Den CDO braucht's nicht

So wählt ein Headhunter einen CIO aus

28.06.2023 von Heinrich Vaske
Gute CIOs sind knapp und werden von Unternehmen heiß umworben. Als Headhunter ist Kaan Bludau auf die Vermittlung von IT-Chefs spezialisiert. Wir haben ihn gefragt, worauf es für beide Seiten ankommt.
Kaan Bludau: "Inzwischen haben viele CIOs den Anspruch, direkt an den CEO zu berichten. IT- und Konzernstrategie gehören untrennbar zusammen."
Foto: BludauPartners

Fallen wir gleich einmal mit der Tür ins Haus: Worauf achten Unternehmen am meisten, wenn sie eine CIO-Position neu besetzen wollen?

Kaan Bludau: Gute CIOs haben die Persönlichkeit eines Topmanagers und gleichzeitig ein tiefes Verständnis für technische Zusammenhänge. Sie haben ein besonderes Selbstverständnis, wissen Personal zu führen und agieren auf Augenhöhe mit anderen Top-Führungskräften.

Kann jemand, der seine Karriere in der IT gemacht hat, diese Erwartungen erfüllen?

Kaan Bludau: Es gibt solche Ausnahmeerscheinungen, tatsächlich ist aber nicht jeder CIO ein Supermanager und hat eine explizite Ausbildung dafür genossen. Das ist anders als bei einem CEO, der oft über Jahre auf diese Position hin entwickelt wurde.

Würden Sie sagen, CIOs waren früher vornehmlich technisch geprägt und kommen heute zunehmend über ihre wirtschaftlichen Fähigkeiten ins Amt?

Kaan Bludau: Zumindest sind junge CIOs von ihrer Persönlichkeit her heute deutlich weiter als noch vor 15 Jahren. Damals war der IT-Bereich innerhalb der Unternehmensorganisation noch nicht so präsent. IT galt als Kostenfaktor, das musste halt auch irgendwie gemacht werden.

Heute ist die Digitalisierung für Unternehmen eine zwingende Voraussetzung dafür, im Wettbewerb bestehen zu können. Themen wie Cybersicherheit, KI, intelligente Datennutzung etc. sind absolut geschäfts- und zukunftsrelevant. Die Unternehmen haben erkannt: Wenn sie da nicht investieren, werden sie wirtschaftliche Probleme bekommen.

Viele Betriebe haben in den vergangenen Jahren einen Chief Digital Officer (CDO) berufen. War das dann der Fall, wenn der CIO zu tief in der Technik steckte und aufgrund dieser einseitigen Ausrichtung keine guten Antworten für die Digitalisierung des Geschäfts gefunden hat?

Kaan Bludau: Dieser Trend ist aus meiner Sicht schon wieder vorbei, CDOs gibt's kaum noch. Das Digitalthema hat heute jeden Unternehmensbereich erfasst. Bereichs- und Abteilungsleiter, auch alle Vorstände müssen mittlerweile ein Digitalbewusstsein haben. Vor ein paar Jahren wurden CDOs berufen, um genau dieses Digitalbewusstsein übergreifend zu wecken. Das kann heute ein guter CIO. Er ist breit aufgestellt und berücksichtigt all diese Themen. Er kann die Menschen abholen und mitnehmen - genau da lag damals das Problem.

CIOs konnten das Business nicht für einen digitalen Neuanfang begeistern?

Kaan Bludau: Ja. Sie waren oft nicht in der Lage, das gesamte Unternehmen mitzureißen und für die kommenden Herausforderungen fit zu machen. Deshalb hat man einen CDO berufen oder eingestellt, damit jemand in die Fachbereiche geht und diese digital mobilisiert. Heute ist ein CDO schon wieder ein Anachronismus, fast schon etwas lächerlich. Die Unternehmen wissen: Das digitale Engagement muss aus den Fachbereichen kommen, und der CIO ist der, der die Umsetzung vorantreibt.

