SaaS-Anbieter heißen SAP herzlich willkommen im Club

29.01.2007
Nachdem die Walldorfer ihre Pläne für On-Demand-Lösungen (auch Software-as-a-Service, kurz SaaS) für mittelständische Unternehmen angekündigt haben, üben sich Firmen, die schon länger Mietsoftware anbieten, in Zweckoptimismus.

Noch im ersten Quartal möchte SAP Details zu einer neuen Softwareumgebung nennen, die mittelständischen Firmen zur Miete feilgeboten werden soll. Und das ist auch gut so, denn die bisherigen Verlautbarungen sind äußerst vage. Unternehmen dieser Größe sollen ERP- und CRM-Funktionen zunächst testen und dann gegen monatliche Gebühr nutzen können (siehe auch Update: SAP will im ersten Quartal neues Mittelstandsprodukt lancieren und SAP lüftet den Schleier über neuer Mittelstandssoftware - aber nur ein wenig).

Damit revidiert der Softwarekonzern seine bisherige Strategie: SAP hatte bei der Vorstellung seiner ersten Mietlösung "CRM On-Demand" noch verlautbart, diese sei nur für Firmen gedacht, die mindestens 100 Nutzer damit auszustatten gedenken. In der Regel statten nur große Firmen 100 Benutzer mit CRM-Funktionen aus. Eine Mittelstandsinitiative in Richtung SaaS schloss man damals aus. Das nun erwartete On-Demand-Angebot richtet sich nun aber sehr wohl an kleinere Anwender.

Zwar lieferte SAP kaum Details zur Lösung, doch wird sie auf der bestehenden Netweaver-Plattform sowie dem "Enterprise Service Repository" aufsetzen. Eigenen Angaben zufolge entwickelt man das Mietprodukt neu; es soll sich anders als beim im Februar 2006 vorgestellten CRM On-Demand nicht um eine Adaption einer On-Premise Lösung (in diesem Fall "Mysap CRM") handeln. Die Erwartungen des Unternehmens an die SaaS-Offerte sind hoch: Pro Jahr will man 10.000 neue Mietkunden gewinnen. Das Hosting wollen die Walldorfer selbst übernehmen. Beim CRM-Mietprodukt agiert hingegen IBM als Dienstleister.

Auf Anfrage teilte der Hersteller der COMPUTERWOCHE mit, dass die neue Mietsoftware einen Markt adressiere, der bisher noch ziemlich unberührt sei - entweder weil die Firmen dort proprietäre oder sehr alte Lösungen einsetzten. Die Zielgruppe liege zwischen der von "SAP All-in-One" und "Business One" und adressiere somit Unternehmen mit 100 bis 1.000 Mitarbeitern. Business One liege darunter und All-in-One wende sich an Firmen mit bis zu 2.500 Angestellten.

SaaS-Anbieter wie Salesforce.com und Netsuite freuen sich über SAPs gesteigertes Engagement in diesem Segment, obwohl sie gleichzeitig erheblich mehr Konkurrenz erhalten werden. "Das ist fantastisch", meint ein ergriffener Bruce Francis, Vice-President of Corporate Strategy bei Salesforce.com. Seine Freude begründet er damit, dass durch SAPs Ankündigung das SaaS-Thema deutlich aufgewertet werde. Francis erhofft sich nun, mit Kunden ins Gespräch zu kommen, die bisher für Mietprogramme nicht zugänglich waren. Das kalifornische Unternehmen bietet schon jetzt Schnittstellen an, um SAP-Backends an das eigene CRM-Mietsystem anzukoppeln (siehe auch Salesforce.com bandelt in Sommer-Edition mit SAP an).

Zach Nelson, Chef des hierzulande weniger gut bekannten SaaS-Lieferanten Netsuite, vergleicht SAPs Ankündigung mit einer Verlautbarung der IBM vor vielen Jahren, als er noch bei Oracle beschäftigt war. "Oracle-Chef Larry Ellison sagte mal zu mir, dass beste, was ihm je passiert sei, war eine Vorankündigung von IBM in Sachen relationaler Datenbanken." Dies habe bei Kunden einen Bedarf geweckt den IBM zunächst nicht decken konnte, wohl aber Oracle. Mit SAPs SaaS-Ambitionen verhalte es sich ähnlich. Netsuite vermarktet im Gegensatz zur auf CRM spezialisierten Firma Salesforce.com eine ERP-Umgebung zur Miete (siehe auch Netsuite baut Mietsoftware aus).

Auch Nelsons ehemaliger Arbeitgeber und SAP-Erzrivale will sich im SaaS-Segment breitmachen. Der Datenbankprimus hat schon vor einiger Zeit SaaS als eine Waffe gegen SAP auserkoren (Oracle spinnt sein On-Demand-Netz weiter).

Netsuite und Salesforce.com versprechen sich auch nach einem massiveren Markteintritt der SAPs ins Mietgeschäft trotzdem gute Geschäfte und verweisen auf ihre langjährige Erfahrung.

Auch die SAP-Konkurrenten Sage und Infor äußerten sich zur Mittelstandsinitiative der Walldorfer. "Wir stehen wiederholten Mittelstandsoffensiven von globalen Wettbewerbern gelassen gegenüber, insbesondere dann, wenn diese Ankündigungen noch so vage sind wie kürzlich vorgestellt", so Peter Dewald, Deutschlandchef von Sage in Frankfurt/M. Neben führenden Software-Lösungen benötigten mittelständische Unternehmen in all ihren Facetten vor allem eines: einen Anbieter auf Augenhöhe mit einem genauen Verständnis für mittelständische Prozessabläufe und einer Expertise aus langjährigen und engen Kundenbeziehungen.

"Man muss sich fragen, ob SAP den Mittelstand wirklich versteht oder ob diese Strategie allein der Versuch ist, um von dem schleppenden Wachstum ihrer Fortune 500-Kundenbasis abzulenken", wettert Jim Schaper, CEO von Infor. Mittelständische Kunden wollten keine All-in-One-Produkte, die aufwändige Anpassungen benötigen, um ihre speziellen Geschäftsanforderungen zu erfüllen. Dieser Ansatz sei ein Relikt aus der Vergangenheit. (fn)