HR-Studie zeigt Status Quo

So digital ist Personalarbeit heute

14.07.2020 von Hans Königes
Personaler würden sich gerne mehr ihrem Kerngeschäft widmen und sich weniger über heterogene IT-Systeme ärgern, wie eine aktuelle Studie zum Digitalisierungs-Status-Quo der Personalabteilung zeigt.
Gut die Hälfte der deutschen Unternehmen hat ein Bewusstsein für die Digitialisierung der HR-Abteilungen geschaffen und damit begonnen, Personalprozesse zu digitalisieren und automatisieren.
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Die Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Auftrag des Softwarehauses forcont deckt auf, welche Herausforderungen die Abteilungen Human Resources am stärksten beschäftigen. Thema Nummer eins ist nach wie vor der Fachkräftemangel: Für gut ein Drittel der Befragten (34 Prozent) zählt die Gewinnung qualifizierten Personals zu den drängendsten Aufgaben. Ebenfalls ein Drittel (33 Prozent) nennt die Digitalisierung und Automatisierung von Personalprozessen als dringlichen Punkt. Allerdings kommen wichtige Aufgaben im HR-Alltag oft zu kurz:

• 64 Prozent der Befragten wünschen sich mehr Zeit für die Personalentwicklung

• 61 Prozent würden sich gerne intensiver mit der Netzwerkpflege beschäftigen

• 46 Prozent würden sich dem Employer Branding gern intensiver widmen

Vielerorts resultiert die Zeitnot aus einem hohen Administrationsaufwand. In 37 Prozent der Personalabteilungen nehmen Verwaltungsaufgaben wie die Bearbeitung von Dokumenten und die Datenpflege viel Arbeitszeit in Anspruch.

HR-Prozesse mit Verbesserungsbedarf

Der Bedeutung der digitalen Transformation ist sich die große Mehrheit der Befragten bewusst. Die meisten Unternehmen (58 Prozent) haben damit begonnen, ihre Personalprozesse zu digitalisieren. Mehr als der Hälfte (51 Prozent) ist es gelungen, im Betrieb ein Bewusstsein für die HR-Digitalisierung zu schaffen - während es bei der Umsetzung noch Verbesserungspotenzial gibt. Doch welche Ziele stehen bei Automatisierungsvorhaben im Vordergrund? Am häufigsten, nämlich in drei Viertel (75 Prozent) der Unternehmen, soll die Qualität der jeweiligen HR-Prozesse verbessert werden. Weitere wichtige Beweggründe sind:

• Kostensenkung (66 Prozent)

• Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit (62 Prozent)

• Optimierung des Zeitmanagements (62 Prozent)

"Zur Digitalisierung des HR-Bereichs gehört auch, Mitarbeiterdaten sinnvoll zu erheben und auszuwerten", weiß Anne-Katrin Neyer, Studienautorin und Inhaberin des Lehrstuhls für Personalwirtschaft und Business Governance an der Universität Halle-Wittenberg. "Mit solchen Datenanalysen lassen sich auf der einen Seite Entwicklungen im Unternehmen und der Erfolg von HR-Maßnahmen messen - beispielsweise die Effekte einer Recruiting-Kampagne, die Mitarbeiterzufriedenheit oder die Leistung des Teams."

