Mit Cace und Wireshark

Riverbed treibt Netzanalyse voran

15.07.2011 von Doris Gottstein
Mit der Übernahme von Cace wagt Riverbed den Spagat: Neben den kommerziellen Produkten rund um Wireshark wird der WAN-Optimierer Hauptsponsor des führenden Open-Source-Tools zur Netzwerkanalyse.

Nicht wenige Anwender reagierten mit Skepsis, als Riverbed im Oktober 2010 den Kauf von Cace Technologies, der Trägergesellschaft des quelloffenen Netzwerkanalyse-Tools Wireshark, bekannt gab. Sie befürchteten insbesondere, dass Wireshark durch die Übernahme seine Unabhängigkeit verliert und die Weiterentwicklung durch die Open-Source-Gemeinde allmählich eingestellt wird.

Loris Degioanni, Cace-Mitbegründer und jetziger Senior Director of Technology, sieht das Problem, räumt aber ein, dass Cace aus eben diesen Gründen einen passenden Käufer gewählt hat: „Bei Riverbed konnte man voraussehen, wie sie unsere Produkte sinnvoll integrieren und weiterentwickeln können.“ Und neben eher kommerziellen Zukunftsvisionen sei die wichtigste Bedingung gewesen, dass Wireshark unabhängig und die Community bleibt, wie sie ist. „Wir suchten eine Firma, die auch den Wert dieses Open-Source-Tools erkennt.“

Wieder vereint: Drei Erfinder, die den Open Source-Gedanken hochhalten (v.l.n.r.): Gerald Combs (Wireshark), Loris Degioanni (WinPcap) und Steve McCanne (TcpDump).
Foto: Doris Gottstein

Hinzu kommt, dass neben Degioanni auch Wireshark-Gründer Gerald Combs und das gesamte Entwickler-Team zu Riverbed wechselten. Bedenkt man, dass die Wurzeln der ganzen Packet-Analyzing-Technik in den von Wireshark genutzten Werkzeugen "TcpDump", "LibPcap" und "WinPcap" liegen, sind somit zusammen mit TcpDump-Entwickler Steve McCanne, Mitgründer und CTO von Riverbed, alle Entwickler dieser maßgeblichen Open-Source-Tools in einem Unternehmen vereint.

Kombination von Netflow Analytics und Deep Packet Inspection

Riverbeds Hauptgrund für den Kauf war der Umstand, dass sich durch die Integration von Netflow Analytics und Deep Packet Inspection völlig neue Möglichkeiten zur Fehlereingrenzung bieten: Während die Netflow-Daten die Informationen für den Überblick liefern und es ermöglichen, bei Bedarf auf einzelne Flows herunterzuzoomen, liefern die Daten aus der Paketanalyse die für die Fehlereingrenzung notwendigen Details.

Auf dem 4. Sharkfest, das Mitte Juni an der kalifornischen Stanford University stattfand, stellte Riverbed mit Version 3.0 den ersten Meilenstein des ambitionierten Integrationsprojekt vor, bei dem das Netflow-Tool Profiler von Riverbed mit Caces Pilot-Plattform verschmolzen wurde. Für Riverbed-CTO McCanne stellt dies allerdings nur den Anfang dar: „Flow-based Plattformen kombiniert mit Packet-based Analytik in einer gemeinsamen Architektur, dies ergibt eine großartige Basis für weitere intelligente Lösungen", erklärt er. Das elegante Design sei sehr flexibel, skalierbar und offen für alle denkbaren Erweiterungen und Anpassungen.

Durch die Kombination von Informationen aus Netflow-Daten und Paketanalyse ergeben sich völlig neue Möglichkeiten, Fehler einzugrenzen.
Foto: Riverbed

Wie die Kombination von Netflow-Daten und Packet Level-Informationen funktioniert, liefert ein Vergleich mit Google Maps und Street View. Auf der Map-Ebene liefert Netflow die Daten für die Übersicht und erlaubt es, auf einzelne Datenflows hinunter zu zoomen. Um den Detaillierungsgrad noch mehr zu erhöhen, können dann ergänzend Paketanalysedaten herangezogen werden (siehe Chart).
Mit diesem Vorgehen lassen sich viele Netzwerkprobleme dadurch vermeiden, dass Engpässe erkennbar werden, bevor sie sich auf Netzfunktionen und Performance auswirken. So wird ein Schlagwort Realität, das seit jeher in der Datenfluss-Welt herumgeistert: proaktives Netzwerkmanagement.
Bei der Entwicklung dieser Architektur wurde besonderer Wert auf die Reduzierung der Datenmenge gelegt, die zwischen den zentralen Monitoring-/Reporting-Systemen (Cascade Pilot und Cascade Profiler) und den dezentralen Flow-Kollektoren und Paketaufzeichnungsgeräten (Cascade Shark) ausgetauscht werden. Mit dieser Integration können Flow-Daten dazu verwendet werden, eine bestimmte Auswahl von Paketen, die für die Analyse eines Problemfalls notwendig sind, auf den Cascade Pilot und Wireshark zu übertragen.

Der Nutzen dieser Vorgehensweise zeigt sich gerade beim Troubleshooting, wo beide Aspekte, die Übersichtlichkeit und der höchst mögliche Detaillierungsgrad, wichtig sind. Ersteres benötigen Netzwerker, um Probleme mit Hilfe von Netflow-Daten eingrenzen zu können, Letzteres, um sich auf einen Ausschnitt zu konzentrieren, der über die Problemdetails Auskunft gibt.

