elektronische Rechnung Deutschland (ZUGFeRD), die das neue Dokumenten- und Datenformat für den Austausch elektronischer Rechnungen beschreiben, ist PDF/A-3 als bevorzugtes Übertragungsformat definiert. Es zeichnet sich durch drei wesentliche Eigenschaften aus:

  1. Die visuelle Darstellung der Rechnungsdaten erfolgt über ein PDF/A-3-konformes Dokument. Es bildet die Rechnung in einer für das menschliche Auge lesbaren Form ab und ist langzeitarchivierbar.

  2. Die Rechnungsdaten sind im XML-Format mit Bezug auf das gesamte Dokument über ein so genanntes File Specification Dictionary in die PDF/A-Datei eingebettet. In der Version 1.0 des ZUGFeRD-Standards ist pro PDF/A-3 Dokument nur die Einbindung eines Rechnungsdatendokuments zulässig. Grundsätzlich ist es jedoch möglich, PDF/A-3 als Container für mehrere Dateien zu nutzen. Somit können beispielsweise auch Informationen zur Rechnungsprüfung in PDF/A-3 gebündelt werden. Der große Vorteil: XML ist maschinenlesbar und lässt sich somit ohne Medienbrüche automatisch weiterverarbeiten.

  3. Die Beschreibung des Dokuments als ZUGFeRD-konforme Rechnung erfolgt mittels eines spezifischen XMP-Erweiterungsschemas sowie entsprechender XMP-Metadaten. Dafür sind sämtliche, auch individuelle Metadaten in XMP-Form einzubetten. Das XMP-Erweiterungsschema muss die PDF/A-Eigenschaft und die Konformitätsstufe explizit enthalten. Dadurch kann man das PDF/A-3-Dokument als ZUGFeRD-Rechnung identifizieren. Die Version des ZUGFeRD-Standards wird deutlich, ebenso wie die dokumentenweiten Metadaten. Dazu gehören der Name der eingebundenen Rechnungsdatei, die Rechnungsnummer, über die die Rechnung identifiziert wird, und das Rechnungsdatum.

Generell soll das elektronische Rechnungsformat, das sich gegenwärtig im Normierungsverfahren befindet, den Austausch von Rechnungsdaten branchenunabhängig zwischen großen und kleinen Unternehmen ebenso erlauben wie zwischen Privatunternehmen und der öffentlichen Verwaltung. Daraus resultiert zum einen Kosteneinsparpotenzial. Dank der ZUGFeRD-XML-Daten können die Rechnungsdaten automatisch ausgelesen und weiterverarbeitet werden - bis hin zur Buchung. Dadurch entfällt zusätzliches Capturing. Medienbrüche werden sowohl auf der Versender- als auch auf der Empfängerseite vermieden. Die Prozesse sind weniger fehleranfällig und kostengünstiger. Man geht davon aus, die Verarbeitungskosten einer Papierrechnung von über 20 Euro mit ZUGFeRD auf etwa zwei Euro senken zu können. Zudem kann der Zahlungsverkehr schneller abgewickelt werden; Skontofristen lassen sich besser einhalten.

Dieser Nutzen könnte darüber hinaus eine breite Akzeptanz des ZUGFeRD-Formats fördern. Je mehr Unternehmen es einsetzen, desto stärker wird es zur Voraussetzung für die Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten. Dies wiederum könnte die Basis für die Zusammenarbeit im Geschäftsleben verändern: Wer in der Lage ist, das neue Format zu versenden und empfangen, ist gegenüber Wettbewerbern, die Rechnungen noch in Papierform versenden, im Vorteil - auch auf internationaler Ebene.

Internationale Grundlage

Denn ZUGFeRD-Format basiert auf einem internationalen Modell - dem semantischen Datenmodell Core Cross Industry Invoice des internationalen Normungsgremiums (UN/CEFACT) sowie den darauf aufbauenden Durchführungsleitlinien "Message User Guidelines" (MUG) des CEN. So trägt es zur Realisierung des EU-Ziels bei, Rechnungsstellung und Weiterverarbeitung EU-weit zu vereinheitlichen. ZUGFeRD beinhaltet die Daten, die als Best Practice von allen Teilnehmern unterstützt werden. Zusätzlich gibt es Regeln, wie diese Business Terms belegt und in Plausibilitätsprüfungen validiert werden sollten. So sind die Business Terms, die in der Core Cross Industry Invoice Muss-Felder sind, und solche, die aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht angegeben werden müssen, Pflichtfelder. Weitere Business Terms, zum Beispiel für die Rechnungsprüfung, sind Kann-Felder.

Für eine internationale Etablierung spricht auch das Ziel der EU-Kommission, die elektronische Rechnung bis zum Jahr 2020 zur vorherrschenden Fakturierungsmethode zu entwickeln. Im "Europäischen Multi-Stakeholder-Forum zur elektronischen Rechnung", das die EU-Kommission bei der Masseneinführung der elektronischen Rechnungsstellung auf nationaler und EU-Ebene unterstützt, sind zwei Mitglieder des FeRD vertreten. Somit erhält das FeRD Informationen aus anderen nationalen Foren und Impulse sowohl für das deutsche nationale Forum als auch für EU-Kommission-Aktivitäten. Zudem können Impulse aus Deutschland in andere Länderforen einfließen. Und auch auf nationaler Ebene wird ZUGFeRD prominent unterstützt.

So ist das FeRD selbst unter dem Dach der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) geförderten Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung (AWV) gegründet worden. AWV und BMWi sind darüber hinaus zusammen mit dem Bundesministerium des Innern (BMI) im Lenkungsausschuss des Normenausschuss für Informationstechnik und Anwendungen (NIA) vertreten, in dem - wie auch im Arbeitsausschuss "Elektronisches Geschäftswesen" des Deutschen Instituts für Normung (DIN) an der dauerhaften Pflege von ZUGFeRD gearbeitet wird.

Hersteller für Werkzeuge und Lösungen gefragt

Entscheidend für den Erfolg des neuen Formats sind darüber hinaus die Werkzeuge. Die Phase der Umsetzung hat begonnen und fordert Anbieter im gesamten Bereich der Business-IT und im Bereich Home-Banking sogar Softwareanbieter für Privatleute. Hersteller entsprechender Lösungen sind gefragt, ihre Produkte ZUGFeRD-konform zu gestalten, sodass die eingehenden Rechnungen direkt importiert und automatisch weiterverarbeitet werden können.

Aber auch Hersteller von Software für Enterprise Content Management (ECM) müssen reagieren. Beispielsweise setzen gerade Unternehmen, die eine Vielzahl an Rechnungen erstellen, dafür häufig auf komplexe Output-Management-Lösungen. Auf der CeBIT 2013 wurden bereits erste Prototypen von Lösungen vorgestellt, unter anderem von Mitgliedern der PDF Association, die eng mit dem FeRD zusammenarbeitet und einen Best Practice Guide zur Einbettung von ZUGFeRD-Rechnungsdaten veröffentlicht hat. Jetzt geht es darum, auch die Experten in den Unternehmen zu erreichen.