ERP

SoftM entwickelt Add-on-Konzept für Semiramis

27.04.2009 von Frank Niemann
Der zum polnischen Software- und Systemhaus Comarch gehörende ERP-Anbieter SoftM will mit der nächsten Version von Semiramis Partnerlösungen über eine Add-on-Technik besser unterstützen. Im Geschäft mit branchenorientierten ERP-Systemen konkurriert SoftM unter anderem mit proALPHA und SAP.

Partnerlösungen für die Java-basierende ERP-Software Semiramis gibt es schon heute. Es handelt sich dabei meist um vertikale Entwicklungen eines Softwarepartners. Dazu zählen Branchenprodukte etwa für die Textilindustrie und den Maschinenbau. Das nächste Release (Projekt "Magellan") soll es erlauben, Partnerentwicklungen zu kombinieren und so spezifische Kundenanforderungen schneller abdecken zu können.

Solche Add-ons sollen den Basisfunktionsumfang von Semiramis erweitern, ohne dass dazu ein neues Softwarerelease erforderlich ist. Add-ons könnten beispielsweise eine Tourenplanung, eine Vertragsverwaltung oder eine Computer-Telefonie-Anbindung sein und von unterschiedlichen Partnern stammen. Zudem sind von SoftM entwickelte Add-ons denkbar, beispielsweise um Schnittstellenanforderungen für die Zollabwicklung umzusetzen. Damit möchte sich der ERP-Anbieter in die Lage versetzen, Softwareinnovationen auch unabhängig von Release-Zyklen sowie ohne tief greifende Modifikationen am Softwarestandard an die Kunden auszuliefern.

Stabile ERP-Schnittstellen

Add-ons setzen auf definierten, Release-festen Schnittstellen auf. Auch nach einem Release-Wechsel sollen die Interfaces erhalten bleiben. Der Hersteller spricht hier von "Hook"-Schnittstellen.

Während Branchenlösungen mit weit reichenden Modifikationen in der Standardsoftware einhergehen, sind vergleichbare Programmänderungen bei Add-ons nicht vonnöten, so SoftM. Es wird aber weiterhin Branchenlösungen geben. Die neuen Erweiterungsmodule sind somit eine ergänzende Möglichkeit für Partner, zusätzliche Funktionen zu entwickeln. Auf diese Weise will das Softwareunternehmen ferner verhindern, dass zwei Partner unwissentlich sehr ähnliche Module entwickeln.

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Bereits vorhandene Add-ons möchte SoftM in einem elektronischen Katalog für die Partner vorhalten. Für die Zukunft ist geplant, Add-ons auch direkt den Endbenutzern anzubieten. Die Magellan-Entwicklung will SoftM mit dem nächsten Major-Release von Semiramis in der ersten Jahreshälfte 2010 ausliefern.

ERP-Workflow und BPM mit Xpert.Ivy

Auf Funktionserweiterung zielt auch das Workflow-Konzept von SoftM ab. Partnerfirmen erhalten laut Hersteller damit die Möglichkeit, neue Geschäftsprozesse auf der Grundlage der Business-Process-Management-Plattform (BPM) "Xpert.Ivy" zu erstellen. Nach Firmenangaben lassen sich damit Abläufe wie etwa die dezentrale Stammdatenverwaltung oder eine Rechnungseingangsprüfung realisieren, ohne die Programmfunktionen zu ändern beziehungsweise neuen Code zu schreiben. Über eine grafische Design-Oberfläche erzeugt der Entwickler Abläufe und verbindet sie mit entsprechenden Semiramis-Funktionen sowie Datenbankfeldern.

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Sind Benutzereingaben wie Freigaben oder Prüfungen erforderlich, können Aktivitäten erzeugt und an das interne Workflow-System der ERP-Lösung übergeben werden. Das Xpert.Ivy-Framework will SoftM künftig gemeinsam mit einigen vordefinierten Standardprozessen ausliefern. Angeboten wird die BPM-Umgebung bereits für die "SoftM Suite", dem System-i-gestützten (AS/400) ERP-System des Anbieters und für das Dokumenten-Management-System "Solitas DMS".