Das klingt ja richtig gut. Es würde bedeuten, dass deutsche Unternehmen einen gewaltigen Schritt in Sachen Digitalisierung gemacht hätten …

Kaan Bludau: Das ist aber leider nicht so. Deutschland liegt weit hinten, wenn es um die digitale Transformation geht. Eigentlich müsste es für das Management und die Fachbereiche selbstverständlich sein, in allen Richtungen digital aufgestellt zu sein. Das ist aber nicht der Fall. Viele Führungskräfte sind nicht entsprechend ausgebildet. Die Unternehmen haben außerdem ein gewaltiges Fachkräfteproblem, auch im Management. In Bereichen wie KI, Data/Analytics oder Cybersicherheit fehlen einfach Experten.

Ist es überhaupt realistisch, dass ein CIO den vielfältigen Anforderungen gerecht wird? Eine ERP-Suite einzuführen ist etwas völlig anderes als beispielsweise ein IoT-Projekt in der Produktion oder ein Digital-Marketing-Vorhaben, um Beispiele zu nennen. Überall soll der CIO den Hut aufhaben …

Kaan Bludau: Das funktioniert nur, wenn der CIO auf höchster Ebene angesiedelt ist, an den CEO berichtet und idealerweise zum Management-Board gehört. Dann kann er vernünftig priorisieren und gestalten. Bislang war es meistens so, dass der CIO an den Chief Financial Officer (CFO) berichtet hat. IT wurde als Kostenblock gesehen, den es zu kontrollieren galt. Inzwischen haben viele CIOs den Anspruch, direkt an den CEO zu berichten. IT- und Konzernstrategie gehören untrennbar zusammen.

Heute erzeugt Technologie die großen Mehrwerte für ein Unternehmen, sie ist Basis und Fundament sämtlichen Wirtschaftens. Den CIO nur über Kosten zu steuern, führt nicht mehr ans Ziel. Er muss in den Board-Meetings sagen können, was in Sachen Digitalisierung auf allen Ebenen möglich und sinnvoll ist.

Wenn wir davon ausgehen, dass IT in Zukunft der größte Hebel für Wertschöpfung ist - ich denke etwa an KI, durchgängige Lieferketten, Prozessoptimierung etc. - müsste der CIO dann nicht auch als Anwärter auf die CEO-Rolle in Frage kommen?

Kaan Bludau: Eher nicht. In der Disziplin Technologie, IT und Informatik kommt es auf Fachkenntnisse an. Topmanager brauchen grundsätzlich andere Skills. Sie haben meistens einen betriebswirtschaftlichen Hintergrund, auch wenn es natürlich Ausnahmen gibt. Wer CEO werden will, muss in seinem Lebenslauf Know-how in den Bereichen Finanzen und Wirtschaft vorweisen. Ganz wichtig sind Erfahrungen in Marketing und Vertrieb, CEOs haben ja auch häufig einen vertrieblichen Hintergrund. Im Zentrum stehen oft der Aufbau von Marken, Marketing-Strategien, der Vertrieb und so weiter.

Die IT muss sich gut verkaufen

Wie sehen die CIOs selbst ihre Rolle? Tun sie genug, um sich zu vermarkten und für ihre Themen und Projekte zu werben?

Kaan Bludau: Da hat sich in den vergangenen Jahren wirklich eine Menge getan. Das hat man sehr gut auf den Hamburger IT-Strategietagen gesehen. Es war eine Freude zu beobachten, wie sich die CIOs ganz selbstverständlich auf die große Bühne gestellt und von ihren Projekten und Strategien erzählen. Für ihre Unternehmen ist das ganz wichtig, vor allem im Recruiting: Die IT muss sich gut verkaufen und als attraktiv für Talente herüberkommen.

Worauf kommt es bei dieser Selbstvermarktung an?

Kaan Bludau: Ich bin gerade dabei, drei CIO-Positionen neu zu besetzen, und ich merke, wie hier ein Generationswechsel stattfindet. Es werden jüngere Kandidaten gesucht, die strategische und operative Arbeit sinnvoll miteinander verknüpfen können. Gefragt sind Talente, die erfrischend und stark rüberkommen und es verstehen, Menschen mitzureißen. Sie sollen eine neue Kultur im IT-Team etablieren und auch darüber hinaus das Unternehmen nach vorne bringen.

