Nutzung sozialer Medien am Arbeitsplatz

Social Media - Gefahr für die Arbeitsmoral

09.11.2012 von Michael Kallus
Personaldienstleister Kelly hat Angestellte weltweit zur Nutzung Sozialer Medien am Arbeitsplatz befragt. Je älter die Mitarbeiter, desto stärker die Ablehnung.
Die Grenzen zwischen Privatleben und Beruf verschwimmen immer mehr.
Foto: fotolia.com/arrow

Die Explosion der Social-Media-Nutzung verändert auch die Kommunikation an den Arbeitsplätzen. Fast ein Drittel der Angestellten hält es mittlerweile für akzeptabel, Social Media für den persönlichen Gebrauch während bei der Arbeit zu verwenden. Das zeigt der Global Workforce Index, für den der Personaldienstleister Kelly fast 170.000 Angestellte weltweit befragt hat.

Die Ansichten, ob Social Media für den privaten Gebrauch im Büro zulässig oder sogar wünschenswert ist, sind jedoch geteilt und unterscheiden sich stark vom Alter. Während noch 36 Prozent der unter 30-Jährigen den persönlichen Gebrauch akzeptiert, sinkt die Zustimmung auf 30 Prozent bei den 30 bis 45-jährigen und auf nur 19 Prozent bei den über 45-Jährigen.

Ein wichtiger Punkt ist natürlich, was Mitarbeiter über die Tools kommunizieren, ob nicht auch sensible Informationen nach draußen gelangen. Tatsächlich finden es bereits 28 Prozent der jüngeren Arbeitnehmer unter 30 akzeptabel, Belange der Arbeitsstelle mit Freunden und Kollegen über Social Media auszutauschen. Ältere Mitarbeiter sind da vorsichtiger. Nur 22 Prozent der zwischen 30 und 45 Jahre alten Angestellten und nur 16 Prozent der über 45-Jährigen halten die Weitergabe von Informationen aus der Arbeit für vertretbar.

5 Tipps für den Umgang mit Social Media
5 Tipps für den Umgang mit Social Media
Social Media Guidelines, ein funktionierendes Monitoring und ein Krisenplan sollten in keinem Unternehmen fehlen.
1. Social Media Guidelines:
Die Guidelines betrachtet Ansaldo als Basis jedes Social Media Governance Modells. Sie verfolgen zwei Ziele: Zum einen gibt man so den Mitarbeitern eine Anleitung für den Umgang mit Social Media an die Hand und zum anderen schützt man das Unternehmen und seine Kunden vor Risiken. 68 Prozent der Unternehmen gaben in der oben erwähnten Umfrage an, dass sie auf Social Media-Plattformen aktiv sind. Doch Social Media Guidelines sollten Unternehmen auch dann formulieren, wenn sie selbst nicht aktiv auf den Plattformen agieren. Auf Facebook sind fast eine Milliarde Menschen registriert, darunter sicherlich auch Angestellte, Kunden und Wettbewerber.
2. Social Media Training:
In Zeiten von Social Media kann theoretisch jeder Mitarbeiter zum Sprachrohr seines Arbeitgebers werden. Da kann bereits ein einziger unüberlegter Tweet oder Facebook-Eintrag dem Unternehmens-Image Schaden zufügen. Social Media Guidelines allein reichen nicht aus, Mitarbeitertrainings sind ein wichtiger Bestandteil eines Social Media Governance Modells.
3. Social Media Monitoring:
Auch wenn ein Unternehmen sich vielleicht offiziell nicht aktiv bei Facebook, Twitter und in Blogs engagiert - über die Marke oder einzelne Produkte wird im Netz sicherlich gesprochen. Social Media Monitoring ist heute ein besonders wichtiges Instrument, um das Gesagte zu beobachten und bei Bedarf einzuschreiten, zum Beispiel um eine Imagekrise zu verhindern oder bei Gerüchten gegenzusteuern
4. Plan für Krisenmanagement:
Wie man mit einer Krise im Social Web umgeht, sollte man sich unbedingt vorab überlegen und nicht erst dann, wenn sich auf Twitter. Facebook und in Blogs Negativ-Einträge anhäufen. Ansaldo nennt als Beispiel Toyota: Als der Automobilhersteller 2009 zahlreiche Autos zurückrufen musste, verbreiteten sich Gerüchte und panische Einträge im Netz. Das Unternehmen reagierte damals nur langsam, nutzte dann aber Social Media für den Kundendialog. Deshalb: Wer Krisenmanagement plant, sollte sich unbedingt überlegen, wie man im Falle einer Krise zügig und angemessen auf Situationen reagieren kann.
5. Regelmäßige Updates:
Ist das Social Media Governance Modell einmal in Kraft, ist die Arbeit nicht getan. Denn gerade der Bereich Social Media entwickelt sich so rasant, dass die einzelnen Bestandteile des Modells regelmäßig angepasst werden sollten. Um dies zu gewährleisten rät Ansaldo, ein Social Media Governance Team im Unternehmen zu etablieren, das regelmäßig alle Punkte überprüft und sie gegebenenfalls anpasst.

