SAPs analytische Datenbank HANA eignet sich für unterschiedliche BI-Szenarien: vom operativen Berichtswesen über fortgeschrittene Analyse bis hin zur Self-Service-BI. Wie HANA Business-Intelligence-Szenarien unterstützt, hängt von der Art der Produktivsetzung und -nutzung ab, also ob HANA als Datenbank für die „Business Suite“, mit BW oder als Stand-alone-System implementiert wird. Viele Anwender beschäftigen sich zunächst mit der Option „BW auf HANA“, weil eine Eins-zu-Eins-Migration relativ einfach erscheint. Das BW ist eine SAP-Applikation, die Data-Warehouse-Management-Funktionen bereitstellt und traditionell eine relationale Datenbank zur Ablage und Verwaltung von Daten nutzt.
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Mit der In-Memory-Datenbank HANA erhalten Anwender nun eine neue Option bei der Datenspeicherung, die zwei wesentliche Vorteile verspricht: Erstens bietet HANA eine höhere Abfragegeschwindigkeit im Vergleich zu relationalen Datenhaltungstechnologien. Zweitens werden ausgewählte Prozesse zur Datenverarbeitung in die HANA-Datenbank ausgelagert, um deren Leistungsfähigkeit und Performance auszunutzen. Einige (Teil-)Datenintegrationsprozesse in HANA laufen dadurch schneller als im „BW Application Server“.
Neue Möglichkeiten
Logisch betrachtet ist SAP BW eine „semantische Schicht“, in der die technisch beschriebenen Datenobjekte in für Fachanwender verständliche Geschäftsobjekte umgesetzt beziehungsweise übersetzt werden. Ein Controller beispielsweise sieht so Objekte wie „Umsatz“ oder „Geschäftsbereich A“ in seinem Bericht und muss sich nicht um die technische Herkunft und Bezeichnung der Daten kümmern. Mit HANA als Datenbank muss die entsprechende Konfiguration eines bestehenden BW-Systems nicht grundsätzlich verändert werden. Es eröffnen sich aber neue Möglichkeiten, wenn die BI-Modellierung von der semantischen Schicht des BW in die HANA-eigenen Datenmodelle verlagert wird.
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HANA kann so noch intensiver als Ablaufplattform für BILogik dienen und seine Leistungsvorteile ausspielen. Zudem gibt es weitere Vorteile:
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Durch eine HANA-zentrierte BI-Modellierung ist ein nativer Datenzugriff auf die in HANA gespeicherten Daten ohne BW möglich. Dies macht sie unabhängig vom BW für andere Anwendungen nutzbar, und es ergeben sich möglicherweise vereinfachte Szenarien zur Integration von Nicht-SAP-Daten.
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Während in BW die Semantik auf viele unterschiedliche BW-Objekte verteilt ist, liegt sie in HANA zentral vor, was ihre Verwaltung erleichtern kann.
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Werkzeuge wie „Lumira“ von SAP und die erweiterten Funktionen in der HANA-Engine, zum Beispiel für Planung oder Predictive Analytics, sind direkt nutzbar.
Strategie sollte überdacht werden
Wie aufwendig und komplex letztlich eine Verlagerung der Modellierung und Implementierung der BI-semantischen Schicht(en) auf HANA ist, hängt davon ab, wie schnell und gut es dem Anwender gelingt, das über die Zeit entstandene „semantische Geflecht“ aus BWObjekten auf- und abzulösen. Dennoch ist beim langfristigen Einsatz von HANA ein Überdenken der bisherigen Strategie immer ratsam. Die HANA-In-Memory-Technologie wurde entwickelt, um Massendaten in Echtzeit im Hauptspeicher zu verarbeiten. Dies hilft nicht nur die analytische (OLAP), sondern kann auch die transaktionale (OLTP) Verarbeitung beschleunigen.
Der Einsatz von HANA als Datenbank und Applikationsplattform für die Business Suite und andere SAP-Anwendungen ist daher zentraler Teil der Technologiestrategie der Walldorfer. Eine schnelle Datenbank eröffnet neue Möglichkeiten, die „operative BI“ direkt auf dieser Plattform umzusetzen. Operative BI ist hier zu verstehen als die schnelle Bereitstellung von Prozessinformationen für ein Prozessmonitoring und für operative Entscheidungen in den Prozessen.