HR-Trends: Das Personalwesen im Wandel
10 Trends in der Personalarbeit
Die Digitalisierung sowie der Fachkräftemangel wirken sich auch nachhaltig auf die Denk- und Arbeitsprozesse in Personalabteilungen aus. Der Bundesverband der Personalmanager (BPM) nennt zehn Trends, die zunehmend im Bereich Human Resources Platz greifen und die "digitale HR" prägen werden.
1. Künstliche Intelligenz ethisch hinterfragen
Künstlicher Intelligenz (KI) sorgt in Personalabteilungen für Effizienzgewinne. Personaler sollten deshalb den Nutzen intelligenter Techniken ethisch auszuloten und verantwortungsvoll damit umgehen.
2. Bildung in der Arbeitswelt 4.0
Die Arbeitswelt 4.0 erfordert eine Neuausrichtung der Weiterbildungsangebote in den Betrieben sowie eine neue Lern- und Bildungskultur in den Ausbildungseinrichtungen. Personaler sind gefordert, für diesen Bedarf entsprechende Lernangebote zu entwickeln.
3. Kollaborative Arbeitskonzepte
Aufgaben und Themen werden komplexer und lassen sich nur noch in interdisziplinären Teams erfolgreich bearbeiten, weshalb Co-Working-Konzepte, ortsunabhängiges Arbeiten und neue kollaborative Methoden der Zusammenarbeit im Team zur Standardanforderung für den Arbeitsplatz der Zukunft werden. Das Personalwesen steht vor der Herausforderung, aus den vielen Facetten des Arbeitsplatzes der Zukunft einen individuell passenden Rahmen für jeden Mitarbeiter zu konzipieren.
4. Recruitingmaßnahmen verändern
Fach- und Führungskräfte sind zunehmend wechselwilliger. Dieser Umstand macht bisherige Rekrutierungsmechanismen und Karriereangebote hinfällig. Die Bewerberansprache braucht neue Vorzeichen, um Fach- und Führungskräfte zu aktivieren. Ferner geht es um die Rekrutierung ausländischer Fachkräfte.
5. Mitbestimmung 4.0
Agilität wird auch in der Zusammenarbeit zwischen Personalern und Betriebsräten ein wichtiges Thema. Betriebsräte werden sich verstärkt Fragen nach agilen Arbeitsumfeldern stellen müssen. Im Schulterschluss mit der Personalabteilung geht es darum, die Betriebsverfassung an die Veränderungen anzupassen und neue Regeln für die Mitbestimmung abzuleiten.
6. Wettbewerbsfaktor Diversity
Die Wahrnehmung des Themas Diversity hat sich in Unternehmen gewandelt. Viele haben erkannt, dass sie im Wettbewerb erst erfolgreich sein können, wenn Mitarbeiter unterschiedlicher Prägung und aus unterschiedlichen Kulturen in Teams zusammenkommen.
7. Mitarbeiterpotenzial fördern
Auch in Zeiten von Robo-Recruiting bleibt das Herzstück der Personalarbeit, das Potenzial der Belegschaft zu entfalten. Dabei kommt es im Zuge einer wachsenden Technisierung vor allem darauf an, Mitarbeiter in ihrer Entwicklung aktiv zu unterstützen.
8. Agile Führung
Mit wachsender Komplexität und fortschreitender Digitalisierung muss auch die Führung agiler werden. Aufgabe der HR ist es, ihrer Führungsetage im Dialog mit den Mitarbeitern Hilfestellung zu geben. Ziel sollte sein, Führungskräfte zu Coaches und Vorbildern zu entwickeln, die offen und kritisch Themen reflektieren und ihren Mitarbeitern mehr Eigenverantwortung zugestehen.
9. Mitarbeitersicht einnehmen
Immer mehr Personaler verfolgen den Employee-Experience-Ansatz. Dieser hilft ihnen, die Sicht des Mitarbeiters einzunehmen, wenn es um die Akzeptanz von HR-Services geht.
10. Betriebliches Gesundheitsmanagement
Arbeitgeber werden zunehmend mit den Auswirkungen der Entgrenzung von Berufs- und Privatleben konfrontiert. Für die Personalentscheider geht es jetzt verstärkt darum, die schleichende Entgrenzung nicht zum Gesundheitsrisiko werden zu lassen. Das betriebliche Gesundheitsmanagement sollte integraler Bestandteil der Unternehmenskultur sein, um Achtsamkeit und Resilienz systematisch zu stärken.

Personalverantwortliche wollen Data Analytics

Die Umfrage hat gezeigt, dass es meistens die HR-Verantwortlichen selbst sind, die sich um datengestützte Entscheidungen bemühen. Obwohl sie Data Analytics in ihrem Bereich vorantreiben, ist das Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft. Denn gerade beim Umgang mit Daten stehen die Befragten vor mehreren Hürden:

• 78 Prozent nennen heterogene IT-Systeme und Tools als größten Hemmnisfaktor für die Datenerhebung.

• 40 Prozent sehen in schwer weiterverwendbaren Daten aus IT-Systemen ein Hindernis.

• 63 Prozent vermissen in ihrem Unternehmen passende Softwarelösungen, die bei der Datenanalyse helfen.

• 51 Prozent haben schlicht zu wenig Zeit für Data-Analytics-Projekte.

Zudem fehlen wichtige Kompetenzen: Laut 41 Prozent reicht das statistische Knowhow der HR-Verantwortlichen nicht aus, 30 Prozent sehen eine Hürde in mangelnden IT-Kenntnissen.

Cloud spielt nur eine Nebenrolle

Das Thema Cloud Computing ist in den HR-Abteilungen bislang wenig verbreitet. Nur 36 Prozent nutzen ein oder mehrere HR-Tools als Software-as-a-Service. Die größten Hinderungsgründe, Cloud-Software zu implementieren, sind mangelnde Auseinandersetzung mit dem Thema (52 Prozent) und Vorbehalte bezüglich der Datensicherheit (37 Prozent).

Informationen zur Studie: Für die Studie beantworteten 117 Mitarbeiter und Führungskräfte aus deutschen Unternehmen verschiedener Größen und Branchen einen Online-Fragebogen. Die Befragung erfolgte zwischen Oktober 2019 und Januar 2020. Der Studienbericht liefert ein Stimmungsbild, wie es um die Digitalisierung des HR-Bereichs bestellt ist. Er zeigt, vor welchen Herausforderungen Personaler stehen. Handlungsempfehlungen für HR-Verantwortliche runden den Bericht ab. Hier können Interessierte Studienergebnisse kostenfrei herunterladen.

Zum Video: So digital ist Personalarbeit heute