Das ist bei älteren CIOs oft anders, wobei natürlich Ausnahmen die Regel bestimmen. Auch die erfahrene Generation verschließt sich nicht gegenüber den neuen Themen, aber man merkt Unterschiede in der Kommunikation und im Anspruch. Die Jungen treten einen neuen Job als CIO nur an, wenn sie wirklich gestalten können und das nötige Budget dafür bekommen. Die Themen müssen spannend sein, und das Unternehmen muss Veränderung wollen.

Unternehmen müssen CIOs also Budget und Gestaltungsspielraum bieten, wenn sie Qualität wollen?

Kaan Bludau: Genau. Sie müssen aber auch erfrischend rüberkommen, modern, am Puls der Zeit - auch in Sachen Führung. Es gibt nach wie vor Unternehmen, die ihre Probleme mit modernen Arbeitsmethoden haben und deren IT stark im Hintergrund arbeitet. Die werden nicht die besten CIOs bekommen.

Im Vorteil sind Firmen, die sich mutig an hippen, schnellen Unternehmen aus dem Ausland ausrichten, Google, Apple, Tesla und Co. Die prägen eine ganz andere Mentalität, Mitarbeiterkultur und Führung als beispielsweise viele Unternehmen des deutschen Mittelstands.

Gibt es für Sie als Personalberater überhaupt die richtigen CIOs in Deutschland oder rekrutieren Sie eher im Ausland?

Kaan Bludau: Wir müssen auch im Ausland suchen. Dort gibt es CIOs, die sind kulturell oft noch einmal ganz anders geprägt. Die legen teilweise auch ein ganz anderes Tempo vor. Wir dürfen uns nichts vormachen: Deutschland ist in der Digitalisierung ganz weit hinten dran. Alles, was KI betrifft, suchen wir gar nicht erst hierzulande. Die guten Leute sitzen im Ausland.

Lassen Sie uns über die Biographien von CIOs reden. Sie bekommen jede Menge Lebensläufe zu sehen. Welche Muster erkennen Sie da? Kann zum Beispiel ein Software-Entwickler CIO werden?

Kaan Bludau: Theoretisch ja, aber die Frage ist, wie ausgereift die jeweilige Persönlichkeit ist. Wird sie auch weiterführende Aufgaben übernehmen? Es gibt nur wenige Technik-Nerds, die in solch eine Management-Aufgabe hineinwachsen können und wollen, aber es gibt sie. Wo Menschen viele Jahre in der Softwareentwicklung gearbeitet haben, sind die Charaktere entsprechend geprägt. Die haben oft keine Management-Skills entwickelt und ihrer Persönlichkeit auch nicht den Schliff gegeben, der nötig wäre, um im Board anzukommen. Erfolgversprechender ist es da schon, wenn sich ein BWLer oder Volkswirtschaftler aus persönlichem Interesse in Richtung IT weiterentwickelt. Das ist eine Superkombination.

Wie steht es um Wirtschaftsinformatiker?

Kaan Bludau: Auch gut, aber je technischer das Interesse in jungen Jahren war, desto eher ist das für mich ein Indikator dafür, dass ich das Nerdige besonders sorgfältig abprüfen muss.

Der berufliche Werdegang ist wichtig, die individuellen Skills sind es vermutlich nicht weniger. Worauf legen Unternehmen bei einem CIO besonderen Wert?

Kaan Bludau: Fachlich interessiert erst einmal, welche Schwerpunkte die Person bislang in der IT gesetzt hat …

… ist da Branchenwissen so wichtig?

Kaan Bludau: Nein, der Mangel an guten CIOs ist zu groß, als dass Unternehmen hierauf ein besonderes Augenmerk legen könnten. Es ist nahezu unmöglich, einen CIO mit einem breiten technischen Verständnis zu bekommen, der dann auch noch die Branche im Detail versteht. Es ist aber nicht schlecht, wenn der Kandidat aus einer ähnlichen Branche kommt. Handel, Logistik, Industrie, das passt ganz gut zusammen. Banken und Versicherungen auch.

