Bevor es ans aufhacken der Wände geht, sollte man sich jedoch erst einmal schlau machen, ob das überhaupt nötig ist. Denn mittlerweile sind einige funkbasierte und dadurch gut nachrüstbare Systeme erhältlich, die allerdings im Hinblick auf das technische Konzept höchst unterschiedlich sind, in Sachen Ausbaufähigkeit von kaum bis sehr beschränkt reichen und sich selten zueinander kompatibel erweisen.
Uni- oder bidirektional?
Man kann sich der Hausautomation auf ganz verschiedene Weisen nähern. Zum Beispiel über den Preis, aber auch über den Leistungsumfang oder über den Bedien- bzw. Einrichtungskomfort. Dabei lässt sich grob festhalten, dass der Preis für eine simple Bedienbarkeit nicht selten in einem geringen Leistungsumfang besteht. Bei komplexen, günstigen Systemen hingegen ist das technische Niveau mitunter nicht so hoch und auch die Benutzerfreundlichkeit lässt da schon mal zu wünschen übrig.
Das beginnt bei der Kommunikation der Komponenten untereinander. Preiswerte Lösungen, darunter die bekannte FS20 von ELV, arbeiten nur unidirektional. Das bedeutet, dass ein Sender ein Steuersignal an einen Aktor sendet, aber keine Rückmeldung bekommt, ob der Aktor auch wirklich die Information empfangen hat. Umgekehrt sendet der Aktor eventuell Statusinformationen, ohne zu wissen, ob sie beim Sender, beispielsweise einem Thermostat, angekommen sind. Komfortabler sind da Lösungen mit bidirektionaler Kommunikation; allerdings kosten diese auch mehr.
Internetzugang erwünscht?
Die nächste Frage ist die nach dem Netzwerk-Anschluss oder gar Internet-Zugang. Auch hier lohnt sich genaues Hinschauen. Wer in Sachen Netzwerktechnik bewandert ist, kann mit Portweiterleitungen nahezu alles realisieren, aber die Frage nach dem Komfort bleibt dabei mitunter irgendwo auf der Strecke. Vor allem, wenn man den Wunsch hat, sein Zuhause auch noch einigermaßen vernünftig mittels Smartphone bedienen zu wollen, dann sollten Sie sehr genau darauf achten, für welche Systeme es internetfähige Zentralen und übersichtliche Apps gibt.
Zwar existiert mit FHEM auch ein unter GPL lizensierter Server, der viele gängige Lösungen ansteuern kann und der sich zum Beispiel auf einer FritzBox, einem Raspberry oder einem anderen Kleincomputer installieren lässt. Sie finden FHEM auf der DVD, aber die Einrichtung ist nicht ganz trivial, kostet etwas Zeit und braucht technisches Verständnis. Zudem ist die Qualität der mobilen Apps leider eher durchwachsen.
Kompatibilität? Bedingt.
Erst einmal sollte man sich darauf einstellen, dass die Entscheidung für das ein oder andere System eine ziemlich endgültige ist, denn Kompatibilität wird bei Funk-Hausautomation nicht unbedingt groß geschrieben. Auch wenn alleine drei Lösungen von eQ-3 stammen, bedeutet das noch nicht, dass deren Komponenten austauschbar wären. Daher bietet es sich an, entweder vorher schon sehr genau zu planen, was alles gesteuert werden soll oder aber von vornherein auf eine maximal ausbaubare Steuerung zu setzen.
So bietet eben erwähnter Hersteller eQ-3 beispielsweise mit MAX! ein System an, das eigentlich nur für die Heizungssteuerung konzipiert ist. Wesentlich umfangreicher ist da schon RWE-Smarthome, was ebenfalls von eQ-3 produziert wird. Das bekannteste und leistungsfähigste Produkt des Herstellers ist aber wahrscheinlich Homematic – dazu später mehr.