SoftM gehört mittlerweile fast vollständig dem in Krakau beheimateten IT-Unternehmens Comarch. Der polnische Konzern erwirtschaftet seinen Umsatz hauptsächlich mit Software für Verwaltungen, Banken, Telekommunikationsfirmen und ERP-Software für kleine Firmen. Der gesamte Jahresumsatz des Konzerns wird voraussichtlich bei etwa 180 Millionen Euro liegen. Zusammen mit SoftM wollen die Polen in diesem Jahr etwa 240 Millionen Euro umsetzen.

Derzeit werden in Warschau Softwarespezialisten von Comarch ausgebildet, die bei der Weiterentwicklung von Semiramis helfen sollen. Zudem prüft SoftM, welche Comarch-Technik für Semiramis taugt. Dazu zählen beispielsweise Business-Intelligence- und Dokumenten-Management-Funktionen der Polen.

Comarch plant ERP-Sparte für den Mittelstand

Add-ons sollen sich flexibel mit Semiramis-Installationen und Partnerentwicklungen kombinieren lassen.

Mit SoftM will Comarch eine weitere Softwaresparte schaffen. Eine Integration in die bestehende Geschäftstätigkeit mit ERP-Software ist nicht vorgesehen. Der Grund: SoftM Semiramis wendet sich an mittelständische Firmen und adressiert damit eine andere Zielgruppe als das für kleine Firmen entwickelte "Altum". Die Software entwickelt Comarch in Polen, vertreibt sie aber seit 2008 als "SoftM Altum", obwohl der ERP-Anbieter aus München nicht in die Vermarktung involviert ist. Altum steht auf dem deutschen Markt mit Lösungen von Sage, Lexware, SoftENGINE und anderen Herstellern im Wettbewerb. Unlängst hatte das Softwarehaus eine Retail-Lösung inklusive Kassenfunktion freigegeben.

ERP für Kleinfirmen: SoftM Altum

Das noch junge Softwareprodukt verfügt über eine flexibel anpassbare Oberfläche, die an Microsoft Office 2007 erinnert, eine integrierte Workflow-Komponente für Prozessanpassungen ohne Programmierung und über ein integriertes Budgetierungs- und Berichtswerkzeug. Ferner sind ein Webshop und eine Ebay-Schnittstelle erhältlich. Künftig will Comarch Altum auch zur Miete anbieten. Der IT-Anbieter betreibt eigene Rechenzentren in Polen. Der ASP-Betrieb setzt aber eine entsprechende Web-Oberfläche des ERP-Systems voraus, an der das Softwarehaus derzeit arbeitet.

Kommentar

Mit der Weiterentwicklung "Magellan" adressiert SoftM ein Problem vieler Softwarehäuser mit Partnerstruktur: Modifikationen am Kernsystem trotz Branchenausrichtung beschränken, identische Entwicklungen verschiedener Partner vermeiden und Softwaregleichteile schaffen, die sich mehrfach und in unterschiedlichen Lösungszusammenhängen verwenden lassen.

Trotz Magellan bleibt es jedoch dabei, dass Branchenlösungen den ERP-Standard von Semiramis verändern und Release-Wechsel erschweren können. Der Grund: Sie greifen mitunter tiefer in das System ein, etwa durch die Modifikation von Standardklassen. Der Add-on-Ansatz kann somit nur ein erster Schritt sein.

Ferner muss SoftM den Standardfunktionsumfang von Semiramis erweitern. Dazu zählt beispielsweise eine Konzernkonsolidierung über das integrierbare Rechnungswesen von SoftM. Der Hersteller vermarktet das Produkt als Multisite-fähige ERP-Lösung und wendet sich damit an Firmengruppen beziehungsweise Anwender mit Konzernstrukturen, bei denen eine Konsolidierung der Finanzschlüsse für Standorte, Werke und Lager erforderlich ist. Derzeit muss SoftM diese Aufgaben mit Drittlösungen wie etwa IDL abdecken.

Des Weiteren fehlt ein Kalenderabgleich zwischen E-Mail- und Kalendersystemen wie Outlook und Lotus Notes und dem ERP-System, wie sie andere Hersteller bereits vorweisen können.