Dann ist es wichtig, wo CIOs Projekterfahrung haben: Infrastruktur zum Beispiel, SAP-Migration, Microsoft-Welt etc. Wenn das passt, wird sich der CIO schnell im neuen Unternehmen einfinden können. Zunehmend wird aber auch erwartet, dass CIOs Erfahrung mit Themen haben, die zukünftig wichtiger werden: KI, Cybersicherheit, Daten, Automatisierung etc. Darauf sollte der angehende IT-Chef Lust haben und gut darüber informiert sein. Dann sollte er, gerade im Konzernumfeld, internationale Erfahrung mitbringen. Und er muss sich mit Matrixorganisationen auskennen. Dezentrale oder zentrale Aufstellung, fachliche, aber nicht disziplinarische Verantwortung - damit sollte er zu tun gehabt haben.

Es ist auch nicht sinnvoll, jemand aus einem kleineren Unternehmen in einen Konzern zu stecken oder umgekehrt. Die Person wird dann kulturell nicht zu Recht kommen - etwa, wenn Entscheidungen nicht sofort getroffen werden können. Inhabergeführte Mittelständler haben kurze Entscheidungswege, in internationalen Konzernen dauert das länger.

S/4HANA-Erfahrung ist gefragt

Kommt es vor, dass Unternehmen ein spezifisches Projekt wie eine SAP- oder ServiceNow-Einführung planen und gezielt einen CIO suchen, der genau das schon einmal erfolgreich geleistet hat?

Kaan Bludau: Ja, vor allem S/4HANA-Erfahrung ist gerade gefragt. Wer das einmal durchgezogen hat, wird es beim zweiten Mal schneller und reibungsloser umsetzen. Solche fachlichen Schwerpunkte fragen wir genau ab.

Wie verhält es sich mit den vielzitierten Softskills?

Kaan Bludau: Die sind tatsächlich noch viel wichtiger, zum Beispiel Leadership-Fähigkeiten. Wir prüfen genau, wie der Führungsstil eines Kandidaten ist.

Wie machen Sie das?

Kaan Bludau: Dadurch, dass ich seit 30 Jahren im Geschäft der Personalberatung bin und mich dort auf CIOs spezialisiert habe, kann ich die Landschaft schon mal ganz gut einordnen. Wir machen ja ein Briefing mit dem einstellenden Unternehmen und finden heraus, wie es tickt, welche Vorhaben anstehen und was für eine Kultur dort vorherrscht. Das hilft schon sehr viel.

Wir haben aber auch noch einen Geschäftsbereich, der systematisch und fundiert Management-Audits durchführt. Zwei Psychologen machen sich ein Bild vom Kandidaten und prüfen ihn anhand vieler Kriterien und mit einem breiten Set an Methoden und Maßnahmen. Die erkennen, ob jemand von den weichen Faktoren her geeignet ist. Einem solchen Management-Audit muss ein Kandidat aber natürlich immer erst einmal zustimmen.

Wir sollten dabei auch nicht vergessen, dass sich die Unternehmen auch um die CIOs bewerben. Die Kandidaten wollen ein Gefühl dafür bekommen, wie das Management ihres potenziellen Arbeitgebers tickt und was das für Typen sind. Sind das junge Leute? Haben sie das nötige Bewusstsein für Technologie? Hat die IT einen hohen Stellenwert? Oder sind dort eher konventionelle Manager am Ruder, die immer noch top-down führen und die Folgen der Digitalisierung unterschätzen?

Auf der einen Seite sollen die knappen CIOs gelockt und begeistert werden, auf der anderen Seite wollen Sie ihnen auf den Zahn fühlen. Wie bekommen Sie diesen Spagat hin?

Kaan Bludau: So schwer ist das gar nicht, viele CIOs sitzen sowieso auf einem Schleudersitz. Die sind dann offen für eine neue Position. Es gibt nicht so viele junge CIOs, die gestalten und Verantwortung für die Neuausrichtung übernehmen wollen. Auf der anderen Seite gibt es auch nicht unendlich viele offene CIO-Positionen, die attraktiv erscheinen.