Steuern vs. Automatisieren
Die Leistungsfähigkeit einer Haussteuerung bemisst sich nicht nur in der Menge der verfügbaren Sensoren und Aktoren, sondern auch im Hinblick auf den Automatisierungsgrad. Die Heizung per Smartphone wärmer zu stellen oder das Licht von unterwegs einzuschalten, ist das Eine. Die Frage ist aber, was sich wirklich automatisieren lässt. Ein typisches Szenario ist beispielsweise eine Abschattung im Sommer.
Hier soll dann die Anlage bei bestimmten Temperaturen und viel Sonne automatisch Rollläden oder Jalousien herunterlassen. Auch das Schließen von Dachfenster-Rollläden bei Hagelschlag, das Einfahren von Markisen bei hohen Windstärken sind denkbare Aufgaben für eine echte Hausautomation. In dem Artikel Smarthome per Smartphone beschreiben wir, wie sich mit einem kleinen Gateway diverse Komfortszenarien umsetzen lassen.
Die Funktechnik
Fast alle der angebotenen Lösungen nutzen in Europa eine Frequenz von 868 MHz zur Kommunikation, also eines der gängigen ISM-Bänder, auf denen sich auch manche Babyphone, Videoübertragungsanlagen oder Funkalarmanlagen herumtreiben. Das band ist also nicht ganz leer und entsprechend sind die Komponenten auch nicht gegen Störungen gefeit. Da aber bei der Gebäudesteuerung nur kleine Datenpakete übertragen werden, ist die ganze Kommunikation weit weniger kritisch als beispielsweise im längst gut gefüllten 2,4 GHz-Band (z.B. Bluetooth, WLAN, DECT).
In Sachen Datenübertragung selbst gibt es, wie schon erwähnt, keine Einheitlichkeit. Eine weit verbreitete Plattform stammt von EnOcean findet man alle Hersteller von Komponenten, die mit dieser Technik arbeiten. Eine deutsche Allianz ist QVICON, initiiert von der Telekom, inzwischen mit einer Reihe namhafter Hersteller an Bord, darunter auch eQ-3 mit Teilen des Homematic-Systems. Darüber hinaus gibt es noch Z-Wave nebst der Z-Wave Alliance.
Welche Systeme gibt es?
Der Markt an Hausautomations-Systemen ist mittlerweile vollkommen unübersichtlich. Das liegt auch daran, dass einige Anbieter nur Teile entwickeln und dann über Schnittstellen die Anbindung anderer Geräte realisieren. In Teilen trifft das beispielsweise auf HomePilot von Rademacher zu, weil beispielsweise deren Heizkörper-Stellmotoren aus dem gleichen Portfolio an Z-Wave-Komponenten stammen, auf das auch andere Firmen zugriefen. Übrigens basiert auch devolos Home Control auf Z-Wave.
Viele Anbieter beschränken sich zudem auf die Bedienung von Steckdosen, Dimmern und Schalter. Neben devolo gehören beispielsweise auch iComfort, Home Easy oder Kopp Free Control in diese Kategorie. Hier lohnt es sich ebenso wie bei den Angeboten diverserer Energieversorger, genau hinzuschauen, was da tatsächlich für ein System hinter steckt. RWE Smarthome beispielsweise in eine zwar recht umfangreiche, aber dennoch in sich geschlossene Lösung, die man nicht einmal mit Tricks dazu bekommt, sich anderen Geräten zu öffnen.
Das hat übrigens weniger mit der Geschäftstüchtigkeit von RWE zu tun als mehr mit den Sicherheitsanforderungen an die Funkübertragung, die höher gesteckt sind als bei der Homematic. Deshalb nutzen trotz gleichem Hersteller beide Systeme schlichtweg inkompatible Funkprotokolle.
Funkschaltsystem 20
Das FS20 ist so etwas wie die Mutter alle Nachrüstsysteme. Verbreitet wurde und wird es vor allem von den beiden großen Elektronik-Versendern Conrad und noch viel stärker von ELV. Es ist kompatibel zu den FHT80-Heizkörper-Regelungen und es existiert ein extrem umfangreiches Sortiment an Sensoren, Schaltern und Aktoren sowohl für den Innen- als auch den Außenbereich. Das FS20 kann via Zentrale bedient werden, aber auch mit Fernbedienungen sowohl mobil als auch in Form von Festeinbauten.
