SOA ermöglicht nahtlosen Bestellprozess

14.12.2005 von Karin Quack
Dorma-Glas schuf Standardschnittstellen für die Anbindung der Kundensysteme.

Wir wollen sowohl die internen als auch die auf den Kunden gerichteten Prozesse ständig verbessern." So definiert Denis Schmischke, Leiter des Service-Centers IT/Organisation bei Dorma-Glas in Bad Salzuflen, die Marschrichtung. Die Dorma-Gruppe beschäftigt am Hauptsitz Ennepetal sowie an 62 Standorten in 44 Ländern insgesamt 6000 Mitarbeiter. Ein Zwerg gegenüber Weltkonzernen wie der Deutschen Post oder der Credit Suisse, darf sie sich ebenfalls zu den Pionieren der Service-orientierten Architektur (SOA) zählen. Denn in ihrer Division Dorma-Glas hat sie bereits eine lauffähige Anwendung auf Basis von Web-Services entwickelt.

Mit Hilfe von Web-Services öffnet Dorma-Glas seinen Kunden den Weg zur elektronischen Bestellung.

Dabei machte der Hersteller von Glasbeschlägen aus der Not eine Tugend. Eine Eins-zu-eins-Anbindung via Electronic Data Interchange (EDI) habe sich längst nicht für jeden Kunden gelohnt, beteuert Ralf Döring vom E-Business-Bereich der Dorma Holding. Deshalb seien die Bestellungen meist über das Telefon oder Faxgerät eingegangen. Der Versuch, zumindest auf den Austausch von E-Mails umzusteigen, ist laut Döring "kläglich" gescheitert: Sei der E-Mail-Text nur ein bisschen von den Vorgaben abgewichen, habe die Bestellung nicht funktioniert.

Damit war die Aufgabe gestellt: Schmischkes Team und der E-Business-Bereich der Holding wollten gemeinsam einen durchgängigen Prozess für B-to-B-Bestellungen schaffen, der direkt aus dem Warenwirtschaftssystem des Kunden bis hinein in das SAP-System von Dorma-Glas reichen sollte. Im Rahmen des von Döring geleiteten Projekts waren ein Internet-Shop aufzubauen und die Produktdaten in standardisierter elektronischer Form bereitzustellen.

Für jeden Kunden nutzbar

Der E-Shop wurde so gestaltet, dass auch Betriebe ohne eigenes Warenwirtschaftssystem rund um die Uhr Bestellungen im ERP-System von Dorma platzieren können. Dazu nutzen sie - wie die anderen Kunden auch - den Katalog-Server, auf dem die Daten jedes Dorma-Glas-Artikels im Release 1.2 des "BMEcat"-Formats abgelegt sind. Einmal in der Woche wird er durch einen Batch-Lauf direkt aus dem SAP-System heraus aktualisiert. Vor allem den kleineren Kunden reicht dieser Grad der Automatisierung. Sie füllen die Bestellmaske händisch aus und schicken sie über eine gesicherte Internet-Verbindung an den Dorma-Server.

Doch für Unternehmen, die ein eigenes Warenwirtschaftssystem betreiben, hat diese Lösung einen entscheidenden Nachteil, erläutert Döring: Sie müssen die Bestellungen zweimal anlegen - in ihrem Warenwirtschaftssystem und im Shop. Und die Daten, die der Shop zurücksendet, sind wiederum das Warenwirtschaftssystem zu übernehmen.

Best Practices

  • Das System ist für kleinere Kunden auch konventionell nutzbar.

  • Wo immer möglich, kommen marktgängige Standards zum Einsatz.

  • Durch Softwarepartnerschaften erhalten die Kunden die Schnittstelle mit ihrer Branchensoftware.

  • Dank Open-Source-Software werden Lizenzprobleme umgangen.

