Überwachung vs. Datenschutz

Privatsphäre oder Sicherheit?

05.05.2015 von Regina Mühlich
Videokameras und Überwachung überall. Am Arbeitsplatz, im Ladengeschäft, in Treppenhäusern und Aufzügen. Das Ziel: der Schutz von Eigentum. Doch dieser Weg führt oft nur über Einschränkungen der Privatsphäre.

Der Markt für Überwachungs-Equipment wächst. Mit sinkenden Preisen und immer leistungsfähigeren Systemen zur visuellen Aufzeichnung nimmt sowohl die Bereitschaft, als auch die Versuchung derartige Technik zu verwenden immer weiter zu. Dahinter steckt oftmals Sicherheitsdenken - der Wunsch nach mehr Sicherheit durch steigende Überwachung.

Ob aus einer fest an einem Gebäude installierten Videokamera oder per Quadrocopter aus der Luft - Videoaufnahmen und Videoüberwachung unterliegen strengen gesetzlichen Vorgaben.
Foto: Hexo+

Sofern gewisse Vorgaben eingehalten werden, urteilen Gerichte hierbei durchaus zu Gunsten der Vermieter und Eigentümer, wenn es um den Schutz ihres Eigentums geht. Beispielsweise sind Mieter über den Einsatz von Videokameras vorab zu informieren. Die Verhältnismäßigkeit bei filmischen Aufnahmen muss dabei stets gewahrt sein. Uneingeschränkte Videoüberwachung ist demnach nicht erlaubt, da dies das Persönlichkeitsrecht der Mieter beeinträchtigt.

Überwachung nur bei "schwerwiegender Beeinträchtigung"

Ein Fall des Amtsgerichts München (423 C 34047/08) zeigt: Der Vermieter kann nicht das gesamte Treppenhaus mit Kameras kontrollieren, nur weil Unbekannte mit Sprühfarbe die Eingangstür sowie die Klingelknöpfe verschandelt haben. Der zuständige Richter stellte dahingehend fest, dass eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Mieter nur erlaubt sei, wenn "schwerwiegende Beeinträchtigungen" vorlägen die anderweitig nicht abgewendet werden können. Die Verunstaltung sei jedoch im Außenraum begangen worden. Eine Kamera im Treppenhaus sei daher nicht gerechtfertigt - auch nicht aus prophylaktischen Gründen oder zum Zwecke der Abschreckung.

Gesetzlich geregelt ist die "Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen" in § 6b BDSG. Darin heißt es unter anderem, dass die Videoüberwachung zulässig ist, soweit sie

erforderlich ist. Dabei stehen die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen im Vordergrund.

Parson Animals - Überwachungskameras im Tierdesign
Urban bird
Ziel war es, eine Hightech-Überwachungskamera zu entwickeln, die ein verspieltes Design bietet, das mit der Umgebung verschmilzt und nicht einschüchternd wirkt.
Squirrel
Bei der Herstellung setzt Parson auf wiederverwertbare Materialien.
Owl
Laut Parson sollen in den Kameras die neueste Generation von Bildprozessoren zum Einsatz kommen, die diese je nach Modell und eingesetzter Software von Drittanbietern auch zu komplexen Analysen wie Gesichtserkennung befähigen. Installation und Bedienung sollen sich denkbar einfach über ein Userinterface in jeden Browser bewerkstelligen lassen.
Fly
Wann und ob es die Kameras in den Handel schaffen, steht noch nicht fest.
Cricket
Chameleon
Tropical
Die Animals wurden laut Parson von italienischen Künstlern designed.

Überwachung & Datenschutz: Regularien, Chancen, Risiken

Des Weiteren muss der Hinweis auf die Videoüberwachung nach § 6b Abs. 2 BDSG erkennbar sein. Ein Monitor der Bilder der Videokameras zeigt, ist nicht ausreichend. Für die Person (Kunde, Gast, Mieter, etc.) muss klar und ohne Schwierigkeiten - vor Betreten eines Ladens oder Gebäudes - erkennbar sein, dass eine Überwachung mittels Videokamera erfolgt. Eine Kennzeichnung am Eingang die über der Augenhöhe liegt, gilt weder als "klar" noch als "ohne Schwierigkeiten erkennbar". Um die Vorgaben zu erfüllen, sollte der Hinweis in Höhe des Türflügels auf circa 1,60 m Höhe angebracht sein (siehe auch: Tätigkeitsbericht 2011/12 Bayerisches Landesamt für Datenschutzaufsicht).