Eine unserer Aufgaben und auch Chancen besteht darin, branchenübergreifend zu vermitteln. Das schafft nochmal ganz neue Möglichkeiten. CIOs müssen das Kerngeschäft zu Beginn nicht zwingend verstehen. Sie müssen IT, Führung und Kommunikation können und fähig sein, eine Brücke zu den Fachbereichen zu schlagen. Alles weitere kommt dann mit der Zeit.

Wenden sich CIOs aktiv an Sie, weil sie wechseln wollen?

Kaan Bludau: Sogar sehr häufig. In schwierigen Zeiten, wenn die Unternehmen nervöser werden, wächst der Druck auf die CIOs. Viele nehmen dann prophylaktisch Kontakt zu mir auf.

Sitzen CIOs - im Vergleich zu anderen Managementpositionen - eher auf einem Schleudersitz?

Kaan Bludau: Da es nur wenige gute CIOs gibt, ist das Risiko hoch, dass es mittel- und langfristig nicht funktioniert. Eine CIO-Besetzung ist kein Spaziergang für Unternehmen. Vor allem die weichen Faktoren abzuprüfen, ist nicht einfach. Wenn jemand ein paar Hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen soll und die CIO-Besetzung ist schlecht, dann ist das ein verheerendes Signal in die Organisation hinein.

Wenn CIOs ihre Softskills betonen, wird ihnen das fachliche Know-how nicht zugetraut. Reden sie nur über Bits und Bytes, fehlt das Vertrauen in Kommunikations- und Führungsfähigkeiten. Ist diese Widersprüchlichkeit ein Problem?

Kaan Bludau: Das ist tatsächlich so. Ich habe die Beobachtung gemacht, dass man an der Persönlichkeit merkt, ob es jemand schafft, die eigene IT-Mannschaft genauso wie die Schnittstelle zu den Fachbereichen gut zu managen und auch noch glaubwürdig das Board zu vertreten. Mit welchem Tempo geht jemand an die Aufgabe ran, welchen Antrieb hat er zu gestalten? Kennt er sich mit den neuen Themen aus, die für ein Unternehmen interessant sind, kann er führen und folgen ihm die Menschen? All das findet man schnell raus. Das spüren erfahrene Personalberater anhand von Aussagen in Bewerbungsgesprächen.

CEO und CIO nähern sich an

Wenn sich ein CIO bei den Hamburger Strategietagen auf die Bühne stellt und erzählt, was sein Team für geile Sachen macht, dann hat das eine enorme Strahlkraft. Man hört ihm gerne zu. Er hat etwas zu sagen und kann etwas auslösen. Es wird einfach immer wichtiger, dass sich CIOs gut verkaufen können. Hier nähern sich CEO und CIO an: Auch ein CEO muss das ganze Unternehmen hinter sich versammeln und begeistern, er muss breit aufgestellt sein. Das gilt auch für den CIO: Es reicht nicht mehr aus, gut IT zu machen.

Kommen wir zum Thema Vergütung: Welche Entwicklungen sehen Sie hier?

Kaan Bludau: Die Gehälter steigen deutlich an, weil die Besetzung einer CIO-Position einfach immer wichtiger und gleichzeitig schwieriger wird.

Was zahlt ein DAX-Konzern einem CIO?

Kaan Bludau: Das geht bei gut einer Million Euro im Jahr los, nach oben ist kein Limit gesetzt. Im Mittelstand liegt man bei guten CIOs, die es ins Board geschafft haben, bei 500.000 bis 1,2 Millionen Euro. Es gibt natürlich auch welche, die 300.000 oder 400.000 Euro bekommen, die sind dann oft in der Hierarchie nicht ganz oben aufgehängt.

Das sind stolze Zahlen …

Kaan Bludau: ... die aber zu Recht bezahlt werden. Die IT ist eine mehrwertstiftende Institution, die Prozesse optimiert, Kosten senkt und hilft, Umsätze zu steigern. Gelingt das, ist das Geld, dass man dem CIO bezahlt, in kürzester Zeit amortisiert. Die Gehälter werden deshalb weiter steigen.