Innovationsfaktor Open Source

McCanne zufolge sind bestehende Kunden von der Architektur-Integration begeistert, aber auch neue Kunden sollen damit angesprochen werden. „Sie bringt nicht nur mehr Sichtbarkeit in die WAN-Optimierung, sondern auch ins Rechenzentrum und in Netzwerke generell", so der Riverbed-Manager. Die Aussichten seien also gut, das Marktpotenzial zu erhöhen.

Weiteres Wachstum erhofft sich Riverbed auch im Kerngeschäft WAN-Acceleration und Optimization, wo die Company einen Marktanteil von 45 Prozent hat – das Segment ist laut aktueller Gartner-Studie erst zu 15 Prozent erschlossen. Hinzu kommt, dass die Open-Source-Gemeinde ständig Verbesserungen einbringt. So hat Herbert Grabmayer, Netzwerkanalyse-Spezialist bei Schoeller Network Control, Wien, sofort neue Pilot Application Views für SQL im Datenbank- und FIX im Bankenbereich entdeckt. Der aktive User verweist aber auch auf die Transaktionsanalyse auf Applikations- und TCP-Ebene.

Netzwerk-Tools
FileZilla
In dieser Maske können Sie beliebig viele Verbindungen hinterlegen.
SFTP
Daten sicher mittels verschlüsselter Verbindung transferieren.
Auf einen Streich
Mit fping können Sie einen ganzen Netzwerk-Bereich nach Leben absuchen.
iStumbler
Welche drahtlosen Netzwerke sind in meiner Umgebung und was für Informationen kann ich darüber erfahren?
Grafisch
Mit GNOMEs Network Tools müssen Sie für einen ping nicht auf die Konsole.
Wer bist Du?
Mit einer Whois-Anfrage lassen sich zum Beispiel Informationen über eine Domäne in Erfahrung bringen.
Gesprächig
Mit ntop können Sie einiges über den Netzwerk-Verkehr in Erfahrung bringen.
Einstellungen
In dieser maske konfigurieren Sie ntop.
Erweiterungen
Ntop bringt gleich einige sinnvolle Plugins mit sich.
Auch für Linux
PuTTY gibt es nicht nur für Windows.
Sieht gleich aus
PuTTY-Anwender müssen sich nicht umstellen, egal ob Sie Windows oder Linux einsetzen.
SSH
Mit PuTTY können Sie Ihren Server via verschlüsselter Leitung sicher administrieren.
VPN
Tunnelblick ist in Sachen OpenVN und Mac OS X sicher die beste Wahl.
Webmin
Mit Sicherheit eine der besten Netzwerk-Tools, wenn es um entfernte Administration von UNIX- oder Linux-Server geht.
MySQL
Webmin kann fast mit allen Server-Diensten umgehen. So beliebte wie MySQL dürfen da natürlich nicht fehlen.

Mit Ergänzungen wie diesen trägt die Community auf ihre Weise zu neuem Marktpotenzial bei, ein weiterer Grund, ihrer Eigeninitiative freien Lauf zu lassen. „Wir wollen uns nicht einmischen“, meint McCanne, „die Community soll sich so entwickeln wie sie will“. Es gebe genug Möglichkeiten, Produkte um Open Source herum zu bauen und dann den Hebel anzusetzen.

„Evangelisten“ für Wireshark

War Wireshark früher ein Open-Source-Projekt, über das professionelle User nur ungern sprachen, ist es inzwischen salonfähig geworden. Viele Firmen profitieren davon. Anwender und Kooperationspartner tragen ihren Teil zum Feintuning des Analyse-Tools bei. Auffällig ist auch, dass heute viele Großkonzerne wie etwa AT&T, Microsoft, Boeing und Ericsson ganz offiziell am Sharkfest vertreten sind. Mittlerweile arbeiten alle mit dem Standard-Werkzeug - Anbieter von Appliances und Devices, aber auch Entwickler bedarfsspezifischer Software sowie Trainings- und Troubleshooting-Experten haben sich rund herum angesiedelt.

In diesem Umfeld potenzieller Mitbewerber gibt das Sponsoring Riverbed zwar keine besonderen Rechte, verschafft dem Unternehmen aber das direkte Know-how für weitere Innovationen und den zeitlichen Vorsprung am Markt. „Wireshark hat sich zu einem Ökosystem entwickelt, von dem neben Riverbed viele andere Firmen leben“ meint Combs. „Viele dieser Experten werden zu ‚Evangelisten‘ für Wireshark und den neuen Sponsor“, ergänzt Degioanni. Was sie vereint? „Alle lieben Wireshark.“

Bei rund 350 Teilnehmern steht außer Frage, dass ein Event wie das Sharfest den Markenwert des Open-Source-Produkts enorm erhöht. Es dient aber auch Riverbed: „Wahrscheinlich gibt es keine andere Firma, die von ihren Wurzeln her besser geeignet ist, das Packet Analyzing zu fördern“ erklärt Rolf Leutert, der Wireshark von Anfang an begleitete. Der Inhaber von Leutert NetServices, Zürich, der bereits zum vierten Mal als Redner zu speziellen Themen wie IPv6 und WLAN eingeladen war, kennt sonst keine Firma mit diesem Background. (mb)