Generalisten gesucht

PLM-Berater brauchen Blick für das Ganze

04.02.2009 von Hans Königes
Berater für Product Lifecycle Management (PLM) helfen, die Produktqualität zu steigern und Innovationen zu schaffen. Eine Aufgabe an der Schnittstelle zwischen Ingenieurswesen, IT und Geschäftsprozess-Management.

Acht Millionen. Aus so vielen Teilen besteht der neue A380, die in der Endmontage zusammengefügt werden. Es ist ein gigantisches Puzzle. Die große Kunst besteht aber nicht nur darin, ein Produkt dieser Dimension herzustellen, sondern auch eines zu entwickeln, das den Anforderungen des Marktes gerecht wird. Unternehmen gleich welcher Couleur müssen dabei Faktoren wie Preis, Lieferzeiten und Qualitätsanspruch berücksichtigen. Kunden verlangen zudem immer kürzere Innovationszyklen und größere Modellvielfalt.

Hinzu kommt, dass der Bau von Flugzeugen, Autos oder Konsumgütern immer komplexer wird. Beispielsweise, wenn Hersteller neue Werkstoffe wie Kohlefasern einsetzen. Um diese Anforderungen zu erfüllen, setzen Unternehmen seit etwa zehn Jahren auf Product Lifecycle Management (PLM). Darunter versteht man eine Methode zur Bereitstellung aller Daten für jede Phase des Produktentstehungsprozesses: vom Konzept über die Entwicklung und Fertigung bis zum Einsatz des Produktes beim Kunden, einschließlich Wartung und Änderungsmanagement.

Aufgabe für Experten

"Eine PLM-Strategie zu entwickeln und entsprechende PDM-Software einzuführen und zu integrieren, ist eine Aufgabe, die besonderer Expertise bedarf", so Jochen Weidner, IT Direktor bei Recaro Aircraft Seating. Unter dem Motto "Recaro 2010" startete das Unternehmen, das weltweit mit acht Standorten vertreten ist, im Oktober 2005 ein Großprojekt zur Einführung von PLM. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand das Daten-Management des international aufgestellten Unternehmens im Wesentlichen aus einer Verwaltung der mit der Produktentwicklungs-Software Catia erzeugten Daten. Danach ging es mit Unterstützung der Geschäftsführung um die Optimierung der Prozesse - im vollen Bewusstsein, dass die Umsetzung von PLM eine grundlegende Veränderung der Unternehmenskultur und -abläufe impliziert.

Jochen Weidner, Recaro: PLM-Experten sollten die Strukturen des Unternehmens gut kennen.

"Fit for PLM" hieß die erste Phase, die von Oktober 2005 bis Mitte 2006 dauerte. Ein Kernteam, Verantwortliche aus dem Projekt-Management, dem Engineering, dem Qualitäts-Management, der IT, dem Vertrieb und der technischen Dokumentation, untersuchte in Workshops und wöchentlichen Meetings die Kernprozesse, um anschließend zu definieren, wie sie in Zukunft aussehen sollten. Parallel dazu wurden die Stammdaten konsolidiert, Redundanzen und Inkonsistenzen entdeckt und beseitigt. Damit waren die wesentlichen Voraussetzungen geschaffen, um sich nach passenden Softwarelösungen umzuschauen.

Unterstützt wird Recaro Aircraft Seating bei dem Großprojekt von dem PLM-Berater- und Dienstleister CIMPA. Die Airbus-Tochter bringt vor allem luftfahrtspezifisches Know-how und langjährige PLM-Erfahrung mit. Gerade der letzte Aspekt ist für Jochen Weidner eine wesentliche Voraussetzung, denn: "PLM- Berater müssen sich in sämtliche Strukturen eines Unternehmens hineindenken können. Eine besondere Rolle kommt dabei dem Entwicklungsbereich zu. Sie brauchen den Blick für Gesamtzusammenhänge, den kann man sich nicht mal so nebenher aneignen." Einem Experten muss dabei vor allem klar sein, wie sich die Änderung eines Prozesses auf die nachfolgenden Abläufe auswirkt.

Ingenieur und IT-ler in einem

Das bezieht sich auch auf die IT. Ein PLM-Berater muss nicht wissen, wie ein ERP- oder Procurement-System im Detail funktioniert, aber er braucht sehr wohl eine Vorstellung davon, ob und wie sich neu definierte Abläufe in der IT abbilden lassen und wie sie angrenzende Systeme und Datenmodelle beeinflussen. Im besten Fall, so Weidner, sei der PLM-Berater ein Ingenieur, der IT-spezifisch denkt. Seine Kenntnis der IT sollte dabei so weit gehen, dass er einschätzen kann, ob eine Änderung des Systems fünf oder fünfzig Manntage in Anspruch nehmen wird.

Reine Informatiker haben es hingegen schwer, denn die Entwickler und Konstrukteure merken schnell, ob der Berater Engineering-Wissen mitbringt oder, besser noch, selbst einmal mit einem CAD-Programm gearbeitet hat. Denn fest steht: Wie bei allen Change-Prozessen wollen alle Beteiligten, angefangen beim Top-Management bis hin zum Anwender, vom neuen Vorgehen überzeugt werden "Wer Berater werden will, muss neben dem fachlichen Know-how in jedem Fall ein Gespür für Kommunikation und die viel zitierten Social Skills mitbringen", sagt Mathias Vorwerk, Manager PLM-Consulting bei CIMPA.

PLM-Berater gesucht

CIMPA sucht für das Jahr 2009 bis zu 60 Berater verschiedener Senioritätsstufen im Product Lifecycle Management mit Prozess-, Methoden- und Tool-Know-how.

Zudem muss er im Management großer Projekte fit sein, eine Disziplin, die man laut Vorwerk nur durch Praxis lernt. Hochschulabsolventen erhalten deswegen selten sofort Projektverantwortung, sondern werden an der Seite eines erfahrenen Coaches als Junior-Berater Stück für Stück in die Materie eingeführt, bis sie nach zwei bis vier Jahren als Berater eigene Projekte übernehmen können. "Die Geduld zahlt sich aus", so Vorwerk. "Es ist die perfekte Ausgangsposition für eine spätere Aufgabe im Top-Management."

Der Berufsweg des PLM-Beraters steht dabei nicht nur Berufseinsteigern offen. Gerade weil Erfahrung das A und O in diesem Feld ist, sind Beratungsfirmen auch für erfahrene Bewerber offen, die einen Arbeitsplatz suchen.