Es gibt Diagnose-Displays, Repeater zur Reichweiten-Verlängerung, Mehrkanal-Schaltmodule, Bewegungsmelder, Hygrostaten und vieles mehr. Der große Vorteil des FS20 ist der günstige Preis, aber das System hat zwei ganz große Nachteile: Es arbeitet nur unidirektional, also eventuell nicht immer ganz zuverlässig. Und die Anbindung an Netzwerk und Internet ist nur über einen als Server zwischengeschalteten PC oder eine andere Plattform möglich, auf der der FHEM-Server läuft. Zudem ist die Einrichtung nicht immer intuitiv, besonders dann nicht, wenn FHEM zum Einsatz kommen soll.
Homematic
Das Homematic-System ist in Sachen Preis-/Leistung und Funktionsumfang momentan kaum zu übertreffen. Es arbeitet bidirektional, kann komplett über eine netzwerkfähige Zentrale verwaltet werden, ist leidlich gut einzurichten, und bietet eine Vielzahl von Aktoren, Sensoren und zusätzlichen Fernbedienungen. So gibt es beispielsweise sogar ein elektronisches Türschloss oder auch Fensterantriebe zum automatischen Kippen von Flügelfenstern.
Mit dem Mediola Gateway kann die Homematic noch um die Bedienung von Unterhaltungselektronik oder auch Fremdkomponenten erweitert werden, über einen speziellen Dongle, CUL (CC1101 USB Lite) genannt, können auch FS20-Komponenten eingebunden werden. Außerdem ist die Kombination mit verkabelten Homematic-Bausteinen möglich. Nachteile der Anlage sind zum einen die nicht immer ganz edle Haptik der Komponenten und zum anderen die Apps, bei denen noch Luft nach oben ist.
Eaton xComfort
In Sachen Verarbeitung etwas hochwertiger präsentiert sich das xComfort-Konzept von Eaton. Auch hier ist das Programm an Zentralen, Fernbedienungen, Aktoren und Sensoren sehr umfangreich, wenngleich man ein paar Sachen, die es für die Homematic gibt, bei Eaton vergeblich sucht, etwa einen Fensterantrieb. Der Nachteil der xComfort-Komponenten ist zweifellos ihr relativ hoher Preis. Alleine die Zentrale kostet rund 500 Euro, zudem gibt es noch ein zentrales Bedienterminal für die Wandmontage, das nicht unbedingt dafür vorgesehen ist, dass man es selber programmiert. Dieses Teil kostet etwa 1.500 Euro, die Programmiereinheit für Selbstprogrammierung nochmals 150 Euro.
Siemens Synco Living
Auch Siemens hat mit dem Synco Living-System eine Lösung im Programm, die sowohl als Funk- als auch leitungsbasierte Steuerung (auf Basis des KNX-Standards) fungiert. Ähnlich wie bei Eaton gibt es für Synco Living zahlreiche Aktoren und Sensoren; vieles ist allerdings nur bedingt für die Selbstmontage gedacht, weil hier auch die Steuerung einer Heizungsanlage beispielsweise integriert werden kann.
Fazit
Ein Hausautomation- System legt man sich nicht mal eben im Vorbeigehen zu. Denn auch, wenn hier bei manchen Lösungen von „günstig“ die Rede ist, so wird man je nach Ausbaugrad dennoch schnell 1.000 Euro oder und mehr los. Deshalb empfiehlt es sich, gut zu planen, ein kleines Pflichtenheft zu erstellen und sich dann ausgiebig darüber zu informieren, welches System dem eigenen Anforderungsprofil am besten gerecht wird.
Und dabei sollte man auch berücksichtigen, ob man eventuell willens ist, die bislang verbauten Steckdosen und Schalter zu tauschen, weil die, die zu der vorgesehenen Steuerung gehören, leider vom Design überhaupt nicht passen. Denn auch so etwas muss man auf dem Schirm haben, will man sich nicht die nächsten Jahre jedes Mal ärgern, oder noch einmal kräftig Geld nachschießen.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag von der PC-Welt. (mhr)