Das Unternehmen, das 1996 mit dem Palm Pilot den ersten brauchbaren Personal Digital Assistant (PDA) auf den Markt brachte und später mit den "Treo"-Smartphones loyale Kunden gewann, hatte scheinbar den Anschluss verloren. Während Apple mit dem iPhone und das kanadische Unternehmen RIM mit dem Blackberry große Absatzerfolge feierten, floppten Neuentwicklungen von Palm am Markt. Mit dem neuen Palm Pre, das am Dienstag in Deutschland bei O2 in die Läden kam, will Palm nun auch in Europa die Wende schaffen.
Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Im Januar 2009 überraschte Palm auf der Consumer Electronics Show in Las Vergas mit der Präsentation des Palm Pre, für den das Handy-Betriebssystem WebOS ohne Altlasten geschrieben wurde. In Testberichten schneidet das Gerät gut ab. Insbesondere die neuartige "Synergy"-Funktion, mit der Daten aus sozialen Netzwerken wie Facebook mit Informationen auf dem PC zusammengeführt werden, wird gelobt. Kritische Anmerkungen in den Tests betreffen das noch schmächtige Angebot im Palm App Catalog, dem Gegenstück zum Apple-Onlineladen iTunes App Store.
Hinter dem Palm-System steht der ehemalige Apple-Manager Jon Rubinstein. Der heute 53 Jahre alte Informatiker hatte Apple Ende der 90er Jahre an der Seite von Steve Jobs mit dem iMac vor dem Totalabsturz bewahrt. Bis zum Jahr 2006 verantwortete er dann das iPod-Geschäft. "Wir haben 2007 mit der Transformation von Palm begonnen und diesen Prozess inzwischen weitgehend abgeschlossen", sagte Rubinstein. "Nun geht es darum, die Resultate zu zeigen und zusammen mit unseren Partnern die Marke Palm wieder ins Rampenlicht zu rücken."
Börse glaubt an das Comeback
Zumindest die Börse glaubt daran, dass Palm die Wende geschafft hat. Vom 52-Wochentief von 1,14 Dollar ist die Aktie mit derzeit 17,01 Dollar meilenweit entfernt. Die Börsianer setzen darauf, dass das Palm nach dem Pre eine komplette Produktfamilie auf die Beine stellen kann. Sie soll Nokia, Apple, Google, RIM und Microsoft mit ihren jeweiligen Smartphone-Systemen Paroli bieten können.
Das Marktforschungsinstitut Gartner räumt hingegen dem von Google initiierten Open-Source-System Android im Wettstreit der Smartphone-Plattformen die besten Aussichten ein. Für den Marktführer Nokia (Symbian) erwartet Gartner einen Absturz von derzeit über 50 Prozent auf 39 Prozent im Jahr 2012. Android werde dagegen von derzeit zwei Prozent auf dann 14 Prozent Marktanteil weltweit wachsen und damit sogar das iPhone von Apple und die Blackberrys von RIM überholen. Das Palm-System WebOS sehen die Marktforscher auf Platz sieben mit einem Anteil von 2,1 Prozent.
Palm-Chef Rubinstein sieht dagegen bessere Wachstumschancen für sein Unternehmen: "Der Smartphone-Markt ist immer noch jung. Da ist Platz für viele", sagte er der dpa. Es sei aber ein signifikanter Wettbewerbsvorteil, wenn man wie Apple, RIM oder Palm alle Komponenten kontrollieren könne, um das Erlebnis des Verbrauchers möglichst komplett zu gestalten. "Ich rede nicht nur von der Hardware und Software, sondern auch von den Services, der Auswahl der Partner bis hin zur Verpackung der Geräte."
Verzicht auf Vertragsbindung
Palm-Partner O2 geht bei der Vermarktung des Palm Pre einen in der Branche bislang eher unüblichen Weg. So verzichtet die Telefónica- Tochter darauf, den Verkauf des Smartphones fest mit dem Abschluss eines Zweijahresvertrages zu koppeln, wie dies beispielsweise T-Mobile beim Vertrieb des iPhone vorschreibt. "Mit der Vermarktung des Palm Pre ohne Netzsperre gehen nicht wir ein Risiko ein", sagte O2- Chef Rene Schuster. "Unsere Wettbewerber, die ihre Smartphones mit einer Netzsperre versehen und ihren Kunden misstrauen, riskieren viel, wenn sie sich nicht ebenfalls öffnen werden."
Bei dem O2-Ratenzahlungsdienst "MyHandy", über den man ein Mobiltelefon auch ohne Vertrag erwerben kann, gehe trotzdem nur ein Bruchteil der Kunden ohne einen O2-Vertrag aus dem Laden. "Auf der anderen Seite kommt jeder dritte Kunde von einem Wettbewerber zu uns. Unterm Strich geht die Rechnung also auf", sagte Schuster. (dpa/tc)