Langjährige Beschäftigung schützt nicht

Rauswurf wegen gefälschten Zeugnisses

21.05.2012 von Renate Oettinger
Dr. Christian Salzbrunn nimmt zur Anfechtung eines Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung Stellung.

Immer wieder versuchen schlecht qualifizierte Arbeitnehmer sich einen Arbeitsplatz zu erschleichen, indem sie beim potenziellen Arbeitgeber im Rahmen des Bewerbungsverfahrens gefälschte Zeugnisse vorlegen. Dass ein unter solchen Umständen abgeschlossenes Arbeitsverhältnis vonseiten des Arbeitgebers wegen einer arglistigen Täuschung grundsätzlich angefochten werden kann, ist in der Rechtsprechung schon seit Langem anerkannt.

Fraglich war bislang aber, ob der Ausübung eines solchen Anfechtungsrechts der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehen kann, wenn seit der Einstellung eines solchen Arbeitnehmers bereits mehrere Jahre vergangen sind und der Arbeitnehmer währenddessen beanstandungsfreie Arbeit geleistet hat.

In einem vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zu entscheidenden Fall hatte sich ein Mitarbeiter im Jahre 1997 mit einem gefälschten Ausbildungszeugnis auf einen Arbeitsplatz als gewerblicher Mitarbeiter beworben. Das Ergebnis der schriftlichen Prüfung hatte dieser zuvor von "ausreichend (54 Punkte)" auf "befriedigend (65 Punkte)" und das Ergebnis der praktischen Prüfung von "befriedigend (70 Punkte)" auf "gut (89 Punkte) "hoch" korrigiert.

Nach achteinhalb Jahren kam Fälschung ans Licht

Erst nachdem der Mitarbeiter bereits achteinhalb Jahre für seinen Arbeitgeber völlig beanstandungsfrei gearbeitet hat, kam die Fälschung des Ausbildungszeugnisses im Herbst 2005 zufällig ans Licht. Der Arbeitgeber erklärte daraufhin die Anfechtung des Arbeitsvertrages, wogegen sich der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht wehrte.

Dies allerdings erfolglos. Denn nach Ansicht der Richter des LAG Baden-Württemberg habe die Bewerbung mit einem gefälschten Zeugnis eine vorsätzliche arglistige Täuschung dargestellt, welche für den Abschluss des Arbeitsvertrages zumindest mitursächlich gewesen sei. Auch sei der Arbeitgeber trotz der Bestandsdauer von achteinhalb Jahren nicht nach Treu und Glauben an der Ausübung des Anfechtungsrechtes gehindert, da seine rechtliche Situation auch im Jahre 2005 noch beeinträchtigt war.

Nach Auffassung der Richter haben Arbeitgeber ein schützenswertes Interesse daran, dass die im Rahmen von Bewerbungen vorgelegten Zeugnisse die Qualifikation des Bewerbers wahrheitsgemäß wiedergeben und nicht gefälscht sind. Nur so werde ein fairer Vergleich unter den Bewerbern ermöglicht.

Die neun größten Zeugnismängel
Die größten Zeugnismängel
Neun Mängel sind es, die Kritiker der üblichen Arbeitszeugnisse vorbringen:
1. Angaben fehlen: beredtes Schweigen
Arbeitnehmer die eine prägnante Lücke in ihrem Zeugnis entdecken, haben gute Chancen auf eine Ergänzung.
2. Lob unglaubwürdig: Gefälligkeitszeugnis
Ein vor Lob überschäumendes Einser-Zeugnis ist keinesfalls eine Garantie für optimale Erfolgschancen bei einer Neubewerbung - jedenfalls nicht, wenn sich die Lobeselogen allzu auffällig als Teil eines Gefälligkeitszeugnisses entpuppen.
3. Zeugnissprache unprofessionell: Eigenentwurf
Wenn Arbeitgeber den Eigenentwurf eines Arbeitnehmers akzeptieren und unterzeichnen, wollen sie - wie auch beim Gefälligkeitszeugnis - eine Kündigung möglichst konfliktfrei und versöhnlich gestalten. Die Chance, einen Eigenentwurf einzureichen, sollten Sie unbedingt nutzen. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten; die Fehlermöglichkeiten in Eigenentwürfen sind unbegrenzt!
4. Missverständliche Textbausteine: uneinheitliche Bedeutung
Zeugnisfachbücher oder Zeugniserstellungs-Software bieten einen ganzen Katalog hilfreicher Textbausteine. Auf der sicheren Seite ist man damit trotzdem nicht, denn die Autoren wenden sehr unterschiedliche Maßstäbe an.
5. Nachträgliche Änderungen: Widersprüche
Wenn sich Arbeitnehmer nachträglich für eine Aufwertung ihres Zeugnisses einsetzen, gehen ihnen oft wichtige Passagen durch die Lappen.
6. Versteckte Kritik: Verschlüsselungen
Verschlüsselungstechniken erlauben es dem Zeugnisaussteller, negative Urteile zwischen den Zeilen zu äußern, ohne dass sie für den ungeübten Leser erkennbar sind.
7. Persönliche Note fehlt: geringe Wertschätzung
In einem sehr guten Zeugnis sprechen die Erfolge für sich selbst. Konkrete Beispiele können daher die Glaubwürdigkeit eines Zeugnisses unterstreichen und ihm eine persönliche Note geben. Fehlen diese Beispiele, mangelt es entweder an Erfolgen oder an Wertschätzung.
8. Schlechter Eindruck: Stil- und Rechtschreibfehler
Rechtschreibfehler, Tippfehler und stilistische Mängel sind pures Gift für das Zeugnis. Dabei kann sich der Zeugnisempfänger nicht darauf berufen, dass die Fehler jemand anderes gemacht hat. Schließlich hätte er diese Mängel bemerken und reklamieren müssen.
9. Mängel nicht beseitigt: nachlässiger Bewerber
Wer sich in ungekündigter Stellung erfolgreich neu bewirbt, misst seinem Zeugnis keine entscheidende Bedeutung zu. Die Quittung kommt erst bei der übernächsten Neubewerbung - dann können unvorteilhafte Zeugnisaussagen zu einem echten Problem werden.

Negative Außenwirkung

Darüber hinaus stellten die Richter des LAG Baden-Württemberg auf die negative Außenwirkung der hierdurch eingetretenen Situation ab. Es sei nicht auszuschließen, dass Außenstehende hiervon Kenntnis bekommen. Kunden und Lieferanten könnten erfahren, dass ihr Vertragspartner Mitarbeiter beschäftigt, die sich ihre Einstellung durch Vorlage von gefälschten Zeugnissen erschlichen haben.

Auch könnten weitere potenzielle Bewerber ermutigt werden, sich ebenfalls mit gefälschten Zeugnissen bei diesem Arbeitgeber zu bewerben. Der Arbeitgeber müsse daher auch nach mehreren Jahren noch die Möglichkeit haben, eine solche negative Außenwirkung zu beenden (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2006, Az.: 5 Sa 25/06). (oe)

Geheimcodes im Zeugnis
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Kontakt:

Der Autor Dr. Christian Salzbrunn ist Rechtsanwalt in Düsseldorf. Tel.: 0211 1752089-0, E-Mail: info@ra-salzbrunn.de, Internet: www.ra-salzbrunn.de