CIOs haben zudem eine optimale Position, um mit ihren Vorständen und Geschäftsführern immer wieder Gehaltserhöhungen auszuhandeln. Man möchte diese Leistungsträger ja keinesfalls verlieren. Und es ist immer sehr mühselig, einen neuen CIO zu finden. Es kostet eine Menge Geld und Nerven, wenn der CIO kündigt. Gerade wenn große Projekte laufen, die sich nicht mal eben auf Eis legen lassen, sind CIOs in einer guten Verhandlungsposition.

In den vergangenen Jahren war zu beobachten, dass Unternehmen viele IT-Führungspositionen eingerichtet haben, die nicht immer ganz trennscharf sind. Vom CEO und CDO haben wir schon gesprochen, ich denke aber auch etwa an den Chief Data Officer, den - ein ganz neues Thema - Chief AI Officer und natürlich den Chief Information Security Officer (CISO). Können Sie mal einsortieren, was da passiert?

Kaan Bludau: Ich finde diese Diversifizierung prinzipiell gut, denn sie bedeutet, dass das Digitalisierungsteam insgesamt breit aufgestellt und stark ist. Für mich ist das ein Grund, den CIO an die Spitze zu stellen und in den Vorstand zu berufen, wo er an den CEO berichtet. Er muss in die Entwicklung der Unternehmensstrategie eingebunden sein. Darunter können dann auf einer zweiten Managementebene diese Zuständigkeiten geschaffen werden. Andererseits sollte man das auch nicht zu weit aufblähen, sonst droht den Verantwortlichen das Schicksal des CDO, der weitgehend wieder verschwunden ist.

Fassen wir noch einmal zusammen: Was muss ein Unternehmen dem CIO bieten, damit er dort arbeiten will?

Kaan Bludau: Ein moderner CIO will nicht verwalten, sondern etwas bewegen. Er wird die Strategie des potenziellen Arbeitgebers und die Positionierung der IT im Unternehmen genauestens prüfen. Es ist keine schlechte Idee, den CIO ins Management-Board aufzunehmen und ihn die Strategie mitdefinieren zu lassen. Er braucht direkten Zugriff auf den CEO und Einfluss auf Entscheidungen. Berichtet er an den CFO, ohne dass es Schnittstellen zum CEO gibt, wird ihn das hemmen.

Der moderne CIO schaut sich zudem genau die Kultur des Unternehmens an und versucht dessen Haltung zu technischen Innovationen herauszufinden. Die Cloud-Hyperscaler und auch Softwareunternehmen wie Salesforce oder ServiceNow sind hier beliebte Vorbilder. Die machen Dinge anders als konventionelle Unternehmen. Wichtig sind auch die Positionierung von Unternehmen und Marken sowie eine junge und dynamische, durchaus anspruchsvolle Geschäftsleitung. Will sie etwas bewegen und verändern?

Wichtig sind darüber hinaus Internationalität, soziale Verantwortung und Nachhaltigkeitskonzepte, Diversifikation der Lieferketten, das Einhalten von ESG-Richtlinien, Kostentransparenz, die Mitsprache bei Recruiting-Themen und vieles mehr. Am Ende gilt aber immer noch die alte Regel: Menschen kommen für Menschen. Die Frage "Wer ist mein Chef?" ist wichtiger als alles andere.

Kaan Bludau ist Gründer und Geschäftsführer von BludauPartners Executive Consultants GmbH. Er betreut nationale und internationale Großunternehmen bei der Besetzung von Positionen für das Topmanagement und die Rolle des CIO. Bludau studierte Betriebswirtschaft blickt auf mehr als 25 Jahre Beratungserfahrung zurück. Bevor er sich mit BludauPartners selbständig machte, war er im erweiterten Geschäftsführungskreis eines internationalen Executive Search Unternehmens tätig, wo er die Geschäftsbereiche Retail, E-Commerce sowie Travel, Transport & Logistics als auch die IT etablierte und verantwortete.