So entstand die Idee, mit Hilfe von Web-Services eine Maschine-zu-Maschine-Kommunika- tion aufzubauen. Zunächst entwickelte Dorma eine einheitliche Schnittstelle, die in Form der Web Service Description Language (WSDL) den Kunden und der Softwareindustrie zur Verfügung steht. Als erster Kooperationspartner kam das auf branchenspezifische Komplettlösungen spezialisierte Unternehmen Albat + Wirsam an Bord, mit dem viele Dorma-Kunden aus der glasverarbeitenden Industrie zusammenarbeiten. Diese Anwender erhalten die Schnittstelle zur Dorma-Bestellung jetzt direkt mit ihrer Branchensoftware.

Fünf Services für die Bestellung

Auf diese Weise stellt Dorma fünf Services bereit:

Stößt der Kunde über das Extranet eine Bestellung an, so wird eine verschlüsselte Verbindung aufgebaut. Der Datentransfer läuft über das Simple Object Acces Protocol (Soap). Für Bestellungen und Auftragsbestätigungen nutzt Dorma "Opentrans", eine Ausprägung der XML (Extensible Markup Language), auf die sich große deutsche Industrieunternehmen geeinigt haben.

Nach den Handshake-Formalitäten kann der Kunde aus seinem Warenwirtschaftssystem heraus eine Bestellung abset- zen, die auf der Dorma-Seite in das SAP-System weitergereicht wird. Hier kommt die "Exchange Infrastructure" (XI) zum Einsatz, die SAP im Rahmen des "Net- weaver"-Konzepts anbietet.

Die Sicherheitsmechanismen

  • Die Web-Services selbst sind in einer eigenen "demilitarisierten Zone" (DMZ) gespeichert.

  • Über eine Firewall und eine verschlüsselte HTTPS-Verbindung greifen die Services auf XI zu, um an das ERP-System (R/3 4.7) weitergeleitet zu werden.

  • Die SAP-Software ist in das unternehmensweite Netz (Corporate LAN) eingebunden, für das umfangreiche Zugriffsregeln gelten.

  • Der Server für die Web-Services ist nach innen und außen mit redundanten Firewalls abgesichert.

  • Angesprochen werden die Web-Services über eine getunnelte HTTPS-Verbindung.

  • Nach einer bestimmten Anzahl von Fehl- Logins wird der Kunden-Account gesperrt, um Brute-Force-Attacken unmöglich zu machen.

Bei diesem Vorgang entfällt die doppelte Datenhaltung. "Außerdem werden die Antworten sofort vom Kundensystem verarbeitet", ergänzt Döring. Besonders gute Geschäftspartner können über den Web-Service einen spezifischen Katalog mit den entsprechenden Preisen anfordern. Treten bei einer Transaktion Fehler auf, so werden Warnhinweise zurückgegeben, die Suche und Behebung erleichtern.

Open Source gibt Freiheit

Aufgebaut wurde die Lösung in einer klassischen LAMP-Umgebung: Als Betriebssystem kommt Linux zum Einsatz, als Web-Server Apache, als Datenbanksystem MySQL und als Entwicklungssprache PHP. "In der Open-Source-Welt können wir uns freier bewegen, es gibt eine Fülle von Anbietern, und wir bleiben lizenzrechtlich sauber", begründet Döring diese Strategie. Allerdings musste die Open-Source-Welt mit dem Microsoft-Universum verbunden werden, um Clients verschiedener "Weltanschauungen" zu integrieren.

Mittlerweile hat Dorma über das System rund 60 Kunden angebunden. Dank der SOA lassen sich mit relativ wenig Aufwand auch veraltete Kundensysteme integrieren. Dazu schuf Dorma eine "eConnect-Hardware", die laut Döring aus einem "Stück Blech mit Interpreter" besteht.

Elektronische Signatur in Arbeit

Ab der nächsten Version des Systems sollen elektronisch signierte Rechnungen den Prozess abrunden. Dann erhalten die Kunden ein signiertes PDF-Dokument für die optische Archivierung oder Prüfung der Rechnung und eine XML-Datei für den Import in das eigene ERP-System.