Privatsurfer am Arbeitsplatz leben gefährlich

16.07.2007
Auch wenn das Surfen im Büro nicht verboten ist, muss es noch lange nicht erlaubt sein. Die privaten Ausflüge ins Web sind eine rechtliche Gratwanderung.

Schnell mal bei eBay nach der laufenden Auktion geschaut, bei web.de die E-Mails gecheckt oder den Flug für den nächsten Urlaub gebucht: Wer am Arbeitsplatz privat im Internet surft, ist oft auf verbotenem Terrain unterwegs. Denn hat der Chef dies ausdrücklich untersagt, kann neben einer Abmahnung auch schnell die fristlose Kündigung ins Haus flattern. Bis zu einem gewissen Maß tolerieren die meisten Arbeitgeber zwar, wenn sich die Angestellten beispielsweise in ihrer Pause online informieren. Wer aber stundenlang auf Kosten des Chefs surft und möglicherweise illegale Webseiten anschaut, muss mit Konsequenzen bis hin zu einem Strafverfahren rechnen.

"Die Rechtsprechung orientiert sich hier am privaten Telefonieren", erläutert Rechtsanwalt Johannes Richard aus Rostock, der sich auf IT-Recht spezialisiert hat. Meistens seien Surfen und Telefonieren erlaubt, aber nur wenige Minuten oder in einer bestimmten Zeit wie der Pause. Arbeitgeber hätten aber auch das Recht, das Surfen komplett zu verbieten. "Das kann durch eine Betriebsvereinbarung oder eine Individualvereinbarung erfolgen", sagt Richard.

Besteht zwischen dem Chef und seinen Angestellten überhaupt keine Vereinbarung über die private Nutzung des Netzes, ist das Surfen erst einmal grundsätzlich nicht erlaubt, sagt Christoph Schmitz-Scholemann vom Bundesarbeitsgericht in Erfurt. "Denn das Internet ist eine Arbeitseinrichtung des Arbeitgebers. Privatbriefe kann man auch nicht auf Kosten des Arbeitgebers frankieren." Wer in seiner Pause für wenige Minuten sein E-Mail-Postfach öffnet, muss dem Richter zufolge in der Regel aber nicht mit Konsequenzen rechnen. "Diese Fälle interessieren die meisten Arbeitgeber nicht."

Nimmt das Surfen aber überhand und dauert womöglich mehrere Stunden, werde der Firma Arbeitszeit entzogen. Sind die besuchten Webseiten zudem noch moralisch fragwürdig, könne der Chef sehr schnell mit Konsequenzen drohen. "Es lässt sich auch alles immer zurückverfolgen, von wo aus welche Nutzung erfolgte", warnt Schmitz-Scholemann. "Auch wer 15 Minuten täglich in der Pause einen schwunghaften eBay-Handel betreibt, begeht eine Pflichtverletzung."

Dass viele Unternehmen ihren Angestellten die Internetnutzung zum Privatspaß verbieten, ist nach Ansicht von Thomas Hoeren vom Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht der Universität Münster nicht grundlos. Besonders in Branchen, in denen die Angestellten Kontroll- und Überwachungsaufgaben wahrnehmen, könne die Ablenkung durch den Computer fatal sein. "Wer eine Maschine kontrollieren soll und nachts vier Stunden surft, ist ein Problem."

Hoeren rät Firmen, die ein Internetverbot schriftlich vereinbaren wollen, sich mit dem Betriebsrat zu verständigen. "Dann hat der Arbeitgeber eine Chance, das Ganze auch in den Griff zu bekommen." Möchten Arbeitgeber keine Ausnahmen von einem Verbot, habe der Betriebsrat keine Möglichkeit einzugreifen. Ist nur die dienstliche Internetnutzung erlaubt und das Unternehmen möchte dennoch kontrollieren, was die Angestellten machen, müsse der Betriebsrat allerdings informiert werden.

Um Probleme von Anfang an zu vermeiden, sollten dem Experten zufolge bestimmte Webseiten einfach gesperrt werden. Dies sei technisch möglich. "Ich kann doch nicht privates Surfen verbieten und dann eBay freischalten", meint Hoeren. In der Regel sei mit 20 gesperrten Seiten - darunter die Homepages von begehrten Online-Auktionshäusern, Mail-Konten und Erotikseiten - alles geklärt.

Wollen Betriebe Verbote durchsetzen, sollten sie auch das private Surfen in der Pause nicht dulden. Dies zählt Rechtsanwalt Richard zufolge nämlich als so genannte betriebliche Übung. Weiß der Chef, dass seine Angestellten in der Frühstückspause privat im Netz unterwegs sind und schreitet er nicht ein, kann er es nach einer bestimmten Zeit nicht plötzlich untersagen. Grundsätzlich sollten die Mitarbeiter aber nicht darauf vertrauen, dass ihr Chef immer stillschweigend alles dulden wird. Irgendwann ist schließlich bei jedem das Maß voll.

Fazit

Wenn im Betrieb vereinbart wurde, dass privates Surfen nicht erlaubt ist, müssen sich Angestellte an diese Regelung halten. Auf Verstöße kann eine Abmahnung folgen. Der Chef sollte seinen Mitarbeiter auf den Fehler hinweisen und ihm sagen, dass er beim nächsten Verstoß mit einer Kündigung rechnen muss, sagt der auf IT-Recht spezialisierte Rechtsanwalt Johannes Richard aus Rostock. Wer jedoch erwischt wird, wie er am Arbeitsplatz auf pornografischen Seiten unterwegs ist, kann seinen Job sofort verlieren. "Außerordentliche Kündigungen sind aber nur möglich, wenn für den Arbeitgeber die Weiterführung des Verhältnisses unzumutbar ist", erklärt der Anwalt. "Es kommt darauf an, was ich im Internet mache." (dpa/ajf)