Die moderne Technik mitsamt ihrer raschen, teils schwer überschaubaren Entwicklung birgt viele Möglichkeiten, aber eben auch Risiken - insbesondere wenn es um Datenschutz geht. Das BDSG regelt in § 6b Abs. 4 zwar, dass der Betroffene darüber zu informieren ist, dass Daten mittels Videokamera erhoben werden. Wie Informationen von den Aufnahmen interpretiert werden, erfährt er jedoch nicht. Eine diesbezügliche Korrektur der Gesetze ist daher dringend erforderlich. Neben der Erhebung der Daten in Form der Videoaufzeichnung sollte die Bewertung ebenfalls nachvollziehbar sein. Die Verarbeitung, Auswertung und Nutzung der gesammelten visuellen Daten darf keinesfalls im Ungewissen bleiben. Nur so kann eine Erhöhung der Sicherheit bei gleichzeitiger Wahrung der Privatsphäre geschaffen werden und eine (Video-)Überwachung im Einklang mit dem Datenschutz erfolgen. (bw/fm)

EU-Datenschutzreform 2014/15: Die zehn wichtigsten Änderungen
Ein Gesetz für alle
EU-weit gelten die gleichen Datenschutzregeln. Das bedeutet auch eine gestiegene Verantwortung und Haftung für alle, die persönliche Daten verarbeiten.
"Recht auf Vergessen"
Wollen Nutzer ihre Daten nicht weiter verarbeitet sehen, werden diese gelöscht - vorausgesetzt, es spricht aus juristischer Sicht nichts dagegen.
"Opt-in" statt "Opt-out"
Sollen persönliche Daten verabeitet werden, müssen Nutzer aktiv zustimmen (und nicht aktiv widersprechen wie bisher).
Recht auf Transparenz
Nutzer haben ein Recht auf Transparenz - sie dürfen erfahren, welche Daten über sie gesammelt und wie diese verarbeitet werden.
Zugang und Portabilität
Der Zugang zu den bei Dritten über einen selbst gespeicherten Daten soll einfacher möglich sein. Zudem ist die Dartenportabilität zu gewährleisten - also sicherzustellen, dass persönliche Informationen leichter von einem Dienstanbieter zu einem anderen übertragen werden können.
Schnellere Meldung
Tritt ein Datenverlust auf, müssen Unternehmen und Organisationen im Regelfall binnen 24 Stunden, mindestens aber so schnell wie möglich ihrer behördlichen Meldepflicht nachkommen.
Weniger Behördenchaos
Unternehmen müssen sich nur noch mit einer einzigen Aufsichtsbehörde auseinandersetzen - und zwar dort, wo sie ihren Hauptsitz haben.
Grenzübergreifend
Privatanwender dürfen jeden Fall von Datenmissbrauch an ihre nationale Aufsichtsbehörde melden - selbst dann, wenn die betroffenen Daten im Ausland verarbeitet wurden.
Erweiterter Geltungsbereich
Die EU-Richtlinie gilt auch für Unternehmen, die keinen Sitz in der EU haben, sobald sie Waren oder Dienstleistungen in der EU anbieten oder auch nur Online-Marktforschung unter EU-Bürgern betreiben.
Höhere Bußgelder
Verstößt ein Unternehmen gegen die Datenschutzbestimmungen, droht ein Bußgeld in Höhe von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes.
Bürokratieabbau
Administrative Umstände wie Meldepflichten für Unternehmen, die persönliche Daten verarbeiten, entfallen.
Erst ab 16
Die rechtswirksame Anmeldung bei Internetnetservices wie Facebook oder Instagr.am soll Jugendlichen im Regelfall erst ab 16 Jahren möglich sein - weil sie erst ab diesem Lebensalter eine gültige Einwilligung in die Verarbeitung ihrer persönlichen Daten geben können. Nationale Gesetze sollen laut Datenschutzverordnung hier aber Ausnahmen möglich machen.
Stärkung der nationalen Aufsichtsbehörden
Nationale Datenschutzbehörden werden in ihren Kompetenzen gestärkt, so dass sie die neuen EU-Regeln besser umsetzen können. Unter anderem dürfen sie einzelnen Unternehmen verbieten, Daten zu verarbeiten. können bestimmte Datenflüsse stoppen und Bußgelder gegen Unternehmen verhängen, die bis zu zwei Prozent der jeweiligen weltweiten Jahreseinkünfte betragen. Darüber hinaus dürfen sie Gerichtsverfahren in Datenschutzfragen anstrengen. <br /><br />(Quelle: Forrester Research)