Diese Aufgaben werden bislang mit Hilfe von Listen und Dashboards im ERP-System angegangen, oder es werden ERP-Daten in kurzen Zeitabständen in ein BW oder anderes Data-Warehouse-System überführt und dort ausgewertet. Sofern die Datenbank- und Applikationsplattform leistungsfähig genug ist, um eine transaktionale und analytische Datenverarbeitung gleichzeitig zu unterstützen, wird somit eine operative BI direkt auf dem Datenbestand des operativen (ERP-)Systems machbar.
Technisch werden hierfür analytische Sichten auf den ERP-Datenbestand definiert, die zum Zeitpunkt der Anforderung berechnet und abgefragt werden. Dies vereinfacht die Gesamtarchitektur und beschleunigt den Zugriff auf Daten. Neben einer eigenen Definition solcher Sichten bietet SAP das Paket „HANA Live“, das vordefinierte Inhalte und Modelle zur Umsetzung operativer BI enthält. Die fertigen Datenmodelle lassen sich mit Hilfe der Komponente „HANA Studio“ beliebig verändern und erweitern.
BI-Anwenderwerkzeuge
Erfreulich ist, dass die durch HANA veränderte Systemarchitektur sich nicht auf die Interaktion BW-befähigter BI-Werkzeuge mit dem System auswirkt. Sie greifen nach wie vor auf BW über die üblichen Schnittstellen wie BICS und BAPI auf HANA zu. Andererseits bringt HANA zahlreiche neue Aspekte in die Systemarchitektur, die Unternehmen in ihrer BI-Anwenderwerkzeugstrategie einbeziehen sollten. Dabei spielen auch Weiterentwicklungen im SAP-BI-Portfolio eine Rolle.
Themen sind hier die Nachfolgewerkzeuge für den „BEx Explorer“ („Analysis for Office“) und „BEx Web Application Designer“ („Design Studio“), auf die derzeit zahlreiche BW-Kunden migrieren, Direktzugriff auf HANA(-Modelle) für die relationalen Business- Objects-Werkzeuge, neue HANAorientierte BI-Werkzeuge wie Lumira und „Predictive Analysis“, Planungsanwendungen auf HANA sowie die Entwicklung (mobiler) HTML5- Anwendungen für HANA. BARC hat zu dem komplexen Thema der SAP-Anwenderwerkzeuge eine ausführliche Research Note veröffentlicht. Sie ist unter dem Namen „SAP BusinessObjects Business Intelligence Lösungen in SAP-Umgebungen“ erhältlich.
Skills und Rollen
SAP BW auf eine HANA-Datenbank zu migrieren ist nur der erste Schritt, um die neuen Möglichkeiten einer modernen Technologieplattform zu nutzen. Neuorientierungen sind in vielen Bereichen notwendig und sinnvoll. Veränderungen bringen wie immer Herausforderungen und Chancen, wobei Letztere gerade in den Bereichen BI-Anwendungen, BI-Semantik und operative BI interessant sind. Nicht zu unterschätzen sind auch die neuen Anforderungen, die der Einsatz von HANA an die Mitarbeiter in der IT und im Fachbereich stellt.
Die Administration des Systems, die Datenmodellierung in HANA Studio, Anpassungen in SQL Skript oder die Entwicklung von HTML5-Anwendungen sind nur einige Beispiele für das erforderliche Wissen. Nur bei einer entsprechenden Qualifikation der Mitarbeiter können Anwenderunternehmen die neuen Möglichkeiten von HANA wirklich ausschöpfen.
BARC-Tagung
„SAP HANA: Chancen und Herausforderungen“ Die BARC-Tagung „SAP HANA: Chancen und Herausforderungen für BI, CRM und ERP“ bietet BI-Verantwortlichen aus dem Fachbereich und der IT eine gute Gelegenheit, sich über die vielen Neuerungen und Optionen im BI-Portfolio der SAP zu informieren, um mit der eigenen BI-Strategie auf Kurs zu bleiben. Die eintägige Fachtagung und Fachausstellung erläutert HANA in den Szenarien „Business Suite on HANA“, „BW on HANA“ und „HANA stand-alone“ und vermittelt erste Projekterfahrungen. Weitere Informationen unter www.barc.de/sapbi