Kontrolle durch Arbeitgeber wird abgelehnt

Eine Kontrolle der Inhalte ist jedoch schwierig. In der Frage, ob der Arbeitgeber Zugriff auf die Social-Networking-Seiten der Mitarbeiter haben sollte, glaubt etwas mehr als die Hälfte der Mitarbeiter, der Inhalt sollte privat bleiben. Hierüber sind sich die Mitarbeiter quer durch alle Altersschichten einig.

Der spontane und frei lebende Charakter von Social Media kann auch für Unruhe im Büro sorgen. Fast die Hälfte der heutigen Arbeitnehmer (47 Prozent) drücken in der Kelly-Studie ihre Sorge aus, dass es problematisch sein kann, wenn man durch Social Media persönliche und berufliche Belange am Arbeitsplatz mischt.

Hälfte der Mitarbeiter sorgt sich um Arbeitsmoral

So rechnen 43 Prozent der unter 30-Jährigen damit, dass der Gebrauch solcher Tools einen negativen Einfluss auf die Arbeitsmoral hat. Bei den über 45-Jährigen ist sogar jeder Zweite dieser Meinung. Dennoch gibt es nur wenige Angestellte, die angewiesen wurden, keine sozialen Medien im Büro zu verwenden. Insgesamt 12 Prozent der Befragten wurde der Umgang mit sozialen Medien untersagt.

