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Die Zeiten, in denen die "Kaminkarriere", der Aufstieg innerhalb eines Unternehmens am besten vom Trainee bis zum Vorstand, funktioniert hat, sind lange vorbei. Für die potenziellen Leistungsträger heißt dies, sie müssen raus aus der Komfortzone, sich nicht nur auf ihre Leistung konzentrieren, sondern an ihrem persönlichen Reputations-Management arbeiten. Welche typischen Fallen lauern können und wie man sie am geschicktesten umgeht, zeigen die folgenden zwei Beispiele.
Keine Beförderung
Dr. S. kann einen überzeugenden Lebenslauf vorweisen: Er hatte in Frankreich an einer renommierten Universität studiert, dann mit einem Stipendium in Deutschland promoviert und fand schließlich einen qualifizierten Einstieg in einem Großkonzern.
Die Karriere verlief scheinbar reibungslos, die Projektverantwortung wuchs, seine IT-Kenntnisse aktualisierte der Experte regelmäßig. Was jedoch ausblieb, war die Beförderung in eine Führungsposition. Auf die vom direkten Vorgesetzten unterstützte interne Bewerbung erfolgte prompt die Absage, da das Bestehen eines Assessment Center (AC) als Voraussetzung für den Aufstieg galt.
Pflichtbewusst erledigte der IT-Profi das mehrtägige AC, bei dem er feststellen musste, dass die "Mitbewerber" viel jünger waren als er. Er hatte seine Karriere im wahrsten Sinne des Wortes verschlafen. Während er die ständige Pflichterfüllung im Tagesgeschäft im Blick gehabt hatte, waren andere an ihm vorbeigezogen. Im Coaching untersuchte er andere Arbeitsmärkte als seine Branche, schließlich konnte er vier Sprachen und verfügte über interkulturelle Kompetenz gepaart mit großem Fachwissen.
Arbeit an der Reputation
An seine Reputation, an das Eigen-Marketing, hatte er aber zu wenig gedacht. "Gerade überdurchschnittlich engagierte Experten vergraben sich in ihre Arbeit und reiben sich dafür regelrecht auf", sagt Wolfgang Wagner von der Karriereberatung Bewerber Consult in Frankfurt am Main. Diese Kandidaten bräuchten mehr Selbstvermarktung.
"Immer wieder kommt es vor, dass Vorgesetzte auf Kosten ihrer engagierten Leistungsträger Karriere machen", beobachtet Wagner. Chefs hätten selten ein Interesse daran, dass sich jemand mit mehr Potenzial als sie selbst weiterentwickle. Das erkläre auch, warum eine Beförderung oft mit einem Stellenwechsel verbunden sein sollte.
Der IT-Experte wechselte aber nicht nur die Firma, er legte für sich klare persönliche Ziele fest, die seine öffentliche Sichtbarkeit erhöhten und seine persönliche "Markenbildung" förderten: In der neuen Position hielt er Vorträge auf wichtigen Kongressen und baute sich so ein Netzwerk außerhalb des Unternehmens auf. Anrufe von Headhuntern ließen nicht lange auf sich warten, und er konnte die verpassten Karriereschritte nachholen.
Selbst aktiv werden
Auch Carola T. engagierte sich stark in ihrem Job und arbeitete erfolgreich als Account-Managerin in einem großen Verlag. Ein hohes Gehalt, Dienstwagen, Bonifikationen - sie hatte alles erreicht. Als eine Umstrukturierung anstand, hoffte sie auf eine Beförderung zur Teamleiterin. Bei näherem Hinsehen stellte sich heraus, dass das Unternehmen hierfür interne Weiterbildungen forderte, die sie nicht absolviert hatte.
Im Einzelcoaching wurde ihr danach klar, dass es für sie alternative Wege gab und dass es wenig Sinn hatte, den einmal eingeschlagenen Pfad weiterzugehen.
Frühe Erfahrungen nutzen
"Sie wurde aktiv und entwickelte ihr Profil dahingehend, dass ihre kommunikativen Fähigkeiten und ihre Konfliktlösungskompetenzen eine größere Rolle spielten. Aus ihrer früheren Berufserfahrung als Sozialarbeiterin wusste sie, dass nur Eigenengagement hilft. Das hatte sie selbst ihren Klienten immer wieder empfohlen", resümiert Karriere-Coach Wagner. "Hier ist ein Blick von außen hilfreich, Coaching ist Hilfe zur Selbsthilfe, oft wissen die Betroffenen selbst, wie sie Lösungen finden können, es fehlt ihnen aber der Impuls, die Motivation und der Austausch mit einer neutralen Person."
Klare Vorstellungen
Auch Carola T. hatte klare Vorstellungen, wie ihr beruflicher Weg weiter verlaufen könnte: Sie sah sich eher als Trainerin, in der Beratung oder der Personalentwicklung, hier waren ihre Fähigkeiten gefragt. Als sie ihre Kündigung beim Verlag einreichte, verabschiedete man sie mit den Worten: "Wenn Sie sich bei uns in der Personalentwicklung beworben hätten, hätten Sie gute Chancen gehabt, aber auf die Idee muss jemand mit Studium schon selbst kommen." Diese Argumentation überrascht Coach Wagner nicht: Perspektiven für High Potentials oder Leistungsträger werden oft nur dann besprochen und umgesetzt, wenn der Betroffene dies selbst fordert.