4 Social-Media-Nutzertypen
4 Social-Media-Nutzertypen
Gartner kritisiert, dass Social Media Guidelines oft alle Mitarbeiter in einen Topf werfen. Stattdessen bräuchten verschiedene Nutzer unterschiedliche Regeln. Jeffrey Mann nennt vier verschiedene Nutzergruppen von Social Media im Unternehmen: die Verbotsgruppe, die Neutralen, die Ermutigten und die Gruppe mit festen Social-Media-Aufgaben.
1. Die Verbotsgruppe:
In diese Gruppe würde Gartner diejenigen Mitarbeiter einteilen, denen man während der Arbeitszeit die Nutzung sozialer Netzwerke zu persönlichen Zwecken untersagt und denen man davon abrät, in sozialen Netzwerken über ihre Arbeit zu sprechen - auch in der Freizeit. Den Zugang zu sozialen Netzwerken für ein komplettes Unternehmen zu verhindern, wäre ineffektiv, so Gartner. Doch bei einzelnen Mitarbeitern mache diese Vorgehensweise Sinn. Als Beispiel nennt der Report Mitarbeiter, die in Fabriken Maschinen steuern und dafür ihre gesamte Aufmerksamkeit benötigen. Oder auch Mitarbeiter, für die ein Netzwerkzugang nur beschränkt möglich oder sehr teuer wäre, etwa auf Bohrinseln. Es ist wichtig, Mitarbeitern aus der Verbotsgruppe ihre Social Media Guidelines genau zu erklären, heißt es im Gartner-Report. Man kann niemandem verbieten, in sozialen Netzwerken präsent zu sein. Doch man kann demjenigen nahelegen, in den Netzwerken nicht über Berufliches zu schreiben. Warum diese Mitarbeiter in ihrer Freizeit nicht über ihren Job schreiben sollen, erläutert der Report jedoch nicht.
2. Die neutrale Gruppe:
Gartner-Analyst Mann geht davon aus, dass der größte Teil der Belegschaft in den meisten Unternehmen zu dieser Gruppe gehört. Diesen Mitarbeitern würde er nicht von der Social-Media-Nutzung abraten, es gehört aber auch nicht zu ihrem Job, bestimmte Aufgaben in sozialen Netzwerken zu übernehmen. Unternehmen sollten dieser Gruppe klarmachen, dass sie Zugang zu den Netzwerken haben, er jedoch nicht unbegrenzt ist. Mann wählt als Bild das private Telefonieren am Arbeitsplatz. Hier wäre es auch nicht angebracht, stundenlange Privatgespräche am Arbeitsplatz zu führen. Genau so sollte es die neutrale Gruppe mit den sozialen Netzwerken handhaben. Social Media Guidelines sollten besonders intensiv auf die neutrale Gruppe eingehen und den Mitarbeitern erläutern, was sie von ihnen in den sozialen Netzwerken erwarten, so der Gartner-Report.
3. Die Ermutigten:
Zu dieser Gruppe zählt der Gartner-Report Mitarbeiter, die soziale Netzwerke aktiv nutzen sollen, obwohl Social Media nicht direkt zu ihren Aufgaben gehört. Arbeitgeber ermuntern Mitarbeiter zu diesem Engagement, damit sie Präsenz in den sozialen Netzwerken zeigen - gegenüber Kunden, zukünftigen Kunden und zukünftigen Mitarbeitern. Wenn Mitarbeiter in sozialen Netzwerken oder Fachforen kluge Kommentare hinterlassen, fällt das immer auch positiv auf den Arbeitgeber zurück. Die Social Media Guidelines sollten so verfasst sein, dass die Gruppe der Ermutigten mehr Freiheit im Umgang mit sozialen Netzwerken hat - solange sie dies nicht an ihren täglichen Aufgaben im Unternehmen hindert. Der Gartner-Report empfiehlt, dieser Gruppe zusätzliche Social Media Trainings anzubieten, um sie noch näher an soziale Netzwerke heranzuführen. Ansonsten könnte man für die Guidelines auch einen großen Teil der Richtlinien der neutralen Gruppe übernehmen, so der Report.
4. Die Gruppe mit festen Social-Media-Aufgaben:
Diese Mitarbeiter übernehmen im Rahmen ihres Jobs feste Aufgaben im Bereich Social Media, zum Beispiel redaktionell, im Marketing oder beim Social Media Monitoring. Diesen Mitarbeitern davon abzuraten, soziale Netzwerke auch beruflich zu nutzen, wäre nicht praktikabel. Gartner-Analyst Mann empfiehlt darüber hinaus, wichtigen Personen wie dem CEO oder Unternehmensbloggern oder vom Unternehmen gesponserten Sportlern oder Künstlern Social Media Trainings anzubieten. Für alle Mitarbeiter des Unternehmens sollte gelten, dass sie die Social-Media-Strategie ihres Arbeitgebers kennen und verstehen. Darüber hinaus sollten sie sowohl die Vorteile als auch die Risiken von Social Media Engagement kennen. Wer die Unterteilung von Jeffrey Mann vornimmt und den größten Teil seiner Belegschaft zur neutralen Gruppe erklärt, verfolgt eine eher konservativere Social-Media-Strategie. Wäre sie aktiver, würde man mehr Mitarbeiter zum Engagement ermutigen. Aber wer seine Mitarbeiter ermutigt, sollte ihnen zusätzlich zu Guidelines auch das entsprechende Training anbieten.

Auch für das Rekruting spielt Social Media mittlerweile eine große Rolle. Jeder Dritte unter den Young Potentials sucht laut Kelly eher über Social Media nach Arbeitsplätzen als durch traditionelle Medien wie Zeitungen, Online-Jobbörsen und Vermittlungsagenturen. Und auch jeder Dritte der Young Potentials will diese Kommunikation dann im Unternehmen weiterführen. Sie halten den persönlichen Gebrauch von Social Media bei der Arbeit für legitim - verglichen mit 24 Prozent der älteren Kollegen.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.de. (mhr)